„Black-Lives Matter“-Demo in Hamburg

Korrespondenz

Black Lives Matter
Quelle: wikimedia

Ein paar Tage vor dem 6. Juni gab es eine Ankündigung, dass die Lampedusa-Gruppe für den Sonnabend auf dem Rathausmarkt eine Kundgebung durchführen würde. (Zur Erinnerung: Im März 2013 war eine Gruppe schwarzafrikanischer Flüchtlinge aus Libyen nach Hamburg gekommen, die seither Bleiberecht fordert.) Am Freitagabend war im Internet zu lesen, dass es in mehreren Städten eine „Silent Demonstration“ (stille Demo) am Sonnabend geben solle. Treffpunkt sei Jungfernstieg, Erkennungszeichen schwarzes Oberteil und Mund-Nasenschutzmaske.

Schon auf dem Weg zur U-Bahn Schlump waren auffällig viele junge Menschen mit schwarzem Oberteil unterwegs, die U-Bahn war auch voll. Dann kam die Durchsage: Die Bahn hält nicht an den Bahnhöfen Messehallen und Jungfernstieg. Offensichtlich waren schon sehr viele da angekommen. Also zog die Menge zu Fuß zum Jungfernstieg, der schon ziemlich voll war. Und es wurde immer voller. Fast alle mit schwarzem Oberteil und mit Maske. Überwiegend junge bis ganz junge Menschen, SchülerInnen, Studenten überwogen. Ein Meer an selbstbemalten Pappschildern war zu sehen, die erst am Abend vorher oder noch am Morgen angefertigt worden waren. An Abstand war nicht zu denken, wenn man nicht ganz am Rand war. Ein beeindruckendes Bild: Der Jungfernstieg rappelvoll mit schwarzgekleideten und vermummten Menschen! Der größte schwarze Block in Hamburgs Geschichte.

Demonstration in Hamburg

Die Polizei hielt sich auffallend zurück. Sie hatte sich im Vorwege mit dem Anliegen der Demo solidarisiert, vielleicht wollte man keinen schlechten Eindruck machen, wenn man geräumt hätte. Kurz nach drei eine Aussage aus einem Polizeifahrzeug, die Kundgebung sei beendet, man solle den Jungfernstieg verlassen. Darauf befragt, dass bis jetzt doch alles friedlich sei und ob die Polizei jetzt unfriedlich werden wolle, kam die Antwort: Haben Sie gehört, dass ich irgendwelche Maßnahmen angekündigt habe? Also die Ansage war klar, wir gehen nicht dazwischen. Hinterher hieß es, wenn man geräumt hätte, wären die Menschen zusammen gedrängt worden, was die Ansteckungsgefahr erhöht hätte. Dass die Hamburger Polizei auch anders kann, hat sie in der Vergangenheit ja schon zur Genüge bewiesen.

Die meisten verließen auch den Jungfernstieg, dafür versammelte sich erneut eine riesige Menge auf dem benachbarten Rathausmarkt. Wieder ein Meer von Pappschildern, bis auf die DIDF war von anderen politischen Transparenten nichts zu sehen, die Linke wurde völlig unvorbereitet erwischt. Es gab auch ein paar Redebeiträge, die man aber nicht verstand. Alles war unorganisiert und spontan.

Dabei war diese Demo angesichts der fast dreimonatigen Corona-Einschränkungen wie eine Befreiung. Sie war wie eine Gegenantwort auf die Hygienedemos und auch auf die ängstlichen Gewerkschaftskundgebungen: Eine riesige Menge von Teilnehmenden, die fast alle mit Schutzmasken kamen und so zeigten, dass sie die Pandemie sowohl ernst nehmen, als auch sich ihr Recht auf politische Äußerung nicht nehmen wollen.

Die Polizei sprach hinterher von 14000 Teilnehmern, was mir untertrieben vorkam. Normalerweise sind die Polizeischätzungen recht exakt, diesmal wirkte es so, als wollte sie die Zahl runterspielen. Vielleicht hatte sie insofern recht, dass zu einem gegebenen Zeitpunkt 14000 gleichzeitig da waren. Aber es war ein ununterbrochenes Kommen und Gehen von Menschen, sie strömten aus allen Richtungen, auch noch um 16h. Viele kamen spontan, weil sie von ihren Freunden angerufen wurden, die schon dabei waren.

Gegen Abend, als eigentlich alles schon vorbei war, konnte die Polizei doch noch ihr Mütchen kühlen und einige junge Leute verprügeln und festnehmen, nachdem es zu kleineren Provokationen gekommen war.

HH


aus Arbeiterpolitik Nr. 3/4 2020

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