„Wir brauchen Bildung statt Bomben!“

aus Betrieb & Gewerkschaft

So die Schlussfolgerung eines Lehrers und GEW-Mitglieds, der an einer Schule im Bezirk Neukölln unterrichtet. Seine Rede bei Kundgebung der Friedenskoordination (Friko) am 18. März vor dem Brandenburger Tor  dokumentieren wir am Ende dieser kurzen Schilderung.

Aufgerufen zur Kundgebung hatte die seit 1980 existierende Friko Berlin. Wie eingangs der Veranstaltung erwähnt, gibt es auch innerhalb der Koordination Differenzen in der Einschätzung des Krieges in der Ukraine, so dass sie sich auf folgende Minimalforderungen geeinigt hatte:

  • Sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen!
  • Keine Waffenlieferungen an die Ukraine!
  • Keine Erhöhung des Rüstungshaushalts!
  • Keine weitere verbale Aufrüstung!
  • Verhandlungen mit dem Ziel von Sicherheitsgarantien für die Ukraine und Russland!

Mit ihren Beiträgen versuchten die Redner*innen, darunter beispielsweise Wolfgang Gehrcke und Andrej Hunko (MdB, Die Linke), der Kriegsberichterstattung in den deutschen Leitmedien eine differenzierte, kritische Sicht entgegenzuhalten. Sie verwiesen insbesondere auf die Rolle der Nato und der Bundesregierung bei der Entstehung und Verschärfung der Konfrontation um die Ukraine. So wurde deutlich, worin die Hauptaufgabe der deutschen Friedensbewegung besteht: in der Bekämpfung weiterer Aufrüstung und Kriegsvorbereitung durch die Bundesregierung. Die alte Losung der internationalen Arbeiterbewegung von vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges wird wieder aktuell. Der Hauptfeind steht im eigenen Land! Auch darauf wurde in verschiedenen Reden hingewiesen. Solidarisch zeigten sich deshalb zahlreiche Redner*innen mit den Friedensinitiativen und Deserteuren in Russland als auch in der Ukraine.

Leider hatten sich nur etwa dreihundert Menschen vor dem Brandenburger Tor eingefunden; junge Leute waren die Ausnahme. Der Friko war es nicht gelungen, über ihr unmittelbares Umfeld hinaus zu mobilisieren. So zeigt sich auch das momentane Kräfteverhältnis, wo zehntausende moralisch empörte Bürger*innen bereit sind, auf die Straße zu gehen – hauptsächlich gegen Putin – und nur eine Minderheit von ihnen die Aufrüstung und Kriegsvorbereitung durch die BRD bekämpfen will.

„Liebe Kolleg*innen, für mich ist es eine große Ehre, heute und hier sprechen zu dürfen.

 Der russische Einmarsch in die Ukraine hat viele von uns fassungslos gemacht. Politische Ziele mit Krieg erreichen zu wollen, ist falsch und funktioniert auch nicht. Wir müssen fragen, wie es dazu kommen konnte. Wer nicht versucht, die Ursachen zu identifizieren, wird auch keine Ansätze für Lösungen finden. Tatsache ist, dass in der Ostukraine nicht erst jetzt, sondern schon seit acht Jahren Krieg geführt wird, mit bisher 14.000 zivilen Todesopfern, darunter hunderte Kinder.

 Nach dem 24. Februar erreichte mich ein Brief von russischen Kolleginnen und Kollegen. Die Petition ‚Utchitelja protiv vojny – Lehrkräfte gegen den Krieg‘ wurde bis zum 4. März von mehr als 5.000 Lehrkräften aus ganz Russland namentlich unterzeichnet. Dort heißt es unter anderem:

 ‚Wir sind Lehrkräfte und Gewalt widerspricht dem Wesen unseres Berufes. In der Hitze des Krieges sterben unsere Schüler. Krieg führt unvermeidlich zu einer Zuspitzung der sozialen Probleme unseres Landes. Wir unterstützen die Antikriegsproteste und fordern einen sofortigen Waffenstillstand.‘

 Ich dachte sofort: Ja, richtig. Wir pädagogisch Beschäftigten müssen auf unsere Regierungen einwirken, eine friedliche Politik zu betreiben. Ohne Frieden ist alles nichts. Bildung und Frieden bedingen einander. Menschen können nur zur Schule gehen, wenn diese Schule steht.

 Die ukrainische und die russische Seite haben sich nun schon mehrfach zu Verhandlungen über einen möglichen Waffenstillstand getroffen. Was macht die Bundesregierung? Anstatt diese Bemühungen zu unterstützen, kündigt sie jedes Mal am Vorabend der Verhandlungen neue Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet an. Ganz abgesehen davon, in wessen Hände diese Waffen dann fallen und wer damit worauf schießen wird, ist klar, dass damit die Opferzahlen steigen werden, dass der Krieg weiter angeheizt wird.

 Nicht nur das. Bundeskanzler Scholz holt seine nächste Bazooka raus, um in seinem Sprachgebrauch zu bleiben. Zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt und 100 Milliarden Euro extra für die Hochrüstung der Bundeswehr, Wenn wir jemals 100 Milliarden für Bildung ausgegeben hätten, würden wir jetzt nicht in Deutschland in einer nie dagewesenen Bildungsmisere stecken.

Die USA und Russland haben zusammen etwa 10.000 atomare Sprengköpfe. Geraten beide Seiten in einen Krieg, wird damit die Erde in Schutt und Asche gelegt. Glaubt die Bundesregierung ernsthaft, mit mehr Kriegsgerät die Sicherheitslage zu verbessern? Und es dürfte ja allen klar sein, wo dieses Geld herkommen wird. Dabei ist unsere soziale Infrastruktur, egal ob Schulen oder Krankenhäuser, jetzt schon durch den enormen Spardruck zerrüttet. Für die Aufrüstung gilt Scholzens schwarze Null aber nicht. Bezahlen wird dafür die Bevölkerung in diesem Land.

 Ich will euch nur ein Beispiel aus der letzten Woche quasi als Vorgeschmack geben. In Berlin erhielten alle Schulleitungen Post von der Senatsverwaltung für Bildung. Darin wurde ihnen angekündigt, dass alle Verwaltungen jetzt sparen müssen. Jede Schule hatte bisher ein kleines Budget (sog. Verfügungsfonds) für dringende Reparaturen, Anschaffungen oder Honorare. Von den bisher etwa 25.000 Euro bleiben der Schule jetzt nur noch 3.000 pro Jahr.

 Anstatt zu kürzen, brauchen wir Investitionen!

Wir brauchen mehr Ausbildung und mehr Personal!

Wir brauchen Bildung statt Bomben, Herr Bundeskanzler!


aus Arbeiterpolitik Nr. 3 / 2022

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