Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst und seine Widersprüche
Kein X für ein U

Frank Bsirske sprach vom »besten Ergebnis seit vielen Jahren«. Soweit erkennbar, sehen das auch viele der KollegInnen im öffentlichen Dienst so. Hört man sich um, dann gehen viele davon aus, aus dem Möglichen habe Verdi das Maximum herausgeholt. Gewerkschaftsfunktionäre vertreten das auch, schon weil es ihrer Rolle im Apparat der Gewerkschaft entspricht. Umgekehrt gab es Kritik an mangelnder Kommunikation zwischen Verhandlungsführung und Basis in den Bezirken und Geschäftsstellen. Das sind üblicherweise Begleitumstände einer jeden Tarifrunde und müssen jedes Mal geklärt werden. Das diesjährige Ergebnis scheint aber insgesamt zufrieden zu stellen: Nach Auskunft von ver.di hat die Urabstimmung eine Zustimmung von 80,52% der Befragten ergeben. Doch der Reihe nach.

Gewerkschaftsforderungen:
Einjährige Laufzeit und Mindestbetrag

Zunächst ist offensichtlich, dass zwei wichtige Punkte nicht durchgesetzt worden konnten: Der Tarifvertrag sollte eine einjährige Laufzeit haben – eine alte, aber schon seit vielen Jahren nicht mehr realisierte Forderung der Gewerkschaft ver.di im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen einerseits bzw. der Länder andererseits. Seit Ersetzung des BAT, des MTArb und des BMT-G durch den TVÖD (Bund/ Kommunen) bzw. den TVL (Länder) sind diese Tarifrunden aufgespalten und wechseln sich mit jeweils zweijähriger Laufzeit ab. Die Laufzeitverkürzung einer Ebene auf ein Jahr böte die Chance der »Wiedervereinigung« und damit der Konzentration der Kräfte. Am besten gewerkschaftlich organisiert sind im öffentlichen Dienst die Kommunen. Deshalb und weil sich hier eher als bei Bund und Ländern Arbeitsbereiche finden, die effektiv lahmgelegt werden können, ist hier die streikfähige Basis der Gewerkschaft zu mobilisieren. Allerdings hat gerade hier die Privatisierung der letzten Jahrzehnte besonders tiefe Spuren hinterlassen: Die früheren »Kerntruppen« in der Müllabfuhr und im kommunalen Nahverkehr sind durch Outsourcing geschrumpft und durch Einsatz von Leiharbeitskräften geschwächt. Pflegepersonal (Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime) und Kita-Beschäftigte können diesen Verlust an Mobilisierungspotenzial nur begrenzt ausgleichen.

Der zweite Punkt war die Forderung nach einem Mindestbetrag von 200 Euro. Damit wollte ver.di vor allem ihre traditionelle Basis in der Tarifauseinandersetzung stärken und die Lohnspreizung verringern, wenigstens nicht weiter auseinander driften lassen. Bekanntlich handelt es sich hier um allgemeines gewerkschaftliches Anliegen, das gerade von der Basis aus in vielen unterschiedlichen Bereichen immer mal wieder in die Diskussion um Tarifforderungen eingebracht wird. Es ist geradezu ein Gradmesser für klassenbewusstes Verhalten, weil es auf Vereinheitlichung und Stärkung der Klassenkräfte abzielt. Häufig werden aber solche Forderungen nach tabellenwirksamen Fest- oder Sockelbeträgen von »Besserverdienenden«, die sich von prozentualen Erhöhungen natürlich mehr versprechen können, zu Fall gebracht. Dazu kommt, dass Arbeitgeber ebenfalls Prozentbeträge bevorzugen, um Fach- und Leitungskräfte zu stärken. Genau letzteres passierte dann in dieser Tarifrunde. Die Art der Neuberechnung (s. u.: U-förmige Struktur) führte aber immerhin dazu, dass für alle eine deutliche Erhöhung herauskam.

Die pauschale Lohnforderung belief sich im übrigen auf 6%, hinzu kamen Forderungen zur Verbesserung der Situation von Auszubildenden und PraktikantInnen. In der Tarifrunde dieses Jahres ging es um die Beschäftigten von Bund und Kommunen, während die der Länder »Friedenspflicht« hatten und nächstes Jahr wieder dran sind.

Arbeitgeberinteressen: Fachkräfte sichern

Auf den ersten Blick schien die Situation günstig für kräftige Lohnforderungen im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen, weil die Steuereinnahmen aufgrund der guten Konjunktur locker fließen. Dazu tritt eine Stimmung, dass nun auch im öffentlichen Dienst die Entgelte der allgemeinen Entwicklung angepasst werden sollten. Aber so »rosig« sieht es nur für den Bund aus. Bei den Kommunen ergibt sich ein sehr differenziertes, insgesamt aber eben schwächeres Bild. Von wohlhabenden bis armen Gemeinden ist alles dabei, und Klappern gehört zum Handwerk. Tatsächlich ist aber bei vielen Kommunen der Schuldendienst für die alten, aufgelaufenen Kredite ein immer präsentes Problem. Ein Vertreter des Thüringer Gemeindebundes sprach daher vom späteren Tarifabschluss als einem »schmerzlichen Ergebnis«. Städtetags-Präsident Markus Lewe äußerte, der Abschluss sei »vor allem für strukturschwache Städte schwer zu verkraften«. Aus solchen Auffassungen war zuvor schon eine Abwehrhaltung entstanden, die sich durch das ganze kommunale Arbeitgeberlager zog. Und da schlussendlich der Bund aus dem Tarifabschluss nur Zusatzkosten in Höhe von 2,2 Mrd. Euro schultern muss (einschließlich der höheren Gehälter für Beamte, die dann nachgezogen werden), die Kommunen aber 7,5 Mrd. Euro, ist es schon nachvollziehbar, warum diese sich querstellten.

Ein anderer zentraler Faktor, der die Haltung der Arbeitgeber verhärtete, war die Frage der Entlohnung von Fachkräften. Gemeinhin geht man in der gesamten Wirtschaft derzeit ja von einem Fachkräftemangel aus. Für den öffentlichen Dienst hatte der sich in den letzten Jahren noch zusätzlich verschlimmert. Zwar verdienen Busfahrer in privatrechtlichen Verkehrsbetrieben erheblich weniger als in kommunalen. Aber Ingenieuren und Technikern zahlt die Privatwirtschaft deutlich mehr. Für die Kommunen schlägt sich das eben in Fachkräftemangel nieder. Es gibt Schätzungen, wonach 2030 rund 800.000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst unbesetzt bleiben dürften. Das ist natürlich eine sehr weite, eigentlich unwägbare Prognose. Aber damit argumentierten die Arbeitgeber, nur durch höhere Gehälter für die Fachkräfte könne man die Abwanderung zur privaten Konkurrenz verhindern und den öffentlichen Dienst leistungsfähig halten. Ließe sich das nicht gewährleisten, müsste man öffentliche Dienstleistungen zwangsläufig outsourcen.

Eben deswegen hatten die kommunalen Arbeitgeber von Anfang an äußerst massiven Widerstand gerade gegen die Forderung nach einer 200-Euro-Mindesterhöhung für die unteren Lohngruppen signalisiert. Da sich eine sehr große Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich bewegt, wären die finanziellen Auswirkungen sehr deutlich ausgefallen. Dieses Geld müsse gespart werden, um die Gehälter für die Fachkräfte deutlich zu erhöhen.

Es war also klar: Sollte die zur Verhandlung anstehende Lohnsteigerungssumme nicht in einer Weise, die die bisherige Entgeltsystematik durcheinanderbringt, ausgedehnt werden, stand die Entscheidung zwischen den unteren und den höheren Entgeltgruppen. Aus Sicht von ver.di war das inakzeptabel. Die Gewerkschaft wollte vor allem die unteren Entgeltgruppen stärken, weil sich dort ihre Basis befindet. Um diese unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bekommen, musste der Tarifabschluss »extrem komplex« ausfallen (Originalton Bsirske). Es ging gerade nicht um eine simple Lohnerhöhung.

Einfach zu knacken war das Arbeitgeberlager nicht. In dem Punkt ist Bernd Riexinger (heute einer der Vorsitzenden der Partei Die Linke, früher selbst ver.di-Funktionär in Stuttgart) zuzustimmen: »Die harte Haltung der Arbeitgeberseite hat gezeigt, dass der massive Druck der Vielen nötig ist, um bessere Löhne zu bekommen«.

Zum Streikverlauf

Trotzdem bleibt die Frage, ob nicht doch mehr drin gewesen wäre. An und für sich hatte es an der Kampfbereitschaft sicherlich nicht gehapert. Die Beteiligung war gut. Etwa 200.000 haben gewarnstreikt. Das war mehr als bei der Tarifrunde von Bund und Kommunen vor zwei Jahren, als sich rund 150.000 beteiligt hatten. Aber reicht das, um die Arbeitgeber nachhaltig unter Druck zu setzen? Diese 200.000 machen bei 2,3 Mio. Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht ganz 9% aus. Zum Vergleich der Metallbereich: Von den 3,9 Mio. Beschäftigten dort waren vor ein paar Wochen insgesamt 1,5 Millionen rausgegangen. Das waren immerhin fast 40%. Selbstverständlich handelt es sich bei beiden Statistiken um gewerkschaftsoffizielle Zahlen. Man wird also Abstriche machen müssen. Aber die Tendenz bleibt dennoch eindeutig. Außerdem weiß man, dass es in der ver.di-Mitgliedschaft einzelne Bereiche gibt, die sich nicht so gut mobilisieren lassen. Insbesondere für den Fachbereich 3 (Gesundheit und Sozialwesen) gilt das. Auch im öffentlichkeitswirksamsten Bereich – den Kindergärten – war schon mal mehr los gewesen. Man darf vermuten, auch hier ließen sich diesmal weniger Warnstreiks als in der Vergangenheit organisieren. Da dürfte nachwirken, dass gerade sie beim letzten Mal besonders engagiert zur Sache gegangen waren, das letztliche Ergebnis aber aus ihrer Sicht nur suboptimal ausfiel.

Da wird zugleich auch das zentrale Problem des öffentlichen Dienstes deutlich: Bei Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst wird keine Mehrwertproduktion lahmgelegt. Die öffentlichen Arbeitgeber tragen keinen finanziellen Schaden. Bei einem Streik in einem privaten Wirtschaftsbetrieb kommt die Mehrwertproduktion teilweise oder ganz zum Erliegen. Der Unternehmer ist je nach Auftragslage dazu gezwungen zu reagieren, um am Markt zu bleiben. Wenn ein Metaller streikt, muss er sich mit seinem Chef rumschlagen – aber den will er ja bestreiken. Wenn die Kindergärtnerin streikt, dann gibt es in erster Linie Ärger mit vielen Müttern, mit denen solch eine Erziehungskraft ansonsten gerne zusammenarbeitet. Ein, zwei Warnstreiks lassen die sich zwar gefallen. Sie wissen ja, was so eine Erzieherin leistet und wie wenig Geld sie dafür erhält. Dementsprechend fallen anfängliche Umfragen immer positiv aus. Aber wenn so ein Streik länger hält, dann wird es zunehmend schwerer, alternative Aufpasser für die Kinder zu organisieren. Und wenn dann so ein Trupp schimpfender Mütter vor der Kita auftaucht, erzeugt das mehr unmittelbaren Druck als eine Rundmail aus der Chef- Etage eines Produktionsbetriebes.

Es muss eben gelingen, die von dem Ausfall der Dienstleistungen Betroffenen politisch zu gewinnen, damit sie sich deutlich mit den Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes im Streik solidarisieren und etwa den Bürgermeistern Druck machen. Die Problematik ist längst erkannt, und in früheren Jahren hat es in Streiks von Pflege- und Erziehungspersonal solche Bemühungen mit mehr oder weniger Erfolg gegeben. Sie bleiben ständige Aufgabe in Streiks der Dienstleistungsbetrieben im Öffentlichen Dienst.

Das Ergebnis: »U-förmige Struktur«

Der Tarifvertrag wird eine sehr lange Laufzeit haben, in der sich die wirtschaftliche Lage nachhaltig zu Lasten der Beschäftigten entwickeln könnte. Außerdem wird es keinen monatlichen Mindestlohnzuschlag in Höhe von 200 Euro für die unteren Lohngruppen geben. Damit sind also die beiden zentralen Forderungen abgeschmettert.

Erreicht hat man nun, dass Löhne und Gehälter in drei Schritten erhöht werden: Zunächst gibt es nachträglich vom 1. März 2018 an 3,19%. Am 1. April 2019 kommen noch mal 3,09% hinzu. Zum 1. März 2020 schließlich stehen weitere 1,06% an. Insgesamt macht das 7,34%, umgerechnet pro Jahr etwa 3%. Für die unteren Lohngruppen gibt es außerdem eine Einmalzahlung von 250 Euro. Die Azubis bekommen in zwei Schritten jeweils 50 Euro zusätzlich. Ihre Urlaubszeit wird von 29 auf 30 Tage aufgestockt. Insgesamt erstreckt sich der Tarifvertrag auf 30 Monate.

2017 hatten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst (der Länder) inflationsbereinigt und infolge von Sozialabgaben sowie Steuern sogar noch ein Minus von 0,6 Prozent hinnehmen müssen. Jetzt wird es in diesem Jahr (für die Beschäftigten von Bund und Kommunen) ein bereinigtes Plus von 1,3% geben. 2019 dürfte man auf 3,5% kommen. Weitere Prognosen sind schwierig, weil man jetzt ja nicht wissen kann, wie sich die Inflation entwickeln wird.

Entscheidend ist aber nun, dass die Steigerung nicht über die klassische gleichmäßige Erhöhung aller Entgeltgruppen mit der gleichen Prozentzahl erfolgt, sondern über eine differenzierte Überarbeitung aller Tabellenwerte. Die Bandbreite soll sich von 6,7% bis zu 13,4% erstrecken. So erhält ein mittlerer Angestellter in einer kommunalen Datenbank ab jetzt 6,79% mehr Lohn. Für ihn macht das ein Plus von 213,56 Euro im Monat aus. Derjenige Angestellte hingegen, der gerade erst in der Poststelle angefangen hat, bekommt zwar 10,21% mehr. Aber für ihn macht das nur ein Zusatzeinkommen von 199,41 Euro aus. Vergleicht man das dann noch mit einem leitenden Angestellten einer kommunalen Einrichtung, dann erhält der mit 9,64% prozentual zwar etwas weniger als der Kollege mit der niedrigen Entgeltgruppe. Aber bei ihm ergibt das ein Plus von sage und schreibe 485,92 Euro. Die Spreizung zwischen oberen und unteren Entgeltgruppen wird den absoluten Beträgen nach nicht verringert, sondern weiterhin erhöht.

Somit kommen nicht alle Bereiche gleichermaßen in den Genuss der Erhöhung. Das Ganze ist U-förmig ausgelegt: Die unteren und die oberen Entgeltgruppen bekommen verhältnismäßig deutlich mehr. Im mittleren Einkommensbereich hält sich jedoch die Erhöhung in Grenzen. Allerdings hat Bsirske erklärt: Weniger als 175 Euro mehr wird keiner im Portemonnaie haben. Viele würden zwischen 200 und 300 Euro liegen.

Zu diesem Zweck wurde in der Lohntabelle eine »Rechtsverschiebung« vorgenommen. Im öffentlichen Dienst gibt es innerhalb jeder der fünfzehn Entgeltgruppen noch sogenannte Erfahrungsstufen. Das bedeutet: Das Entgelt des Leiters der Müllabfuhr z. B. fällt zwar höher aus als dasjenige des einfachen Müllwerkers. Aber ungeachtet dessen bekommt der Arbeiter mit zwanzig Jahren Betriebszugehörigkeit entsprechend dieser zusätzlichen Erfahrung genau gestaffelt mehr Geld als einer mit fünfjähriger Betriebszugehörigkeit. Von diesen Erfahrungsstufen gibt es sechs. Jetzt wurde aber die bisherige Stufe 1 eliminiert. In allen Entgeltgruppen wurde die Lohntabelle seitlich verschoben und am Ende durch eine neue Stufe 6 wieder aufgefüllt. Alle gegenwärtig Eingestuften rücken eine Stufe höher und bekommen auf dieser Basis die zusätzlichen Prozente. Umso nachhaltiger ist der Eindruck eines jeden, er bekäme anständig mehr.

Kein X für ein U:
Der sozialpartnerschaftliche Kompromiss

Die Redewendung »jemandem ein X für ein U vormachen« bedeutet, dass man jemanden täuscht oder betrügt. Sie hat ihren Ursprung in den römischen Zahlen. So kann der Buchstabe V (auch als U zu lesen), welcher für die Zahl 5 steht, durch Verlängerung der Striche nach unten zum Buchstaben X (die Zahl 10) umgeschrieben werden, so dass eine (vermeintliche) Verdoppelung der Zahl entsteht.

Die »U-förmige« Gestaltung der Entgelterhöhung drückt den sozialpartnerschaftlichen Kompromiss von ver.di mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) aus. Sie erscheint als gelungene Quadratur des Kreises, als »win-win«-Abmachung. Bund und VKA gewähren die Verbesserung der unteren Entgeltgruppen, ver.di im Gegenzug die der oberen Gruppen der Fach- und Leitungskräfte. Das Gesamtvolumen des Tarifabschlusses aber soll gleichbleiben. Dabei hat der Mittelbau, darunter auch Pflege- und Erziehungskräfte, das Nachsehen.

Natürlich könnte man nun ver.di vorhalten: »Was kümmert es uns, dass die Arbeitgeber ihren Fachkräftebereich attraktiver machen wollen? Sollen die doch sehen, wie sie das hinbekommen. Dazu müssen wir doch nicht unsere Lohnforderung für den unteren Bereich opfern.« Doch in der Realität zählt eben die Kampfkraft, die aufgebracht werden kann. In dem Augenblick, wo die Arbeitgeberseite sich auf diese Verknüpfung versteift hatte, gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man kämpft so etwas nieder, oder man lässt sich auf Verhandlungen ein.

Wie gesehen, hätte es mit gegebenen Streikkräften nicht gar so optimal ausgesehen. Weggekämpft hat man immerhin die rote Linie der Arbeitgeber: deutliche Lohnerhöhungen allein im oberen Bereich. Aber um die eigene Maximalforderung durchzusetzen (einen hohen Mindestbetrag für die unteren Bereiche), fehlte die Streikkraft.

Das sieht die Masse der Kollegen offensichtlich ähnlich. Zumindest deuten die Stimmungsberichte darauf hin. Für die Kollegen der unteren Lohngruppen ist die Erhöhung immerhin so deutlich, dass das Ergebnis sich nur wenig von der ursprünglichen Forderung unterscheidet. Auch die Kritik an der langen Laufzeit fällt gering aus. Sie wird als notwendiger Preis für die Erhöhungen gesehen.

Das entspricht letztlich dem allgemeinen Trend: Derzeit brummt die Wirtschaft wie selten. Die Arbeitgeber wollen also ihre Leute halten und sind deswegen prinzipiell zu Zugeständnissen bereit. Also fielen in praktisch allen Tarifbereichen die Erhöhungen (für deutsche Verhältnisse) überdurchschnittlich aus. Aber gerade weil man jetzt mal wieder ordentlich mehr ins Portemonnaie bekam, ist die Masse der KollegInnen zufrieden. Für eine nachhaltige Veränderung der Tarifstrukturen zugunsten der niedrigen Lohngruppen ist die erforderliche Kampfbereitschaft nicht in Sicht.

14.5.2018


aus Arbeiterpolitik Nr. 2/3 2018

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