Die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst der Länder:
Magere Zulagen für Sozial- und Erziehungsdienst
Geld statt Tarifvertrag für LehrerInnen

Die Berliner Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst und die LehrerInnen bestimmten das Bild auf den gut besuchten Kundgebungen. Die einen hatten eine deutliche Tabellenerhöhung erwartet, verdienen doch ihre KollegInnen in den Kitas und Behörden der Kommunen rund um Berlin bis zu 400 Euro mehr. Sie kriegen jetzt bescheidene Zulagen. Die anderen hatten gehofft, dass es endlich zu einem Tarifvertrag über die Eingruppierungen (LEgO) kommen würde (vgl. ARPO 4/2016). Beide Ziel wurden gründlich verfehlt.

Die Zulagen für SozialarbeiterInnen und ErzieherInnen (vgl. Kasten) können die Einkommenslücke zu den Beschäftigten bei Bund und Kommunen nicht annähern schließen. Dies und die Unterschrift der GEW unter den Tarifvertrag Entgeltordnung – Lehrer (TVEntgO-L) sind die Kehrseite des Tarifabschlusses.

Warum die GEW schließlich den von ihr (auch weiterhin) kritisierten TVEntgO-L unterschrieben hat, begründet sie damit, dass die Arbeitgeber dies zur Bedingung für eine Einführung der Stufe 6 für die EG 9 bis 15 gemacht hätten. Mit anderen Worten, die GEW hat sich eine LehrerInnen- Entgelt-Ordnung (LEgO) abkaufen lassen, eine LEgO, wie sie die Gewerkschaft seit vielen Jahren fordert und die die angestellten LehrerInnen von den beamtenrechtlichen sog. Lehrerrichtlinien abgekoppelt hätte. Der TVEntgO-L räumt im § 11 den Arbeitgebern die Möglichkeit ein, die Entgeltordnung entsprechend dem Beamtenrecht einseitig zu verändern.Vielerorts, so kritisiert Udo Mertens, in der GEW-Berlin zuständig für Tarifpolitik, war man nicht gewillt, Tariffähigkeit und Kampfbereitschaft zu entwickeln, und die Bundestarifkommission habe sich nicht auf die Landesverbände stützen wollen, die bereit waren, für ein besseres Ergebnis zu kämpfen (vgl. Berliner Bildungszeitschrift 3/2017, S.3).

Dass die GEW nun als Tarifvertragspartei – und damit nicht nur »von außen« – gezielt auf Verbesserungen hinarbeiten könne, so Andreas Gehrke vom GEW-Vorstand in der »Erziehung und Wissenschaft« Nr.3/2017, ist im besten Fall Medizin zur Selbstberuhigung. Bis 2019 herrscht Friedenspflicht! Will uns der Kollege Gehrke weismachen, am Verhandlungstisch ließen sich Versäumnisse der Tarifrunde nachholen?

Der GEW-Berlin, die seit 2013 über 20 Streiks organisiert hat, mit denen sich auch die GEW-Bund gerne schmückt, sind jetzt die Hände gebunden, echte Druckmittel hat der Landesverband nicht mehr. Ihm bleibt nur die verzweifelte Hoffnung, dass sich der »rot-rot-grüne« Senat in die Pflicht nehmen lässt. Dessen Versprechungen im Koalitionsvertrag von 2016 lauten: » (…) gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit« (S.9) und » (…) unsere Landesunternehmen (sind) Vorbild für (…) tarifgebundene, mitbestimmte Arbeit« (ebd.). Wenn das keine reine Fiktion ist, lässt der Tarifabschluss 2017 dem Berliner Senat viel Spielraum, die Tarifergebnisse für seine Landesbeschäftigten noch nachzubessern.

26.03.2017


Ergebnisse der Tarifrunde

Die Gewerkschaften hatten für die 1 Mio. Beschäftigten, davon 200 000 Lehrkräfte, ein Forderungspaket mit 6% Gesamtvolumen geschnürt. Rückwirkend zum 1.1.17 gibt es eine Tabellenerhöhung von 2%. Die unteren Entgeltgruppen (EG 1 bis 8 und Anfangsstufen in EG 9 bis 12) erhalten 75 EUR, das sind 2,37 bis 4,46% – diese überproportionale Anhebung entspricht der sozialen Komponente, die die Gewerkschaften gefordert hatten.

Ab 1.1.18 steigen die Entgelte um 2,35%, das sind im Durchschnitt aller Gehaltsgruppen 5,12% in zwei Jahren. Dazu kommen Zulagen (nicht tabellenwirksam) von 50 oder 100 EUR für SozialarbeiterInnen und 80 EUR für ErzieherInnen, die die Lücke von ca. 4% zu den Entgelten, die im Bund und in den Kommunen gezahlt werden, schließen sollen.

Für LehrerInnen, SozialpädagogInnen, WissenschaftlerInnen usw., die zu den Entgeltgruppen 9 bis 15 gehören, wird, wie bisher schon in EG 1 bis 8, eine 6. Erfahrungsstufe eingerichtet, die diesen Berufsgruppen (nach 15 Jahren in Stufe 1 bis 5) weitere 3% mehr als Stufe 5 bringt (ab 1.1.18 1,5% und ab 1.10.18 noch einmal 1,5%). Durch Einstufung in die 6 erhalten über die Hälfte aller angestellten LehrerInnen eine weitere Gehaltserhöhung während der Laufzeit des Tarifvertrages.


aus Arbeiterpolitik Nr. 1/2 2017

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