Reform und Reaktion in Ecuador

Am 24. Mai 2017 endete die Amtszeit von Rafael Correa als Präsident Ecuadors. Obwohl seine Regierung auf Rohstoffabbau und -export setzte und diese ausbaute, stellen die sozialen und politischen Errungenschaften seiner Amtszeit eine historische Zäsur dar: stärkere staatliche Kontrolle des Rohstoffsektors, Ausweitung der nationalen Beteiligung an den Gewinnen aus dem Rohstoffabbau, Verwendung eines höheren Anteils der Gewinne für sozialpolitische Maßnahmen zur Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung, Verringerung von Armut und Ungleichheit, verbesserter Zugang zu Nahrungsmitteln sowie zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen.

Nach einem sehr knappen Wahlentscheid Anfang 2017 wurde Correas Nachfolger, Lenin Moreno, zum neuen Präsidenten gewählt. Während seiner Zeit als Ecuadors Vizepräsident (2007-2013) zeigte er sich als unbedingter Gefolgsmann Correas. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt distanzierte er sich jedoch von Correas Bewegung. Bis Ende letzten Jahres schienen diese Manöver eine politische Strategie zu sein, um von den Mittel- und Oberklassen akzeptiert zu werden, die sich Correas Bewegung widersetzten. Indem er zu Correa und seiner Bewegung auf Abstand ging, konnte er sich durch einen Kurs der Versöhnung als unabhängiger und eigenständiger Präsident profilieren. Dies führte zu einer Spaltung innerhalb von Correas Partei, der Alianza Pais. Dieser strategische Zug artet jedoch immer mehr in eine politische Verfolgung der Anhänger von Rafael Correa und ihm selbst aus.

Auch die Wirtschaftspolitik von Morenos Regierung nahm eine radikale Wendung und führt seit Anfang 2018 zu einer klaren neoliberalen Linie, begleitet von einem Bündnis mit dem Unternehmerlager. Seit Mai 2018 wird das Wirtschafts- und Finanzministerium durch Richard Martinez geführt, der noch bis Anfang 2018 Präsident der ecuadorianischen Industrie- und Produktionskammer war. Auch der gegenwärtige Produktions- und Außenhandelsminister, Pablo Campana, war bisher ein zentraler Vertreter verschiedener Unternehmerorganisationen. Im neuen Wirtschaftsplan von Morenos Regierung, veröffentlicht im April 2018, sind Kürzungen von Staatsausgaben, die Förderung von ausländischen Investitionen sowie die Privatisierung des Rohstoffabbaus und die Lockerung der unter Correa eingeführten Kontrollen vorgesehen – d.h. Neoliberalismus durch und durch.

Auch auf der geopolitischen Bühne zeigt Morenos Regierung eine Wiederkehr neoliberaler Politik. Zum einen wendet sich die Regierung von Venezuela und Bolivien ab, zum anderen erfolgt eine klare Annährung an die US-Regierung sowie an den Internationalen Währungsfond und die Weltbank. Diese Rückkehr einer neoliberalen und konservativen Politik wird durch die Wahl von Bolsonaro in Brasilien verstärkt und verschärft.

Ecuador erlebt gerade eine sehr schwere Situation, in der es für progressive Bewegungen keine guten Aussichten gibt. Im Gespräch mit Kintto Lucas, renommierter Journalist, Schriftsteller und Vize-Außenminister Ecuadors von 2010 bis 2012, wird auf die Entwicklung eingegangen.


aus Arbeiterpolitik Nr. 1 / 2019

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