Deutsche Unterstützung für Israels Kriegsverbrechen

Demo Berlin, 4. November
Quelle: Umbruch Bildarchiv

»In diesen Tagen sind wir alle Israelis!«

Mit diesen Worten wollte Außenministerin Annalena Baerbock bei einem Treffen mit dem israelischen Außenminister Eli Cohen „die tiefste Solidarität seitens der deutschen Regierung, aber auch der deutschen Bevölkerung“ zum Ausdruck bringen. Das ist nichts anderes als ein Freibrief für die Regierungspolitik Israels, eine Legitimation vonseiten der deutschen Regierung für den Rachefeldzug der israelischen Armee. Ihm fielen bisher über Tausende Zivilisten, zumeist Frauen und Kinder zum Opfer. Die Infrastruktur im Gazastreifen wird zerstört; die Zivilbevölkerung soll letztendlich vertrieben werden, weil sie sich nicht freiwillig ihrem von Israel diktierten Schicksal fügen will.

Frau Baerbock, die ja bekanntlich eine „feministische“ Außenpolitik betreiben will, dabei überall auf der Welt Menschenrechte und eine „wertebasierte Ordnung“ fordert, kümmert das Schicksal und die Menschenrechte der Palästinenserinnen und ihrer Kinder nicht. Im Gegenteil: Sie wandte sich nach stundenlangem Streit auf dem EU-Gipfel zur Lage im Nahen Osten gemeinsam mit Kanzler Scholz gegen jede Art von Forderung nach einem Waffenstillstand oder einer Feuerpause, weil sie das „völkerrechtlich verbriefte Recht Israels zur Selbstverteidigung“ untergraben oder beeinträchtigen könne. Einigen konnte sich die EU auf die vage Formulierung von „Feuerpausen“. Nur Belgien, Spanien und Irland stimmten für eine humanitäre Waffenruhe. Von Journalisten wird der feine Unterschied zwischen „Pause“ und „Pausen“ so interpretiert, dass Pausen auch sehr kurz sein könnten und dazwischen der Krieg und weiter gehen könne. Während man sich auf dem EU-Gipfel über eine Formulierung stritt, die das Selbstverteidigungsrecht der Israelis nicht infrage stellt, schuf die israelische Armee in Gaza weitere Fakten: Inzwischen (6.11.) mussten fast alle Krankenhäuser ihren Betrieb einstellen, es gibt keinen Treibstoff mehr für die Notstrom-Generatoren, die Zahl der getöteten PalästinenserInnen stieg am 28.10. auf mindestens 7000, davon über 3000 Kinder und Jugendliche. Und es werden täglich mehr. Viele Kinder sterben an Dehydrierung, genießbares Trinkwasser gibt es kaum noch, es herrscht Hunger. Die Stromversorgung ist völlig zusammengebrochen, damit auch die Handyverbindungen. Es kann also auch keine Hilfe für Verletzte herbeigerufen werden. Die Blockade ist total. Nur wenige LKWs mit Hilfsgütern werden über den ägyptischen Grenzpunkt Rafah in den Gazastreifen gelassen. Konsequent wird das umgesetzt, was der israelische Energieminister Katz kurz nach dem 7. Oktober ankündigte: „… kein elektrischer Schalter wird eingeschaltet, kein Hydrant geöffnet und kein Tankwagen kommt.

Wer die aktuellen Bilder aus Gaza sieht, wird unweigerlich an die zerstörten deutschen Städte während des 2. Weltkrieges erinnert, aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Deutsche hatten bei allem Elend immerhin noch die Möglichkeit, Schutzbunker aufzusuchen oder sich in ländliche Gegenden zu retten, die weniger von den Bombardierungen der britischen und amerikanischen Luftwaffe betroffen waren; aber im dicht besiedelten Gazastreifen gibt es solche Ausweichmöglichkeiten nicht. Hier leben 2,3 Millionen Menschen zusammengepfercht auf einem Territorium in der Größe der Stadt Bremen. So ist auch die Aufforderung der israelischen Armee, den Norden zu verlassen und in den sichereren Süden zu flüchten mehr als zynisch. Inzwischen wurde auch der Süden bombardiert, ebenso wie ein Flüchtlingskonvoi, der dieser Anweisung Folge geleistet hatte. 70 Menschen wurden getötet, 200 verletzt. Ziel dieser offensichtlichen Kriegsverbrechen an einer hilflosen Zivilbevölkerung ist nicht die Ausschaltung der Hamas, denn zu vermuten ist, dass sich die Führer dieser islamischen Bewegung entweder im weitverzweigten Tunnelsystem aufhalten oder schon längst im arabischen Ausland sind. Ziel ist es, weiterhin Druck auf Ägypten auszuüben, damit es den Grenzübergang Rafah auch für die eingesperrten PalästinenserInnen öffnet, um eine großangelegte ethnische Säuberung des Gazastreifens zu erzwingen. Nach Ansicht von in Deutschland lebenden Palästinensern liegen Pläne vor, die Palästinenser aus dem Gazastreifen auf dem Sinai in der Wüste anzusiedeln, um danach Gaza wieder vollständig unter israelische Kontrolle zu bringen. Es werden allerdings auch vonseiten der israelischen Regierung Pläne diskutiert, sich nach der völligen Zerstörung des Gazastreifens zurückzuziehen und Gaza einer internationalen Kontrolle zu unterstellen.

All dies akzeptiert die Bundesregierung. Bundeskanzler Scholz erklärte in der Tagesschau, Israel sei ein demokratischer Staat mit humanitären Prinzipien. Man könne sicher sein, dass die israelische Armee die Regeln beachten wird, die sich aus dem Völkerrecht ergeben. „Da habe ich keinen Zweifel“. Damit steht er im Gegensatz zum Generalsekretär der UN, António Guterres, der in seiner Rede im Weltsicherheitsrat am 24. Oktober zwar den Terror der Hamas kritisierte, aber auch die israelischen Kriegsverbrechen im Gazastreifen verurteilte. Er machte deutlich, dass die Gewalt der Hamas nicht im luftleeren Raum entstanden ist, sondern eine Folge jahrzehntelanger israelischer Besatzung sei.

Allein mit diesem Hinweis auf die Ursachen der Gewalt rief Guterres einen Sturm der Entrüstung hervor. Der israelische UN-Botschafter kündigte an, UN Mitarbeitern zukünftig keine Aufenthaltsvisa mehr zu erteilen. Die bedingungslosen Israelunterstützer:innen in der Bundesregierung assistierten brav: SPD-Außenpolitiker Michael Roth behauptete, Guterres würde Terror verharmlosen und Ex-Entwicklungsminister Niebel sagte, Guterres habe sich zur Marionette gemacht, während FDP-Politikerin Linda Teuteberg ihm vorwirft Terror zu relativieren. Alle diese Politiker:innen stellen Netanjahu und seinem Verteidigungsminister Yoav Gallant, der Menschen in Gaza als „menschliche Tiere“ bezeichnet, einen Blankoscheck für ihre Art der Kriegsführung aus. Das Völkerrecht, auf das sich Guterres beruft, klingt zwar gut auf dem Papier, aber, ob es befolgt wird oder nicht, war letztendlich immer Ausdruck der internationalen Machtverhältnisse. Israel hat ständig Resolutionen der UN missachtet im Wissen, dass es als einzige Atommacht der Region und, unterstützt von den USA und Europa, freie Bahn hat.

Auch die deutsche Regierungspolitik zeigt, dass sie von Heuchelei und doppelten Standards geprägt ist, die ihre eigentlichen Interessen nur mühselig verbergen.

So sprach unsere Außenministerin 2023 vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf folgende salbungsvolle Worte: „Wir als internationale Partner müssen für die Opfer einstehen. Jedes Opfer hat seinen Namen (….). Wir müssen ihre Namen aussprechen und ihre Rechte fördern. Wir müssen die Täter beim Namen nennen.“ Damit meinte sie nicht die Erschießung unbewaffneter Palästinenser:innen, (mehr als 150 Palästinenser wurden seit dem 7. Oktober im Westjordanland getötet), auch nicht die alltägliche Gewalt in der besetzten Westbank durch Armee und bewaffnete rechtsradikale Siedler, sondern die Ukraine. Im Falle der Ukraine führt jeder Angriff russischer Raketen und Drohnen mit zivilen Opfern zu lauter Empörung, während die völlige Zerstörung von Gaza keiner Rede wert ist. Begründet wird diese Doppelmoral mit der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Jüdinnen und Juden. Der Holocaust verpflichte zur bedingungslosen Solidarität mit Israel. Was diese bedingungslose Solidarität auch meint, machte Verteidigungsminister Pistorius in einem Interview mit der FAZ vom 2. November deutlich. Er erklärte, dass hunderte deutsche Soldaten in den Nahen Osten geschickt worden seien, darunter auch Spezialkräfte wie die GSG9 und das KSK. Auch eine militärische Unterstützung Israels schloss er grundsätzlich nicht aus, diese stelle sich aber nicht aktuell. Die geforderte Solidarität mit Israel wird auch genutzt, um die deutsche Bevölkerung auf weitere Kriegsvorbereitungen, weitere Militärausgaben und die damit verbundenen sozialen Opfer einzustimmen, damit die „Kriegstüchtigkeit“ der Bundeswehr hergestellt werden kann.

Gegen diese Instrumentalisierung des Holocaust hat die 1956 in Jerusalem geborene Journalistin Amira Hass in der liberalen israelischen Tageszeitung Haaretz einen Beitrag veröffentlicht. Hier einige Auszüge:

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am vergangenen Donnerstag, dass ‚das Leid und die Not der Zivilbevölkerung im Gazastreifen nur noch zunehmen werden. Dafür ist auch die Hamas verantwortlich‘(…) Sie sagten auch: „Unsere eigene Geschichte, unsere Verantwortung, die aus dem Holocaust erwächst, macht es zu einer immerwährenden Aufgabe für uns, für die Existenz und die Sicherheit des Staates Israels einzutreten. Aber, Herr Scholz, zwischen diesem Satz und dem oben zitierten gibt es einen Widerspruch. ‚Das Leiden (…..) wird nur zunehmen‘, ist ein Blankoscheck für ein verwundetes, verletztes Israel, um hemmungslos zu pulverisieren, zu zerstören und zu töten, und riskiert, uns alle in einen regionalen Krieg, wenn nicht sogar in einen dritten Weltkrieg zu verwickeln, der auch Israels Sicherheit und Existenz gefährden würde. Aber ‚Verantwortung aus dem Holocaust‘ bedeutet, alles zu tun, um einen Krieg zu verhindern, der zu Katastrophen führt, die wiederum zu Kriegen führen, die das Leid in einem endlosen Kreislauf vergrößern. (…)

Ihr Deutschen habt eure Verantwortung, die ‚aus dem Holocaust‘- also aus der Ermordung u. a. der Familien meiner Eltern und dem Leid der Überlebenden erwächst, längst verraten. Ihr habt sie verraten durch eure vorbehaltslose Unterstützung eines Israels, das besetzt, kolonisiert, den Menschen das Wasser wegnimmt, Land stiehlt, zwei Millionen Menschen im Gazastreifen in einem überfüllten Käfig gefangen hält, Häuser abreißt, ganze Gemeinden aus ihren Häusern vertreibt und die Gewalt der Siedler fördert. (…).[1]

Schaut man hinter den Propagandanebel von angeblicher „Verantwortung aus dem Holocaust“ dann wird deutlich, dass es hier um ganz andere Dinge geht als um die „Verbundenheit mit der israelischen Bevölkerung“. Da sind zum einen milliardenschwere Rüstungsgeschäfte, der Kauf von israelischen Überwachungssystemen und bewaffneten Drohnen und andererseits eine enge Kooperation mit dem israelischen Militär, das Spezialeinheiten der Bundeswehr im Häuserkampf ausbildet. Bedeutsamer ist aber die Tatsache, dass Israel als Atommacht im Interesse des westlichen Imperialismus eine Kontrolle über den gesamten Mittleren und Nahen Osten ausüben soll.

Die Ursachen der Gewalt

Der Angriff äußerst entschlossener Kämpfer auf unbewaffnete Zivilisten, darunter auch Kinder, Jugendliche auf einem Musikfestival, Frauen und Ältere, hat viele Menschen in seiner Brutalität und seinen tödlichen Folgen erschreckt und abgestoßen. Diese Gewalt wird hier ausschließlich der Hamas zugeschrieben, die in Europa als Terrororganisation gelistet ist. Aber sicher ist, dass es nicht die Hamas alleine ist, die den Angriff geplant und durchgeführt hat. In den letzten Jahren haben sich angesichts der desolaten und perspektivlosen Lage weitere radikale Gruppen herausgebildet, die sich der Kontrolle durch den militärischen Arm der Hamas weitgehend entzogen haben. Dazu gehören der Islamische Dschihad wie auch Gruppen, die dem IS nahestehen. Aber auch säkulare Gruppierungen haben sich dem bewaffneten Kampf angeschlossen und teilen die zwei Hauptargumente der Hamas aus der Zeit der zweiten Intifada, mit der diese Selbstmordattentate begründete:

Diese Attentate seien als Märtyrer-Operationen eine legitime Verteidigung gegen eine gewaltsame, gnadenlose und tödliche Besatzung, die trotz aller UN-Resolutionen von der internationalen Gemeinschaft nicht beendet worden sei. Sie seien das einzig effektive und legitime Mittel in der Hand der Palästinenser gegen die weit überlegene militärische Macht der israelischen Armee mit ihren Apache-Hubschraubern und F-16 Bombern.[2]

Diese Argumente für bewaffneten Widerstand werden von einem großen Teil der palästinensischen Bevölkerung geteilt, viele PalästinenserInnen sehen die bewaffneten Kassam-Brigaden und andere Milizen als einen legitimen Teil einer notwendigen Befreiungsbewegung gegen die koloniale zionistische Unterdrückung an. Auch Linke und Menschen aus der Palästina-Solidarität schockt das brutale Vorgehen dieser islamischen Milizen, aber moralische Verurteilungen helfen hier nicht weiter. Dass so viele junge Menschen sich inzwischen am bewaffneten Kampf beteiligen – auch im besetzten Westjordanland – hat viel zu tun mit der Frustration, dass alle bisherigen Widerstandsformen gescheitert und Verhandlungen, wie z. B. im Rahmen des sogenannten Osloer Friedensprozesses, völlig perspektivlos blieben. Den meisten PalästinenserInnen ist inzwischen bewusst, dass Israel niemals einen funktionsfähigen palästinensischen Staat an seiner Seite wollte, sondern vom Beginn der Staatsgründung an das Ziel Israel vom Jordan bis zum Mittelmeer („Eretz Israel“) verfolgte. Dafür spricht der Ausbau der Siedlungen, der auch nach Oslo unvermindert weitergetrieben wurde. Inzwischen leben über 700.000 Siedler in Ostjerusalem und im besetzten Westjordanland – den Palästinensern bliebe für einen eigenen Staat nur noch circa 13% der ursprünglich nach dem Teilungsplan der UNO 1947 vorgesehenen Fläche, ein allein wirtschaftlich nicht funktionsfähiges Gebilde, völlig zersplittert in Bantustans. Eine Räumung der Siedlungen würde einen Bürgerkrieg in Israel auslösen. Vor diesem Hintergrund fand die Forderung der Hamas nach einer Befreiung ganz Palästinas vom Joch des israelischen Staates immer mehr Anhänger. Außerdem gilt die PLO, die sich nach dem Oslo-Abkommen als Autonomiebehörde im Dienste Israels verpflichtete und als seine Hilfspolizei fungiert, als zunehmend korrupt, unfähig und völlig abhängig von europäischen und US-Geldgebern. Es kam nicht von ungefähr, dass die Hamas 2006 die Wahlen für den Legislativrat sehr zum Unwillen der USA gewann, denn sie lehnte die Ergebnisse des Oslo-Abkommens ab, sowie alle Maßnahmen oder Institutionen, die darauf basierten. Khaled Hroub schreibt dazu: „Im Wahlprogramm für den Legislativrat 2006 wird erklärt, die Wahlbeteiligung der Hamas erfolge ‚im Rahmen eines umfassenden Programms für die Befreiung Palästinas, die Rückkehr des palästinensischen Volkes auf sein Land und die Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt.‘[3]

Es ist hier nicht der Raum für eine ausführliche Darstellung der Geschichte der Hamas, ihrer Auseinandersetzungen mit der Fatah und ihrer politischen Zielsetzungen, aber eines sollte klar sein: Sie ist Bestandteil der palästinensischen Bevölkerung, begreift sich als Befreiungsbewegung und wird erklärbar sowohl aus dem Versagen der Autonomiebehörde und ihrer Anpassungsstrategien als auch den Folgen der immer brutaler werdenden israelischen Besatzungs- und Blockadepolitik. Ihr Handeln erscheint vor dem Hintergrund des Scheiterns jeder Friedensbemühungen als durchaus erklärbar. Die hier vorherrschende Etikettierung der Hamas als terroristisch dient nur dazu jegliche Debatte über die Vorgeschichte und die Bedingungen, unter der sich die Militanz der Hamas entwickelt hat, zu unterbinden und das brutale Eingreifen der israelischen Armee im Gazastreifen, die der Hamas natürlich militärisch völlig überlegen ist, zu legitimieren. Ein Führer der algerischen Befreiungsbewegung (FNL) soll einmal auf die Frage, weshalb sie Bomben in Babytragetaschen transportierten, geantwortet haben: „Gebt ihr uns eure Flugzeuge, dann geben wir euch unsere Babytragetaschen.“ Die Brutalität, mit der die Milizen aus dem Gazastreifen vorgegangen sind, ist Ausdruck einer völligen Asymmetrie in den militärischen Ausgangsbedingungen.

Wie sich dieser Krieg weiterentwickelt, ob er zu einem Flächenbrand wird, der den Libanon, Libyen, den Irak, den Jemen, den Iran und andere arabische Staaten miterfasst oder ob er sich durch amerikanischen Druck noch einhegen lässt, ist zum jetzigen Zeitpunkt offen. Eines aber ist klar: Die Bemühungen Israels durch die Zerstörung des Gazastreifens und der Vertreibung aller BewohnerInnen die Hamas zu zerschlagen wird scheitern. Selbst wenn eine Eliminierung ihrer Führung gelingen sollte, werden neue, noch radikalere Gruppen entstehen, denn die dahinter liegenden Ursachen bleiben. Frieden für die israelische Bevölkerung wird es erst geben ohne die koloniale Besatzungspolitik, wenn Mauern und die Apartheidsstrukturen verschwinden und alle Menschen zwischen Jordan und Mittelmeer die gleichen Rechte besitzen.


[1] junge welt vom 18.10.2023: Haaretz: »Deutschland hat Verantwortung schon lange vernachlässigt«
[2] siehe dazu: Helga Baumgarten, Hamas, der politische Islam in Palästina, München 2006
[3] Khaled Hroub, Hamas – Die islamische Bewegung in Palästina, 2010 Palmyra Verlag Heidelberg


 

5 Kommentare

  1. Deutsche Unterstützung für Israels Kriegsverbrechen
    Ihr schreibt in dem Artikel u.a.: „Sie [die Hamas] ist Bestandteil der palästinensischen Bevölkerung, begreift sich als Befreiungsbewegung und wird erklärbar sowohl aus dem Versagen der Autonomiebehörde und ihrer Anpassungsstrategien als auch den Folgen der immer brutaler werdenden israelischen Besatzungs- und Blockadepolitik. Ihr Handeln erscheint vor dem Hintergrund des Scheiterns jeder Friedensbemühungen als durchaus erklärbar.“
    Nach meiner Ansicht ist der mörderische Angriff auf die Zivilbevölkerung in den grenznahen Siedlungen Israels auch erklärbar aus der jüngsten Entwicklung in Nahost, aus der politischen und diplomatischen Annäherung zwischen Israel und zahlreichen arabischen Staaten, allen voran von Saudi-Arabien. Die brutale Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten drohte auf der internationalen Bühne endgültig in den Hintergrund, bzw. ins Vergessen zu geraten. Die israelische Regierung glaubte das Problem militärisch im Griff zu haben; für die reaktionären arabischen Regimes war es kein Hinderungsgrund für die Normalisierung ihrer Beziehungen zu Israel. Schon 2020 wurden die sogenannten Abraham-Abkommen zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrein geschlossen. Danach folgten Marokko und der Sudan. Neu war, dass für diese Normalisierung keine Bedingungen mehr gestellt wurden: weder ein Rückzug aus den besetzten Gebieten noch ein eigenständiger palästinensischer Staat. Vor dem Angriff der Hamas auf Israel stand aktuell ein Abkommen mit Saudi-Arabien auf der Tagesordnung, das eine enge wirtschaftliche und militärische Kooperation mit Israel vorsah, aber ebenfalls die Palästinafrage völlig ausklammerte.
    Insofern war der für die israelische Regierung und ihre Armee scheinbar überraschende Überfall aus dem Gaza zugleich auch ein Hilferuf an die arabischen Massen, um diese diplomatische Annäherung zu torpedieren. Diese hätte die weitere zionistische Besetzung und Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung für Jahre oder Jahrzehnte diplomatisch festgeschrieben. In den vergangenen beiden Jahrzehnten hatte kaum eine Regierung des „werteorientierten“ Westens das Leid und die Unterdrückung der Bevölkerung in Palästina zur Kenntnis genommen oder öffentlich angeprangert. Dies änderte sich auch nicht nach der Bildung der israelischen Regierung Netanjahu mit seinen reaktionären und rechtsextremen Koalitionspartnern. Auch für die Regierungen in den arabischen Staaten der Region stellte dies kein Hinderungsgrund für die Annäherung an Israel dar.
    Unter den Massen in den arabischen und moslemischen Ländern stieß der Angriff aus dem Gaza auf Sympathie und Unterstützung, galt als Akt des palästinensischen Widerstandes. Diese Massenstimmung zwang die arabischen Regierungen die Annäherung an Israel vorläufig auszusetzen. Ein politisches Ziel der Hamas, die militärisch der israelischen Armee völlig unterlegen ist, wurde zumindest vorübergehend erreicht. Die westlich orientierten arabischen Autokraten unterbrachen ihre Annäherung an die rechtsnationale Regierung in Israel. Statt des Schmusekurses ist nun die öffentliche Israel-Kritik angesagt – verbunden mit der seit Jahrzehnten erhobenen Forderung nach einer Zwei-Staaten-Lösung.
    Die Reaktion der israelischen Regierung findet in erster Linie auf der militärischen Ebene statt, dem Angriff auf die Bevölkerung und die Infrastruktur im Gazastreifen. Ziel ist es die Hamas zu vertreiben und zu vernichten. Diplomatisch wird dies vom Westen gedeckt mit dem Hinweis auf das „völkerrechtlich verbriefte Recht auf Selbstverteidigung Israels“. Aber nicht nur diplomatisch, auch militärisch wird Israel unterstützt, beispielsweise durch die Entsendung von zwei US-Flugzeugträgern ins östliche Mittelmeer. Die Warnung vor dem Eingreifen mit dem Iran verbündeter Kräfte, wie der Hisbollah im Libanon, unterstreicht die US-Regierung bereits mit Bombardierungen von „irantreuen“ Milizen und Kräften in Syrien und dem Irak.
    Ob es zu einer Ausweitung der militärischen Auseinandersetzungen kommen oder ob es Israel und seinen westlichen Verbündeten gelingen wird, dies zu verhindern bleibt offen. Natürlich ist die israelische Armee in der Lage, die Hamas militärisch zu besiegen. Eine Lösung im palästinensisch-israelischen Konflikt würde dies nicht darstellen. Ein Sieg über die Hamas würde nur neue, noch militantere Organisationen entstehen lassen.
    Eine Zwei-Staaten-Lösung, wie es der UN-Teilungsplan von 1947 vorsah und wie es im Oslo-Abkommen von 1993 vereinbart wurde, ist durch die beständig vorangetriebene israelische Siedlungspolitik nicht mehr möglich. Besonders seitdem Netanjahu Premierminister ist, wurde der Ausbau jüdischer Siedlungen auf palästinensischen Boden forciert. Damit wurde einer Zwei-Staaten-Lösung die Grundlage entzogen. Denn eine Räumung der jüdischen Siedlungen mit seinen 600.000 Bewohner:Innen in der besetzten Westbank würde fast zwangsläufig zu einem Bürgerkrieg in Israel führen.
    Solange Israel an seinem Anspruch festhält, ein ausschließlich jüdischer Staat zu sein, wird es keine friedliche Lösung geben können. Der Weg zu einem gerechten Frieden in Nahost ist ein langer und beschwerlicher. Er bedarf grundlegender Veränderungen in Israel selbst. Er setzt voraus, dass die große Mehrheit unter der jüdischen Bevölkerung in Israel bereit ist von ihren zionistischen Überzeugungen und Zielen abzurücken und gleichberechtigt mit der palästinensischen Bevölkerung in einem säkularen Staat zusammenzuleben.

  2. An die GenossInnen der Gruppe Arbeiterpolitik

    In der Nr.4 2023 beschäftigt ihr euch ausschließlich mit den blutigen
    Kämpfen in Israel Palästina.
    Verurteilt wird darin das massive militärische Eingreifen Israels im
    Gaza Streifen und deren Unterstützung durch die Bundesregierung. Was
    eher beiläufig in der Nummer Erwähnung findet ist der Anlass dessen,
    nämlich das Massaker an 1400 Israelis und die Entführung von über 200
    Geiseln durch die Hamas.
    Nur das Leid der Palästinenser dar zu stellen, könnte man als einen
    erstaunlichen Mangel an Empathie für die israelische Opfer abtun, jedoch
    hat die Zeitung wohl eher den Anspruch aus kommunistischer Sicht vom
    Klassenstandpunkt aus einen solchen Konflikt zu analysieren. Aber wird
    der eingelöst ?
    Die Hamas wird nicht ausdrücklich aber vom Tenor her als
    Befreiungsbewegung dargestellt. Jedoch ist diese aus der
    Muslimbruderschaft hervorgegangene Organisation eine zutiefst religiöse
    nationalistische Bewegung, der jegliche befreienden Elemente von
    subalterne Schichten der palästinensischen Bevölkerung abgehen. Haben
    wir in der Vergangenheit gesehen, wie Befreiungsbewegungen sich
    innerlich durch jahrelange militärische Konflikte zersetzt haben und
    meist nur noch eine nationalistische autoritäre Hülle übrig blieb, war
    genau dies verbunden mit einer religiöser Heilslehre der Ausgangspunkt
    des Erstarkens der Hamas.
    Wieso sich eine solche Organisation in Palästina durchgesetzt hat kann
    man erklären und analysieren. Es dabei aber ohne eigene Positionierung
    zu belassen kommt einer Solidarisierung gleich. Ich finde da ist völlig
    der Kompass verloren gegangen. Mit dem gleichen Maßstab kann man sich
    mit dem IS, den Taliban in Afghanistan, oder dem Mullah Regime im Iran
    solidarisieren. Auch diese Bewegungen oder mittlerweile Regime sind aus
    antikolonialen Kämpfen hervorgegangen.

    Ich finde man muss sich der rechtsradikalen israelischen Regierung und
    deren Unterstützung durch die Bundesregierung entgegen stellen, aber
    gleichzeitig muss man sich von dem brutalen Terror einer religiös
    nationalistischen Organisation wie der Hamas distanzieren. Beide sind
    zwei Seiten der gleichen Medaille und haben nichts mit Befreiung zu tun.

    Udo

  3. In dem Kommentar von Udo kann ich Kernaussagen, zugespitzt darauf, dass „man sich von dem brutalen Terror einer religiösnationalistischen Organisation wie der Hamas distanzieren“ muss, ohne weiteres teilen. Seine Schlussfolgerung, dass es „dabei aber ohne eigene Positionierung zu belassen, … einer Solidarisierung gleich“ komme und „der Kompass verloren gegangen“ sei, finde ich überzogen. In dem Heft 4/2023 geht der Artikel „Deutsche Unterstützung für Israels Kriegsverbrechen“ auf den Seiten 3 und 4 unter der Zwischenüberschrift „Die Ursachen der Gewalt“ auf die Hamas und ihren politischen Charakter durchaus ein. Es heißt dort aber auch: „Es ist hier nicht der Raum für eine ausführliche Geschichte der Hamas, ihrer Auseinandersetzungen mit der Fatah und ihrer politischen Zielsetzungen … .“ Weiter wird gesagt, „… sie (!, d. h. nicht die Einschätzung des Autors) begreift sich als Befreiungsbewegung …“. Ich verstehe, dass das einigen bis vielleicht vielen Leser:innen als zu schwach erscheint, aber daraus eine „Solidarisierung“ zu schließen, finde ich abwegig. Ich persönlich würde übrigens keine „ausführliche Geschichte der Hamas“ schreiben wollen, eben weil das religiöse Selbstverständnis von meinem Denken so weit weg ist, dass ich in dessen Darstellung wohl kaum etwas richtig machen könnte. Im Kern geht es um die Lage der palästinensischen Bevölkerung. Ich persönlich ziehe es vor, auf Kundgebungen, auf denen ich etwas sagen soll, zu fordern, dass die Shoa und die Nakba gleichberechtigt ihren Platz finden müssen und dass die historischen Hintergründe und Zusammenhänge zutreffend vermittelt werden. Eine Utopie? Ja sicher! Aber wie ginge es ohne sie weiter?

  4. Antwort auf den Kommentar von Udo
    Udo wirft uns Einseitigkeit und „einen erstaunlichen Mangel an Empathie für die israelische Opfer“ vor. Danach kritisiert er, dass „die Hamas nicht ausdrücklich aber vom Tenor her als Befreiungsbewegung dargestellt“ wird. Er spricht ihr den Anspruch ab, eine Befreiungsbewegung zu sein, weil er keinen fortschrittlichen und emanzipatorischen Inhalt sieht, und er wirft der Hamas ihre zutiefst religiöse und nationalistische Ausrichtung vor. Danach stellt er fest, dass „wir in der Vergangenheit gesehen haben, wie Befreiungsbewegungen sich innerlich durch jahrelange militärische Konflikte zersetzt haben und meist nur noch eine nationalistische autoritäre Hülle übrig blieb?“
    Mit dieser Feststellung erklärt er indirekt, warum sich Hamas durchsetzen konnte. Aus der PLO und ihrer stärksten Fraktion der AL FATAH blieb nur noch eine autoritär und nationalistische Hülle. Sie hat sich nach dem Oslo-Abkommen der israelischen Regierung als Ordnungsmacht in und für die besetzten Gebiete zur Verfügung gestellt. Erst die Enttäuschung darüber ließ die Hamas, einen Ableger der ägyptischen Moslembruderschaft, erstarken – und zwar nachdem sie über lange, interne Diskussionen den bewaffneten Kampf aufnahm und gegen die Ergebnisse des Oslo-Ankommens opponierte.
    Zum Schluss fordert Udo, dass man sich von der „rechtsradikalen israelischen Regierung“ und gleichzeitig „von dem brutalen Terror einer religiös nationalistischen Organisation wie der Hamas distanzieren“ muss. Er sieht in beiden „zwei Seiten der gleichen Medaille, die nichts mit Befreiung zu tun haben“.
    Dieser Aussage möchte ich heftig widersprechen. Es sind nicht zwei Seiten einer Medaille, sondern zwei höchst unterschiedliche Medaillen. Die eine agiert aus der Position der absoluten Überlegenheit. Der israelische Staat hat aus dem Gaza-Streifen das größte Freiluftgefängnis der Welt gemacht, in dem er 2,3 Millionen Palästinenserinnen wie Tiere gehalten hat, die nun abgeschlachtet und vertrieben werden. Die „jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ hat sich deshalb nicht von der Aktion der Hamas distanziert, sondern deren Aktion als „Gefängnisausbruch“ charakterisiert.
    Der konkrete Verlauf der Aktion vom 7. Oktober, an der auch die PFLP beteiligt war, bestätigt dies. Nachdem Teile der Gefängnismauer niedergerissen waren, strömten auch tausende jugendlicher Palästinenser:Innen nach Israel. Sie trafen auf unbewachte, ansonsten militärisch gesicherte Grenzorte, weil die israelischen Truppen in das Westjordanland beordert waren, um die israelischen Sieder bei ihren mörderischen Aktionen der Vertreibung zu unterstützen.
    Die zu verurteilende Brutalität gegenüber israelischen Zivilisten lässt sich aus dem Hass erklären, der aus jahrzehntelanger Unterdrückung und Demütigung entsteht. Die Kämpfer als auch die Zivilisten, die nach Israel eindrangen, haben in ihrem Leben bisher nie etwas anderes erfahren.
    Die Stellungnahme von Udo wirft für mich die Frage auf: Dürfen sich die Palästinenser nicht mehr gegen Besatzung, Vertreibung, Unterdrückung und Apartheid wehren, weil es keine Befreiungsbewegung gibt, die unseren Hoffnungen, Wünschen und Ansprüchen genügt? Und geht es nicht zunächst darum, die besetzten Gebiete zu befreien?
    Eine Neutralität kann es aus Sicht der Arbeiterpolitik in den Auseinandersetzungen zwischen Israel und der seit Jahrzehnten von Besatzung, Vertreibung und Unterdrückung betroffenen palästinensischen Bevölkerung nicht geben. Wir können sie auch nicht davon abhängig machen, dass die Unterdrückten über eine nach unseren Maßstäben oder Vorstellungen fortschrittliche Befreiungsbewegung verfügen. Wie sollte eine solche Befreiungsbewegung mit „sozialistischen“ Forderungen und Zielen in einem Freiluftgefängnis sich herausbilden können. Udos Stellungnahme verdeutlicht eine Schwäche der deutschen Linken auf der Suche nach vorbildlichen Bewegungen und Entwicklungen, mit denen sie sich solidarisieren können. Die Realität deckt sich aber nur selten mit deren theoretischen, ideologischen und philosophischen Ansprüchen.
    Wer in Nahost Unterdrücker und Unterdrückte sind, das ist offensichtlich, dazu bedarf es keiner tiefgründigen Analysen. Die „Jüdische Stimme“, die Zugewanderten (die migrantischen communities), als auch große Bevölkerungskreise im „globalen Süden“ haben dies klarer erkannt als zahlreiche Menschen aus der deutschen Linken. Die bleiben häufig in ihren moralischen, ideologischen und philosophischen Vorstellungen gefangen; sie verhalten sich neutral, bleiben zwischen den Stühlen sitzen, weil sie in oder von keiner Bewegung ihre Ideale verwirklicht bzw. eingefordert sehen.

    • Nochmal an die GenossInnen der Gruppe Arbeiterpolitik, zu Andis Antwort
      auf meinen Kommentar:

      Andi ordnet meinen Kommentar wie folgt ein:

      „…zahlreiche Menschen aus der deutschen Linken. Die bleiben häufig in
      ihren moralischen, ideologischen und philosophischen Vorstellungen
      gefangen; sie verhalten sich neutral, bleiben zwischen den Stühlen
      sitzen, weil sie in oder von keiner Bewegung ihre Ideale verwirklicht
      bzw. eingefordert sehen.“
      Ein vernichtendes Urteil. In der Linken hat sich leider wie hier ein
      konfrontativer und damit unfruchtbarer Diskussionsstil entwickelt. Es
      fällt schwer da nicht ähnlich polemisch und abgrenzend zu antworten. Ich
      habe lange überlegt, ob ich darauf reagieren möchte, will es aber
      dennoch versuchen:

      Andi widerspricht vor allem meiner Einschätzung, dass die rechte
      israelische Regierung und die Hamas zwei Seiten der gleichen Medaille
      sind. Ich will das nochmal bekräftigen oder präzisieren: Es geht mir um
      ihre politische Ausrichtung, die beidseits zutiefst religiös und
      nationalistisch ist und beide Seiten sehen die Lösung in einem
      militärischen Vorgehen und damit in einer ethnischen Vertreibung oder
      gar Auslöschung der Gegenseite. Andi’s einziges Gegenargument ist, dass
      das israelische Militär der Gegenseite deutlich überlegen ist. Keine
      Frage, aber auch in einer unterlegenen Position kann nicht jedes Mittel
      legitim sein und hat vor allem nicht automatisch einen befreienden
      Charakter. Er stellt dann die Frage: „Dürfen sich die Palästinenser
      nicht mehr gegen Besatzung, Vertreibung, Unterdrückung und Apartheid
      wehren, weil es keine Befreiungsbewegung gibt, die unseren Hoffnungen,
      Wünschen und Ansprüchen genügt?“ Er sieht also für die Palästinenser als
      Widerstandsmöglichkeit einzig eine militärische unter Führung der Hamas.
      Nach der 2. Intifada setzte die Hamas auf Selbstmordattentate, nicht mal
      gegen das israelische Militär, sondern gegen die Zivilbevölkerung. Jetzt
      greift sie in einer Situation, in der es in Israel nach langer Zeit
      massive Proteste gegen die rechte Netanjahu Regierung gab, ein linkes
      Musikfestival und Kibbuz an und richtet ein beispielloses Massaker an,
      das diese mächtige Bewegung in Israel erst mal mundtot gemacht hat und
      jüdischen Israelis wieder nur noch eine militärische Antwort zu bleiben
      scheint. Sie hat damit zumindest vorläufig Netanjahu den Arsch gerettet
      und jegliche Hoffnung auf eine Beseitigung der rechten Regierung und
      damit eine Hoffnung der Linken in Israel auf eine politische nicht
      militärische Lösung mit den Palästinensern vorläufig zu Nichte gemacht.
      Beide Seiten scheinen sich gegenseitig zu brauchen, um ihre politische
      Agenda in der jeweiligen Bevölkerung durchsetzen zu können.
      Eine wirkliche Lösung, kann es nur geben, wenn dieser religiös
      nationalistische Diskurs überwunden wird und sich sowohl unter der
      jüdischen wie der palästinensischen Bevölkerung sich wieder eine Linke
      durchsetzt, die einen gemeinsamen politische Weg anstrebt. Was eben vor
      allem eine soziale und eher nicht eine nationale Befreiung beinhalten
      muss. Auch wenn diese Kräfte noch sehr marginal sind, gilt es diese zu
      unterstützen und nicht die Hamas, die dem seit Jahren entgegensteht.
      Dazu gehört im übrigen auch die von Andi erwähnte „jüdische Stimme“. Sie
      als Unterstützerin der Hamas darzustellen, ist schon sehr gewagt, dies
      tun bislang erst staatliche Stellen hier zu Lande.
      Das in Deutschland sich viele Palästinenser nicht dem staatlichen
      Bekenntnisdruck – sich von der Hamas zu distanzieren – beugen wollen,
      hat damit zu tun, dass dieser sich eindeutig hinter die rechte
      israelische Regierung und deren Massaker in Gaza stellt. Sich dem zu
      verweigern, heißt aber nicht automatisch sich mit der Hamas zu
      solidarisieren und deren Taten zu gut zu heißen.
      Udo

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