Mit ihrem Schweigen bzw. der teilweise offenen Unterstützung des Kriegskurses der Bundesregierung stehen die DGB-Gewerkschaften international immer isolierter dar. Wir dokumentieren zwei Beispiele aus der jüngsten Zeit. Erstens einen Bericht über die Haltung und Aktionen griechischer Gewerkschaftsmitglieder im Hafen von Piräus und zweitens die Stellungnahmen von mehreren Gewerkschaften aus den USA, dokumentiert und eingeleitet durch das Gewerkschaftsforum Hannover.
1. Hafenarbeiter verhindern das Entladen von Kriegsmaterial für Israel
Das Schiff MSC ALTAIR sollte im Hafen von Piräus einlaufen, um Kriegsmaterial zu entladen. Hafenarbeiter von COSCO, vertreten durch die Gewerkschaft ENEDEP (Piraeus Port Containers Workers Union), konnten dies jedoch erfolgreich verhindern.
Als die ENEDEP erfuhr, dass das Schiff in Piräus anlegen würde, kündigte sie an, das Entladen von für den Gazastreifen bestimmtem Kriegsmaterial nicht zuzulassen. Sie riefen für Samstagmittag zu einer Mobilisierung auf, um diese Entscheidung durchzusetzen.
„Diese Entwicklung ist einer der wichtigsten Siege in unserem zehnjährigen syndikalistischen Kampf“, erklärte die Gewerkschaft ENEDEP und hob die Bedeutung ihrer Aktion hervor. Sie rief auch die italienischen Hafenarbeiter auf, ihrem Beispiel zu folgen, und erklärte: „Die Hafenarbeiter der Welt stehen vereint in Solidarität mit Palästina, bis es frei ist.“
Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) unterstützte diese Aktion, indem sie heute morgen einen breiten Streik und eine Intervention am Pier I der Hafenbehörde von Piräus (PPA) durchführte. Die Mitglieder der KKE unterstützten die Haltung der Hafenarbeiter gegen das Entladen des für Israel bestimmten Kriegsmaterials
Die Parteimitglieder verteilten eine Mitteilung der Branchenorganisation von Piräus, in der es hieß: „Dieses Schiff hat, nachdem es nicht im Hafen von Barcelona anlegen konnte, den Pier I der PPA angesteuert. Die entschlossene Haltung der Hafenarbeiter hat jedoch die Pläne der US-NATO und der griechischen Regierung durchkreuzt, die uns immer mehr in die Pläne der US-NATO verwickelt, sei es durch die Unterstützung der Tötungsmaschine der NATO oder durch die Entsendung von militärischem Material und Personal in Konfliktgebiete“.
Zu den anwesenden Persönlichkeiten gehörten Nikos Ambatielos, Mitglied des Zentralkomitees und Abgeordneter für A‘ Piräus, Petros Markomihalis, Mitglied des Zentralkomitees und Sekretär des Transportbüros der Genossenschaft Attika, George Kalamaras, Mitglied des Regionalkomitees Attika der KKE und stellvertretender Generalsekretär des Arbeitszentrums Piräus[1], und Sotiris Poulikogiannis, Vorsitzender des Metallgewerkschaftsbundes von Attika und der Schiffbauindustrie Griechenlands.
Übersetzung aus „The Press Project“ vom 16. Juli 2024
2. Stellungnahmen von sieben US-Gewerkschaften
Während die DGB-Gewerkschaften hierzulande an ihrer Nibelungentreue zum Kolonialstaat Israel festhalten und damit einmal mehr der deutschen Staatsräson gehorchen, gibt es aus der internationalen Gewerkschaftsbewegung zahlreiche und zunehmende Proteste gegen die israelische Politik. Das Massaker der rechtsextremen Netanjahu-Regierung im Gaza-Streifen mit rund 40.000 Toten und fast 90.000 Verwundeten sowie der blutigen Repression mit fast täglichen Militärrazzien, mehr als 500 getöteten und fast zehntausend in israelische Gefängnisse verschleppten Palästinensern in der West Bank wird dort nicht einfach hingenommen.
Stellvertretend seien hier nur die entsprechenden Stellungnahmen globaler Gewerkschaftsbünde wie der Internationalen Transportarbeiterföderation (ITF), von UNI & ITUC (bzw.: IGB) und der Internationalen Journalisten-Föderation (IFJ) erwähnt:
Für erhebliches Aufsehen sorgt nun die Forderung von sieben US-Gewerkschaften an die Adresse der Biden / Harris-Administration nach einer Beendigung der Militärhilfe für Israel. Darüber berichtete die USA-Ausgabe der linksliberalen britischen Tageszeitung „The Guardian“ am 23.7.2024. Auch die New York Times, Jacobin, Labour Notes und viele andere brachten Berichte dazu.
Zu dieser Gruppe gehören auch einige der wichtigsten Gewerkschaften der Vereinigten Staaten: die Bildungsgewerkschaft NEA mit drei Millionen Mitgliedern, die Dienstleistungsgewerkschaft SEIU mit rund zwei Millionen Mitgliedern, die Automobilarbeiterunion UAW mit 400.000 Mitgliedern und die Postgewerkschaft APWU mit 222.000 Organisierten.
Hier folgend der von uns übersetzte „Guardian“-Artikel. Eine Weiterverbreitung innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften ist äußerst wünschenswert!
Die Homepage des in dem Artikel erwähnten National Labor Network for Ceasefire findet ihr hier.
Sieben große US-Gewerkschaften fordern Biden auf, „die Militärhilfe für Israel einzustellen“
In einem Brief an den US-Präsidenten heißt es: „Unsere Gewerkschaften sind entsetzt, dass diese anhaltende Tragödie mit unseren Steuergeldern finanziert wird.“
Michael Sainato
Sieben große US-amerikanische Gewerkschaften, die rund 6 Millionen Arbeitnehmer vertreten, haben am Dienstag ein Schreiben an Joe Biden gerichtet, in dem sie seine Regierung auffordern, vor dem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in dieser Woche in den USA „unverzüglich alle Militärhilfen für Israel einzustellen“.
Zu den Gewerkschaften, die den Brief unterzeichnet haben, gehören die Association of Flight Attendants (AFA), die American Postal Workers Union (APWU), die International Union of Painters (IUPAT), die National Education Association (NEA), die Service Employees International Union (SEIU), United Auto Workers (UAW) und United Electrical Workers (UE).
„Unsere Gewerkschaften hören die Schreie der Menschheit, während dieser gemeine Krieg weitergeht“, sagte Mark Dimondstein, der Präsident der APWU, in einer Pressemitteilung. „Die arbeitenden Menschen und unsere Gewerkschaften sind entsetzt, dass diese anhaltende Tragödie mit unseren Steuergeldern finanziert wird. Wir brauchen jetzt einen Waffenstillstand, und der beste Weg, dies zu erreichen, ist die Einstellung der US-Militärhilfe für Israel.“
In dem Schreiben brachten die Gewerkschaften ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass der im Mai 2024 angekündigte dreiteilige Waffenstillstandsplan des US-Präsidenten angesichts der anhaltenden Gewalt in Gaza nicht in vollem Umfang akzeptiert wurde. „Eine große Anzahl palästinensischer Zivilisten, darunter viele Kinder, wird weiterhin getötet, Berichten zufolge häufig durch von den USA produzierte Bomben. Die zunehmenden Spannungen in der Region drohen, noch mehr unschuldige Zivilisten in einen größeren Krieg zu verwickeln. Und die humanitäre Krise verschärft sich von Tag zu Tag, mit Hungersnöten, Massenvertreibungen und der Zerstörung grundlegender Infrastrukturen wie Schulen und Krankenhäusern. Wir haben direkt mit führenden Vertretern der palästinensischen Gewerkschaften gesprochen, die uns herzzerreißende Geschichten über die Bedingungen der Beschäftigten in Gaza erzählten“, schreiben die Gewerkschaften in dem Brief.
„Es ist jetzt an der Zeit, entschlossen zu handeln, um diesen Krieg zu beenden. Die Einstellung der US-Militärhilfe für Israel ist der schnellste und sicherste Weg, um dies zu erreichen. Das ist es, was das US-Recht verlangt und es wird Ihr Engagement für die Sicherung eines dauerhaften Friedens in der Region zeigen.“
Anfang dieses Jahres haben die US-Gewerkschaften das National Labor Network for Ceasefire ins Leben gerufen, das von Dutzenden lokaler Gewerkschaften in den USA unterzeichnet wurde, darunter die Unterzeichner des Briefes sowie die Krankenschwestergewerkschaft National Nurses United.
Der Brief kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Aktivisten diese Woche in Washington DC Protestdemonstrationen gegen Netanjahus Besuch planen – seinen ersten Besuch in den USA seit dem 7. Oktober ((2023). Tausende von Demonstranten werden in Washington DC erwartet, um ein Ende der US-Hilfe für Israel zu fordern, die den Krieg im Gazastreifen angeheizt hat.
Aus: „The Guardian“ 23. Juli 2024
Übersetzung und Einfügung in doppelten Klammern:
Gewerkschaftsforum Hannover
[1] Die Arbeiterzentren sind die regionalen Zusammenschlüsse der Gewerkschaften, vergleichbar mit den DGB-Ortskartellen in der BRD.
Auf die Forderung der sieben großen US-Gewerkschaften von Mitte Juli 2024 an die Biden-Harris-Regierung, „alle Militärhilfen für Israel unverzüglich einzustellen“, um Druck für ein Ende des Massakers an den Palästinensern im Gaza-Streifen zu machen, haben das US-Außenministerium und das Pentagon nun de facto geantwortet:
Die von der Demokratischen Partei kontrollierte US-Exekutive wird dem wichtigsten militärischen Vorposten der „westlichen Wertegemeinschaft“ im Mittleren Osten weitere Waffen und Munition im Wert von rund 20 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen. Netanjahus Kriegsminister Yoav Gallant bedankte sich umgehend beim großen Bruder in Washington. Zur Erinnerung: Gallant hatte im letzten Oktober verkündet:
»Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend.« Dieser rassistischen Hetze folgten entsprechende Taten, wie bislang mindestens 40.000 getötete und circa 100.000 verwundete Palästinenser bezeugen – um von den immensen Zerstörungen in der Enklave gar nicht zu reden.
Dieses „Hilfspaket“ ist auch eine deutliche Botschaft der US-Demokraten und ihrer Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris an die Adresse der antimilitaristischen und antikolonialen Kräfte innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften.
Das renommierte italienische Militärmagazin „Analisi Difesa“ hat heute präzise aufgelistet um welche Geschenke an die Besatzungsmacht es sich handelt. Im Folgenden unsere Übersetzung des Beitrags, dessen Original hier zu finden ist:
https://www.analisidifesa.it/2024/08/dagli-usa-20-miliardi-di-aiuti-militari-a-israele-inclusi-50-aerei-da-combattimento-f-15ia/
„Analisi Difesa“ 14. August 2024
20 Milliarden US-Militärhilfe für Israel, darunter 50 F-15 IA-Kampfflugzeuge
Redaktion
Das US-Außenministerium hat den Verkauf von Militärgütern im Wert von mehr als 20 Milliarden Dollar an die israelische Regierung genehmigt. Dies wurde gestern in einer Erklärung der Defence Security Cooperation Agency (DSCA) bekannt gegeben.
Die Genehmigungen betreffen von Israel beantragte Lieferungen: Dabei handelt es sich um bis zu 50 F-15IA-Mehrzweckkampfflugzeuge, Mid-Life-Update-Modifikationssätze für die 25 F-15I-Flugzeuge, die bereits bei der israelischen Luftwaffe im Einsatz sind; 120 F110-GE-129-Triebwerke und andere Ausrüstungen für die F-15 (90 Advanced Display Core Processors II, 75 APG-82(V)1 Active Electronically Scanned Array-Radare, 50 AN/AAQ-13 LANTIRN-Navigationspods, 320 fortschrittliche LAU-128-Luft-Luft-Raketen mittlerer Reichweite, 25 M61A-Vulcan-Kanonen, 180 Embedded Global Positioning System / Inertial Navigation System-Geräte sowie weitere Ausrüstung).
Die Gesamtkosten des F-15-Programms, dessen Hauptauftragnehmer Boeing ist, werden auf 18,82 Mrd. US-Dollar geschätzt, wobei die Auslieferungen im Jahr 2029 beginnen sollen, während der Ausgleich für die israelische Industrie in künftigen Verhandlungen festgelegt wird.
Das US-Hilfspaket umfasst auch mittlere taktische Fahrzeuge des Typs Oshkosh FMTV M-1148 A1P2 (Kosten: 583,1 Mio. US-Dollar) und eine Menge Munition, die zur Unterstützung der Kriegsanstrengungen der israelischen Armee benötigt wird: 32.739 120-mm-Geschosse für Merkava-Panzerkanonen (774,1 Mio. USD) und 50.000 M-933 A1-Geschosse, ebenfalls 120 mm, für Mörser (61,1 Mio. USD).
Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant dankte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und US-Außenminister Anthony Blinken für die Genehmigung des Verkaufs von F-15-Kampfflugzeugen. „Ich danke Verteidigungsminister Austin und Außenminister Blinken für die Förderung von Initiativen zur Stärkung der Streitkräfte, die Israel helfen, seinen qualitativen militärischen Vorsprung in der Region auszubauen und zu erhalten. Dazu gehören die Aufnahme der F-15 IA in die Kampfflugzeugflotte der Israelischen Luftwaffe (IAF) und die Bereitstellung wichtiger Munition, um Israels Fähigkeiten und Sicherheit zu gewährleisten“, behauptete Gallant in einem Beitrag auf „X“.
(Übersetzung: Gewerkschaftsforum Hannover)