Die Frage lautet nicht ob, sondern wann die Brandmauer gegenüber der AfD fällt

„Brandmauer“ – Demo 2024
Quelle: Wikipedia

Bisher beteuern die Vorstände der Unionsparteien, von SPD, FDP und Grünen noch, dass es auch weiterhin zu keiner Annäherung an die AfD kommen soll und Koalitionen mit ihr auch auf Länderebene nicht erwünscht seien. Diesen Beteuerungen können wir genau so wenig vertrauen wie den Versprechungen vor Wahlen, die nur dazu dienen, sich die Stimmen der eigenen Anhängerschaft aber auch von Unentschlossenen oder Wechselwählern zu sichern. Die Anzeichen mehren sich, dass die Brandmauer vor allem aus dem konservativen Lager bald eingerissen wird. Spätestens nach der Bundestagswahl am 23. Februar und der anschließenden Regierungsbildung werden die Risse innerhalb der Unionsparteien sichtbar, weil sie öffentlich ausgetragen werden.

Auf europäischer Ebene wurde zur Besetzung der EU-Kommission die Unvereinbarkeit mit rechtspopulistischen und ultranationalistischen Parteien längst ad acta gelegt. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit der konservativen Parteienfamilie EVP unter Vorsitz des CSU-Mitglieds Manfred Weber mit den Rechtspopulisten, um sich deren Zustimmung zu wichtigen Personalentscheidungen zu sichern. Ein andres Beispiel ist die enge und freundschaftliche Beziehung der Kommissionspräsidentin von der Leyen zur italienischen Ministerpräsidentin Meloni. Warum sollte ausgerechnet in Deutschland eine Brandmauer aufrechterhalten werden, wenn in zahlreichen europäischen Staaten die Entwicklungen in eine andere Richtung weisen?

Der Versuch aller anderen parlamentarischen Parteien, den Aufschwung der AfD zu begrenzen, indem sie sich deren Forderungen zu eigen machten oder in Regierungshandeln umsetzten, brachte bisher keine Erfolge. Die Zeiten von Franz-Josef Strauß, nach dessen Aussagen es keine Kraft rechts der Union geben dürfe, sind längst vorbei. Damals deckten die Unionsparteien ein breites Spektrum ab, von christlich-sozialen, wirtschaftsliberalen, konservativen-nationalen bis hin zu völkisch-nationalistischen Überzeugungen. Es gelang ihr den Aufstieg der NPD, die Ende der 1960er Jahre in mehrere Landesparlamente eingezogen war, zu bremsen und sie wieder aus den Parlamenten zu drängen. Doch diese Zeiten sind längst vorbei und werden nicht zurückkehren.

„Die Welt“, Flaggschiff des Springer-Konzerns, öffnete sich – auf Geheiß von höchster Stelle – für einen Gastartikel von Elon Musk. Dort durfte er Wahlwerbung verbreiten, indem er die AfD als letzte Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland bezeichnete. Die Botschaft des Springer-Konzerns war deutlich. Hebt endlich die Diffamierung und Ausgrenzung auf, weil sie das Gegenteil des Erhofften bewirkt. Sie schwächt nicht, sondern stärkt die AfD. In den Unionsparteien dürfte dies auf viel Zustimmung stoßen. Denn in wirtschafts- und sozialpolitischen Positionen sind die Übereinstimmungen mit der AfD größer, als zu den ungeliebten Koalitionspartnern von BSW, SPD oder Grünen in Sachsen und Thüringen.

Die Regierungsbildung in Österreich liefert einen Hinweis darauf, wie rasch die Standfestigkeit von konservativen Parteien zerbricht und sich ihr Versprechungen in Luft auflösen. „An diesem Wochenende hat der ÖVP-Wirtschaftsflügel in seiner Partei vorerst das Kommando übernommen, offenbar ohne größeren Plan. […] Die Volkspartei hat ihren Anspruch aufgegeben, eine Regierung anzuführen. In keinem der noch zur Verfügung stehenden Szenarien hat die ÖVP den Kanzler-Anspruch. So brütet die Partei darüber, wer der FPÖ nun den ÖVP-Dackel machen könnte. […] Ergebnis: Die Partei liegt in Trümmern. Noch schlimmer: Österreich wurde in ein politisches Chaos gestürzt, das dank FPÖ ungeahnte Folgen für Demokratie, Rechtsstaat und internationale Rolle mit sich bringen kann. […] Einflussreiche Stimmen aus der Industrie warben daher schon früh für eine blau-schwarze Verbindung. Öffentlich etwa Stefan Pierer, Chef des krisengebeutelten KTM oder Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, der meinte: ‚Beim Wirtschaftsprogramm der FPÖ sehen wir eine sehr große Deckungsgleichheit mit jenem der ÖVP‘.“

So beschrieb „Der Standard“ vom 5. Januar 2025 die Regierungsbildung in Wien. Die Frage lautet: War dies die Generalprobe für zukünftige Koalitionen in Deutschland? Die Antwort darauf folgt wohl nach der Wahl am 23. Februar. Auf jeden Fall steigen die Chancen der AfD für eine Regierungsbeteiligung.


 

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