Der Einstieg in die 42-Stunden-Woche – Der Reallohnverlust wurde nicht gestoppt!
Die Tarifrunde betrifft gut 2,7 Millionen Lohnempfänger bei Bund und Kommunen. Beim Bund sind 154.000 und bei den Kommunen 2,535 Mill. Lohnempfänger beschäftigt.
Ver.di verhandelt zugleich für die GEW, die GDP und die IG BAU. Geführt werden die Verhandlungen von Frank Werneke, dem ver.di-Vorsitzenden, und Christine Behle, der stellvertretenden Vorsitzenden. Der dbb beamtenbund und tarifunion (dbb) ist mit seinem Verhandlungsführer Volker Geyer auf der Gewerkschaftsseite vertreten.
Auf Arbeitgeberseite werden die Verhandlungen von Karin Welge (SPD), der Präsidentin der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber (VKA), und von Nancy Faeser (SPD), der noch amtierenden Bundesinnenministerin, geführt.
Es handelte sich um eine für die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften schwierige Tarifrunde. Es war wohl die erste Tarifrunde im öffentlichen Dienst, die unmittelbar nach dem von einem der Koalitionspartner erzwungenen Scheitern der Bundesregierung geführt wurde. Die FDP hatte sich mit ihren wirtschaftspolitischen Vorstellungen abgeseilt. Diese stimmten mit denen der in der Opposition befindlichen CDU/CSU im Wesentlichen überein. Wahlkampf und Neuwahlen fanden während der laufenden Tarifrunde statt. Bei dem sich abzeichnenden Regierungswechsel zugunsten der CDU/CSU wurde damit gerechnet, dass die Wirtschaft – also die Interessen der Kapitalisten und der Investoren – wieder um einiges mehr Berücksichtigung finden und die Interessen der Lohnabhängigen und Empfänger staatlicher Leistungen wieder weiter hintenangestellt werden, als das bisher der Fall war. Klar ist auch, dass ökologische Fragen in den Hintergrund gerückt werden. Die Hauptsache ist, dass die Profite stimmen!
Das BIP ist preisbereinigt 2023 gegenüber 2022 um 0,3% und 2024 gegenüber 2023 um 0,2 % gesunken. Die Aussichten für 2025 sind trüb. Ver.di ging im November[1] davon aus, dass die Erwartungen zwischen 0,7 und 1,1 Prozent liegen. Für die Jahre 2025 und 2026 erwarten die Wirtschaftsforschungsinstitute eine Inflationsrate von jeweils 2 Prozent. Zu erwarten ist, dass die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden geringer ausfallen.
Die öffentlichen Haushalte sind defizitär. Der Saldo beim Bund liegt bei 51 Mrd. € und bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden bei 24,8 Mrd. €. Nach Auffassung des Statistischen Bundesamtes sind dafür höhere Sozialausgaben insbesondere bei den Gemeinden, aber auch bei den Zuweisungen des Bundes an die Länder zu verzeichnen. „Beim Bund ist außerdem ein starker Anstieg der laufenden Sachausgaben aus militärischen Beschaffungen zu verzeichnen. Diese gingen für den Kernhaushalt zwar zurück auf 14,7 Milliarden Euro (2023: 17,0 Milliarden Euro), stiegen jedoch beim Sondervermögen Bundeswehr (2024: 16,9 Milliarden Euro, 2023: 5,6 Milliarden Euro).“[2]
Christine Behle berichtete Anfang 2024, dass sich der Personalmangel bei Bund, Ländern und Gemeinden auf die Qualität der Dienstleistungen und die Arbeitsbedingungen für das verbliebene Personal auswirke, da diese immer mehr Aufgaben bewältigen müssen.
So waren Anfang 2024 über 300.000 Stellen nicht besetzt sind. Anfang 2025 waren es bereits 500.000 Stellen. Personalmangel herrsche schon länger im IT-Bereich, den KITAs, der Feuerwehr und bei den Bauämtern. In allen Bereichen der sozialen Arbeit bestehe eklatanter Personalmangel.
Nach Darstellung der VKA konzentrierte sich der Personalmangel „besonders auf die IT- und Ingenieurbereiche sowie den Erziehungsdienst und den Pflegesektor. Auch in der Kommunalverwaltung sowie in Schulen und Kindertagesstätten fehlt qualifiziertes Personal.“[3] Der Fachkräftemangel werde sich mit dem Renteneintritt der BabyboomerGeneration verschärfen, weniger junge Fachkräfte werden nachrücken. Das DIW Köln prognostizierte bis 2027 eine Fachkräftelücke von 728,000 Personen.
Mit der von Behle im Januar 2024 angekündigten online-Arbeitszeitbefragung erhoffte ver.di, Einblick in die Belastungen der Beschäftigten in den verschiedenen Bereichen zu erhalten und Antworten zu bekommen, welche Arbeitszeitmaßnahmen in welchen Bereichen dazu verhelfen würden, Belastungssituationen zu minimieren. Formuliert wurde das Ziel „tarifvertraglich lösbare Änderungen zu definieren, die zur Entlastung der Beschäftigten beitragen und dem Arbeitskräftemangel im öffentlichen Dienst entgegenwirken.“[4]
An der online-Arbeitszeitbefragung,
durchgeführt von Februar bis April 2024, beteiligten sich 257.647 aktiv Beschäftigte aus Bund, Ländern, Gemeinden und kommunalen Unternehmen. Davon waren 59 Prozent Frauen. Etwa 53 Prozent waren gewerkschaftlich organisiert (46 % ver.di und knapp 7 Prozent bei GEW, GdP und dbb).
Die Auswertung ergab, dass bei gut 62% der Befragten Stellen im unmittelbaren Arbeitsbereich nicht besetzt waren. Mehr als vier Fünftel gaben an, dass die Arbeit von ihnen oder anderen Kollegen erledigt wurde. Dies führte zu Mehrarbeit. Knapp 47 % gelingt ein Zeitausgleich beim Überschreiten der vereinbarten Arbeitszeit nicht. Rund 42,5 % verzichten häufig auf Pausen.
Gut 81 % wünschten die Reduzierung der Arbeitszeit. Gut 56 % gehen davon aus, dass sie die Tätigkeit unter gegebenen Bedingungen nicht einschränkungsfrei bis zur Rente ausüben können. Rund 40 % der Teilzeitbeschäftigten arbeitet aufgrund der hohen Belastung im Vollzeitjob in Teilzeit.
Es gab aber auch gegenteilige Auffassungen. So hatten 19 % keinen Wunsch nach Verkürzung. Gut mehr als die Hälfte kann sich wegen der hohen Arbeitsbelastung die Verkürzung der Arbeitszeit nicht leisten. Knapp die Hälfte kann sich dies aus finanziellen Gründen nicht leisten.
Die Werte bei Nahverkehrsunternehmen, Musikschullehrern, Pflegekräften, Beschäftigten mit medizinisch-therapeutischen Tätigkeiten in Krankenhäusern und Kliniken, bei Fachkräften in den Kitas und Beschäftigten in der Sozialen Arbeit (ohne Kita) waren die Werte noch höher. Eine besonders hohe Belastung ist zu verzeichnen bei Beschäftigten in Wechselschicht bzw. Schicht und/oder bei Nachtarbeit, Arbeit am Wochenende oder im Bereitschaftsdienst, der Rufbereitschaft und bei geteilten Diensten.
Forderungen der Gewerkschaften
Die BTK leitete Anfang Juni 2024 die online-Beschäftigtenbefragung zu den Forderungen ein. Sie ging davon aus, dass „die Arbeitgeberseite nicht freiwillig zu Zugeständnissen bereit ist und die Auseinandersetzungen sehr hart werden“, und verwies darauf, dass die Arbeitszeit auch Thema sein wird, da die „große ver.di-Arbeitszeitbefragung … gezeigt (hat), wie hoch Belastung und Arbeitsdruck im öffentlichen Dienst sind.“[5] Die Beschäftigtenbefragung stieß auf große Resonanz. An ihr nahmen mehr als 150.000 Kolleginnen und Kollegen teil.
Die BTK[6] beschloss auf Grundlage der beiden Befragungen am 09.10.2024 ihre Forderungen nach einer Entgeltsteigerung von insgesamt acht Prozent, mindestens aber 350 € bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Ferner gefordert wurde eine deutliche Erhöhung der Zulagen und Zuschläge für Arbeit zu ungünstigen Zeiten und Überstundenzuschläge auch bei Teilzeit. Die Entgelte der Auszubildenden, dual Studierenden und Praktikanten sollten monatlich um 200 € erhöht werden. Zudem wurde die unbefristete Übernahme der Auszubildenden in Vollzeit gefordert.
Um der hohen Verdichtung der Arbeit etwas entgegenzusetzen, forderte die BTK drei zusätzliche freie Tage für alle. Gewerkschaftsmitglieder sollten einen zusätzlichen freien Tag erhalten. Ferner eingeführt werden sollte das Meine-Zeit-Konto[7]. Damit sollte dem Beschäftigten die individuelle Möglichkeit gegeben werden, am Ende eines Monats selbst zu entscheiden, ob er das Guthaben ausgezahlt haben, die wöchentliche Arbeitszeit verkürzen oder zusätzliche freie Tage will, oder ob das Guthaben für eine längere Auszeit angespart werden soll. Es ergingen noch weitere Forderungen, u. a. eine neue und attraktive Altersteilzeitregelung, die sich auch Beschäftigte unterer Entgeltgruppen leisten können.[8]
Reaktionen auf die Forderungen der Gewerkschaften
Über die Forderung informierte die Tagesschau unter „Gewerkschaften fordern acht Prozent mehr Geld“ und stellte fest, dass die Lohnforderung von ver.di etwas über der Forderung der IG-Metall für die Metall- und Elektroindustrie liegt. Diese forderte 7 Prozent. Rückblickend auf den Abschluss von Bund und Gemeinden 2023 erzielte ver.di aus Sicht der Tagesschau „die größte Tariferhöhung im öffentlichen Dienst seit Jahrzehnten. Damit sollte der damals drastische Anstieg der Verbraucher und Energiepreise abgefedert werden.“[9] Aber eben nur abgefedert – nicht ausgeglichen.
Die VKA[10] warf den Gewerkschaften vor, dass diese mit ihren überzogenen Forderungen die Handlungsfähigkeit der Kommunen gefährden. Nach Auffassung der VKA-Präsidentin, Karin Welge, gingen die Kommunen in der TR 2023 an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Mit ihrer Feststellung: „Jeder Euro, der für höhere Gehälter ausgegeben werden muss, fehlt an anderer Stelle, beispielsweise für wichtige Investitionen in die Daseinsvorsorge“[11] spielte sie Lohnarbeiter des Öffentlichen Dienstes gegen Empfänger öffentlicher Dienstleistungen aus, wohl wissend, dass diese in der Regel auch Lohnarbeiter sind.
Diese Linie – den Lohnabhängigen und ihren Gewerkschaften vorzuwerfen, dass sie es sind, die für die Einschränkungen der öffentlichen Dienstleistungen verantwortlich sind – setzte sie bei ihrer ablehnenden Haltung nach mehr Urlaub fort, indem sie auf die Einführung der Regenerationstage für die Erzieherinnen und Erzieher einging. Geführt habe dies dazu, dass viele Kitas ihre Öffnungszeiten anpassen mussten. „Wenn nun mehr freie Tage für den gesamten öffentlichen Dienst gefordert werden, ist also jedem klar, was das faktisch bedeutet. Und es dürfte wohl kaum im Interesse der Gewerkschaften sein, wenn Kitas zukünftig häufiger schließen, der Bürgerservice eingeschränkt wird oder Stationen im Krankenhaus geschlossen werden müssen, weil nicht genug Pflegekräfte verfügbar sind.“[12]
Hier setzt sich bereits die von der CDU in der Agenda 2030 anvisierte Lösung des Arbeitskräftemangels durch. Unter dem Slogan „Mehr Arbeitskraft und mehr Flexibilität“ wird festgestellt, dass „es einen erheblichen Mangel an Arbeitskräften gebe.“ Sie will „… daher das inländische Arbeitskräftepotential besser ausschöpfen … Ein wichtiger Baustein für die inländische Aktivierung von Arbeitskräften ist die Abschaffung des sog. Bürgergeldes und die Einführung einer Neuen Grundsicherung… Neben praxisgerechteren Formerfordernissen im Arbeitsrecht passen wir das Arbeitszeitgesetz an: Zukünftig soll es eine wöchentliche anstelle einer täglichen Höchstarbeitszeit geben.“[13] Ferner soll der Einstieg ausländischer Arbeitskräfte in den deutschen Arbeitsmarkt vereinfacht werden.
Nach Karin Welge (VKA) wird die Inflation bei rund zwei Prozent liegen. „Das ist eine Orientierungsgröße, die auf dem Tisch liegt.„[14]
Der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia, bezeichnete die Forderung als „sehr robust“ und fügte hinzu: „Das ist insofern nachvollziehbar, als die Geldentwertung vielen privaten Haushalten immer noch in den Knochen steckt. Stellt man beispielsweise den Vierjahresvergleich an, sind die Preise heute knapp 20 Prozent höher als Ende 2020.“[15]
Die Verhandlungen
In den drei Verhandlungen in Januar, Februar und März kam es zu keiner Einigung. Zu Beginn lehnten VKA und Bund die Forderungen der Gewerkschaften damit ab, dass die Kassen leer und die Forderungen zu hoch seien. Die soziale Komponente lehnten sie ab, da die unteren Entgeltgruppen gut bezahlt werden. Es gebe Nachholbedarf bei Fach- und Führungskräften. Freie Tage akzeptierten sie nicht. Das Meine-Zeit-Konto lehnten sie ab, da sie dann nicht mehr über die Zeit der Beschäftigten entscheiden können.
Im weiteren Verlauf forderten die AG eine Laufzeit von 36 Monaten. Über Zulage und Zuschläge für Arbeiten zu ungünstigen Zeiten bestand Gesprächsbereitschaft.
In der 3. Verhandlungsrunde[16] am 17.03.2025 boten die AG Entgelterhöhungen unterhalb der Inflationsrate an. Bis Oktober wollten sie eine Nullrunde. Den Mindestbetrag als soziale Komponente für die unteren Entgeltgruppen lehnten sie ab. Die Laufzeit solle 36 Monate betragen. Dies lehnten die Gewerkschaften ab. Sie machten das Angebot weiter zu verhandeln und boten eine zeitnahe vierte Verhandlungsrunde an. Die AG lehnten dies ab und riefen die Schlichtung an.
Die Aktivitäten der Mitglieder
An den Vorbereitungen der TR, der online-Arbeitszeitbefragung, beteiligten sich 136.553 Gewerkschaftsmitglieder. An der Beschäftigtenbefragung beteiligten sich mehr als 150.000. Hier wurde nicht zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern unterschieden. Die seit 2020 erlittenen Preissteigerungen dürften der wesentliche Grund dafür gewesen zu sein, eine deutliche Lohnforderung zu stellen. Die KollegInnen, insbesondere die aktiveren, dürften sich noch an die Diskussionen um das „Inflationsausgleichsgeld“ und an dessen Null-Wirkung auf die Monatstabellenlöhne erinnert haben. Diskutiert wurden auch die Auswirkungen auf die Sozialkassen, die dabei leer ausgingen, und die individuellen Folgen, z. B. der Rente, die dabei geschmälert wird. Der Ausgleich wurde aber von vielen dringend benötigt.
Zur Aktivierung der Mitglieder und zur Unterstützung der Forderungen führte ver.di den sogenannten Stärketest ein. Hierbei handelt es sich um Unterschriftenlisten, mit denen die Vertrauensleute in den Betrieben und Verwaltungen die Forderungen ins Gespräch brachten und Unterschriften sammelten. Bereits zur 1. Verhandlung hatten 230.000 die Forderungen unterstützt. Zur 3. Verhandlungsrunde waren es 279.300. Zudem organisierten sich immer mehr KollegInnen. Allein in den letzten Februar- und Märzwochen kamen tausende neue Mitglieder hinzu. Nach dem Scheitern der Verhandlungen am 17.03. wurde ein neuer Stärketest entworfen. Unter Hinweis auf die von der Schlichtungskommission entwickelte Einigungsempfehlung, über die dann weiter verhandelt wird, wurden die Beschäftigten aufgefordert, sich zu entscheiden zwischen Annahme eines Ergebnisses, das einen erheblichen Kompromiss gegenüber den Forderungen darstellt, oder nicht dazu bereit zu sein und auch längere Zeit zu streiken. Ob dies noch unter die Beschäftigten gebracht wurde, ist nicht bekannt.
Vor der 3. Verhandlungsrunde im März 2023 standen nahezu gut 500.000 Beschäftigte im Warnstreik und unterstützen damit die Gewerkschaften bei den Verhandlungen. Das sah in dieser Tarifrunde anders aus. Vor der 3. Verhandlungsrunde 2025 standen demgegenüber nur 150.000 im Warnstreik.
Der Abschluss
In der 4. Verhandlungsrunde wurde am 06.04. auf Grundlage der Schlichtungsempfehlung vom 28.03.2025 eine Einigung, die bis auf Ausnahmen dem Schlichterspruch entspricht, erzielt.
Der TV läuft vom 01.01.2025 bis 31.03.2027 – also über 27 Monate. Januar bis März 25 sind Nullmonate.
Die Tabellenentgelte werden ab dem 01.04.2025 um 3,0, mindestens um 110 € monatlich erhöht. Ab dem 01.05.2026 werden sie um weitere 2,8 Prozent erhöht.
Die Entgelte der Auszubildenden, Praktikanten und dual Studierenden werden ab dem 01.04.2025 monatlich um 75 € und ab dem 01.05.2026 um weitere 75 € erhöht.
Zulagen für Wechselschicht und Schichtarbeit
Die Zulagen werden ab 01.07.2025 erhöht. Die Zulage für ständige Wechselschichtarbeit der Beschäftigten in den Krankenhäusern, Pflege- und Betreuungseinrichtungen wird die Zulage von 155 auf 250 erhöht. Die ständige Wechselschichtarbeit in anderen Bereichen wird von 105 auf 200 Euro angehoben und die Zulage für die ständige Schichtarbeit wird von 40 auf 100 Euro angehoben. Die Zulagen werden bei allgemeinen Entgelterhöhungen ab 01.07.2027 erhöht.
Urlaub
Ab 2027 gibt es für alle einen Tag mehr Urlaub.
Jahressonderzahlung
Teile der Jahressonderzahlung können zukünftig in bis zu drei freie Tage umgewandelt werden. Für die Beschäftigten der Kommunen wird ab 2026 die soziale Staffelung der Jahressonderzahlung nach niedrigen Einkommen, mittleren Einkommen und höheren Einkommen aufgegeben. Bei allen beträgt die Jahressonderzahlung 85 % der jeweiligen monatlichen Entgelte.
Die Beschäftigten der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen haben die Wahl nicht. Hier werden die Jahressonderzahlungen in den EG 1 bis 8 auf 90 Prozent erhöht und ab der EG 9 auf 85 Prozent.
Freiwillige Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit
Zum 1. Januar 2026 können Arbeitgeber und Beschäftigte nach der Probezeit die wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 42 Stunden wöchentlich vereinbaren. Die Erhöhung ist zu befristen, kann bis zu 18 Monate gelten und kann einvernehmlich auf weitere 18 Monate verlängert werden. Die Erhöhungsstunden sind keine Überstunden. „Für Arbeitsstunden, die über die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollbeschäftigten hinausgehen (Erhöhungsstunden), erhalten Beschäftigte einen Zuschlag des auf die Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe.“[17] In den EG 1 bis 9b beträgt der Zuschlag 25 Prozent und in den EG 9c bis 15 10 Prozent.
Abweichend zu der Schlichtung wurde im Wesentlichen vereinbart, dass die Regelungen zur Umwandlung der Jahressonderzahlung in freie Tage, zum weiteren Urlaubstag und zur freiwilligen Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit nur insgesamt zum 31.12.2029 gekündigt werden können. Anfang 2029 sollen sie evaluiert werden.
Übernahme Auszubildende und dual Studierende
„Voraussetzung für die Übernahme ist, dass Auszubildende und dual Studierende des Bundes und anderer Arbeitgeber, in deren Aufgabenbereichen auch hoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen.“[18] Die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist möglich, wenn die Prüfung mit durchschnittlich „Befriedigend“ bestanden wurde und ein freier Arbeitsplatz, der auf Dauer eine ausbildungsadäquate Beschäftigung bietet, vorhanden ist.
Resümee ver.di
Ver.di stellte nach dem Scheitern der Verhandlungen fest, dass „die politische Zeitenwende mit der Haltung der neuen Regierung zu Haushaltskürzungen und Sparvorgaben … nun auch in den Verhandlungen spürbar (ist): Sie wollen den Gürtel im öffentlichen Dienst enger schnallen. Es gibt klare Haltelinien auf der Gegenseite, die nicht einfach zu verrücken sein werden.“[19]
Nach Frank Werneke „…ist (das Schlichtungsergebnis) ein schwieriges Ergebnis in schwierigen Zeiten. Letztendlich konnten aber …(durch die Warnstreiks, d. V.) Entgeltsteigerungen oberhalb der zu erwartenden Preissteigerungsrate durchgesetzt werden, außerdem Verbesserungen bei einigen Zuschlägen und der Arbeitszeit.“[20]
Die Mehrheit der BTK empfahl die Annahme nach intensiver Debatte. „Die Bundestarifkommission ö.D. hat dieses Ergebnis lange und in kontroverser Debatte abgewogen. Ein Tarifergebnis ist immer ein Ausdruck von Kräfteverhältnissen. Deshalb war auch die Frage entscheidend: sehen wir Spielraum, mit diesen Arbeitgebern zu dieser Zeit vor dem Hintergrund neuer politischer Verhältnisse noch mehr rauszuholen? Die Antwort war nein. Wichtig ist: Dieses Nein gilt für den Moment und ist für zukünftige Auseinandersetzungen veränderbar.
Wir haben in dieser Tarifrunde enorm viel gelernt und aufgebaut. Wir haben an zentralen Punkten gezielt Druck gemacht, wie die Flughafenstreiks, das Bestreiken von Schleusen der Wasserschifffahrt und der OPs in den Krankenhäusern zeigen. Wir haben aber auch Masse auf die Straße gebracht. Allein in der letzten Woche vor der dritten Verhandlungsrunde 150.000. Das ist eine gute Grundlage. Diese Stärken müssen wir weiterentwickeln – um das Kräfteverhältnis weiter zu unseren Gunsten zu verschieben“[21] Die Junge Welt berichtet am 08.04.25 davon, dass nur 51 von 99 Mitglieder für den Abschluss stimmten und 37 dagegen. Abgelehnt worden sei der Abschluss auch geschlossen von den Mitgliedern der BTK aus NRW.
Die Mitgliederbefragung
Damit wurde das Ergebnis noch nicht endgültig angenommen. Vom 08.04.2025 bis zum 09.04.2025 lief die Mitgliederbefragung. Ver.di forderte ihre Mitglieder dazu auf, die zum Vorschlag der Schlichtung begonnene Diskussion in den Betrieben zu der Einigung fortzusetzen und sich an der Mitgliederbefragung zu beteiligen. Ab 28.04.2025 war es auch möglich sich digital zu beteiligen. Der Hinweis, dass anschließend die BTK endgültig entscheidet, wurde ebenfalls gegeben. An der Befragung vom 10.04. bis 09.05 nahmen laut Angaben von ver.di 24,1 Prozent der ver.di-Mitglieder, für die das Tarifergebnis zutrifft, teil. Für die Annahme haben sich 52,2 Prozent entschieden. Erstmalig wurden von ver.di die prozentualen Teilnehmerzahlen veröffentlicht. Ver.di weist darauf hin, dass das Verhandlungsergebnis zu einer intensiven und kontroversen Diskussion geführt hat und die Einschätzung über die Bewertung des Ergebnisses gehen „teilweise weit auseinander. Auch die eher knappe Mehrheit in der Mitgliederbefragung ist ein Auftrag an uns alle, weiter im Gespräch zu bleiben und zu diskutieren, was wir aus dieser Tarifrunde für zukünftige Auseinandersetzungen lernen können.“[22]
Was sagen wir zu diesem Ergebnis
Ver.di – aber auch den anderen Gewerkschaften – gelingt es seit Jahren nicht mehr Lohn- und Entgelttarifverträge mit der Laufzeit von einem Jahr abzuschließen. Von einer Reallohnsicherung kann nicht die Rede sein. Die Erhöhung 2025 gilt für den Zeitraum von April bis Dezember 2025. Das sind 9 Monate. Unter Berücksichtigung der Realisierung der mindestens 110 € ergibt sich für alle Entgeltgruppen eine durchschnittliche Erhöhung des Monatsentgelts um 3,26 %. Dies mit Anzahl der 9 Monate multipliziert und dann aufs Jahr berechnet, indem durch 12 geteilt wird, ergibt eine durchschnittliche monatliche Erhöhung um 2,45 %. Insbesondere wird nicht berücksichtigt, dass die erlittenen Reallohnverluste der letzten Jahre nicht ausgeglichen worden sind.
Mit Aufgabe der sozialen Staffelung der Jahressonderzahlung wurde dem Nachholbedarf der VKA bei Fach- und Führungskräften nachgegeben. Durch die Umwandlung der Jahressonderzahlung in freie Tage werden Lohnkosten gespart. Die Beschäftigten zahlen ihren dringend benötigten Urlaub selbst. Der Fachkräftemangel wurde zu Lasten der Beschäftigten durch „freiwillige“ Verlängerung der Wochenarbeitszeit „gelöst“. Mit dieser Regelung ist die mühsam erkämpfte wöchentliche Arbeitszeit unter 40 Stunden aufgegeben worden und das Tor zur wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden für alle wurde geöffnet.
Die Einführung des Bekenntnisses der Auszubildenden und dual Studierenden als Voraussetzung für die Übernahme führt zur weiteren Entpolitisierung und Einschüchterung junger Menschen. Diese jetzt tariflich festgeklopfte Regelung erinnert an den unsäglichen, sogenannten Radikalenerlass der Bundesregierung Brandt/Scheel von 1972. Sie schließt ebenso in der heutigen Zeit an die Bestrebungen an, die Zivilklauseln an den Universitäten abzuschaffen, mit denen sich seit 1986 inzwischen ca. 70 Hochschulen dazu verpflichteten, Forschung allein für friedliche Zwecke zu treiben.[23] In Bayern wurden sie im August 2024 durch ein „Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern“ verboten; dagegen laufen seit Februar 2024 Klagen vor dem Bayrischen Verfassungsgerichtshof.
Beschämend ist nun, dass die Gewerkschaft ver.di offenbar – von sich aus oder unter Druck – sich nicht entblödet, dieser Disziplinierung gegen Auszubildende und dual Studierende zuzustimmen. Hier ist es nicht einfach der bürgerliche Staat, der das im Sinne der „Kriegsertüchtigung“ gesetzlich regelt, sondern es sind die sogenannten „Sozialpartner“, die das in einem Tarifvertrag vereinbaren.
Für die Verweigerungshaltung der öffentlichen Arbeitgeber VKA und Bund gibt es mehrere Gründe. Die Aussichten für einen Anstieg der wirtschaftlichen Entwicklung sind nicht sichtbar. In der Regel wirkt sich dies auf die Steuereinnahmen der Haushalte negativ aus. Die Ausgaben können durch die Steuereinnahmen nicht gedeckt werden. Allein dies bewirkt schon Kürzungen. Allein der wirtschaftlichen Entwicklung wegen, die mithilfe staatlicher Unterstützung in Schwung gebracht werden soll, benötigt der Bund mehr finanzielle Mittel.
Durch die vom Bund betriebene und durch Wegfallen der Schuldenbremse für die Militärausgaben ab einem Prozent des BIP unbegrenzte Aufrüstung werden zusätzliche finanzielle Mittel für die Zinsen benötigt. Für die nachgeordneten Gebietskörperschaften Länder und Gemeinden stehen dann weitere Mittel nicht zur Verfügung. Zukünftig wird diese Entwicklung durch die im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vereinbarte Haushaltskonsolidierung verschärft. Erhofft werden u. a. „Einsparungen beim Bürgergeld durch eine reformbedingt und zu erwartende bessere Arbeitsmarktintegration.“
Das wissen die Vertreter der VKA, die wie der Deutsche Städtetag kritisieren, dass ihren Mitgliedern immer mehr Aufgaben aufgebürdet werden, die finanziellen Mittel aber fehlen. Daran wird sich zukünftig erst einmal nichts ändern. Von den in den Gebietskörperschaften agierenden Parteien ist Widerspruch zur Aufrüstung nicht zu erwarten – im Gegenteil sie unterstützen dies.
Gegen diese Entwicklung konnten die Gewerkschaften sich mit ihrer aktuellen, nicht Flächen deckenden Kampfkraft und dank ihrer sozial-partnerschaftlichen Haltung nicht durchsetzen. Eigentlich müsste mittlerweile klar sein, dass die Arbeitgeber die Sozialpartnerschaft in der Industrie schon längst ad acta gelegt haben und diese Entwicklung auch vor den Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes nicht Halt macht. Die VKA folgt. Frank Werneke ist schon zuzustimmen, dass diese Stärken weiterentwickelt werden müssen, um das Kräfteverhältnis zugunsten der Beschäftigten zu verändern. Die aktiven und große Teile der an den Warnstreiks beteiligten Kolleg:innen werden zutiefst enttäuscht und sauer sein und sich fragen wie es jetzt weitergeht. Dazu bedarf es der Aufarbeitung der Tarifrunde, in der u. a. auch die eigenen Unzulänglichkeiten Thema sind, um die Bereitschaft der Kolleg:innen in die praktische Auseinandersetzung zu fordern und zu fördern. Klar sollte den Beschäftigten bzw. Lohnabhängigen sein, dass nur sie es sind, die ihre Interessen formulieren und nur sie es sind, die diese gemeinsam versuchen können gegen die Arbeitgeber durchzusetzen. Es reicht da ganz bestimmt nicht, wesentliche Teile der Vorbereitungen einer Tarifrunde in online-Befragungen zu machen. Die Kolleg:innen müssen auch wieder persönlich vor Ort in Mitgliederversammlungen zusammenkommen, um sich beraten und gemeinsam Kraft geben zu können.
Auswirkungen der Inflation auf die Lohnentwicklung
Im Folgenden gehen wir auf die Auswirkungen der Inflation auf die Lohnentwicklung ein. Basis ist 2019.
Ver.di hat am 10.04.2025 zum Besten gegeben, dass sich die Inflation im letzten Jahr normalisiert habe. So stiegen die Verbraucherpreise 2024 um 2,2 %. „Dieser Anstieg liegt deutlich unter dem Preisanstieg der vorhergehenden Jahre, in dem die Verbraucherpreise seit 2020 um ganze 20,7 Prozent gestiegen waren. In den Jahren 2022 und 2023 kletterten die Preise noch um 6,9 bzw. 5,9 Prozent. Ursächlich für den deutlich geringeren Preisschub waren die schrumpfenden Energiepreise.
Für das laufende Jahr erwarten die Wirtschaftsexperten einen Anstieg der Verbraucherpreise zwischen 2 und 2,4 %. Preistreibend wirken steigende Lebensmittel und Dienstleistungspreise (Versicherungen, soziale Einrichtungen, Gesundheit, Gaststätten und Fahrzeugreparatur). Tanken und Energie werden hingegen billiger. Darüber hinaus dämpft die Konjunkturflaute den Preisanstieg. Vor dem Hintergrund der aktuellen Inflationsprognosen, führen Tariflohnzuwächse über 2,4 % mit hoher Wahrscheinlichkeit zu steigenden Reallöhnen.“[24]
Erwähnt wird schon, dass seit 2020 ein Anstieg der Preise um 20,7 % zu verzeichnen ist. Erwähnt wird aber nicht, dass das Lohnniveau erheblich gesunken ist, da die letzten Tarifabschlüsse die Inflation bei weiten nicht ausgleichen konnten.
Wir beginnen mit der TR 2020.
Die Vereinbarungen aus der Tarifrunde 2020 hatten eine Laufzeit von 28 Monaten und die Vereinbarungen aus der Tarifrunde 2023 eine Laufzeit von 24 Monaten. In der TR 2020 war eine Nullrunde von 7 Monaten, vom 01.09.2020 bis zum 31.03.2021, vereinbart. In der TR 2023 war eine Nullrunde von 14 Monaten, vom 01.01.2023 bis zum 28.02.2024, vereinbart.
Während dieser Zeit wurden die Tabellenlöhne nicht erhöht.
In der TR 2020 wurde die Corona-Sonderzahlung vereinbart, die mit den Bezügen im Dezember ausgezahlt werden sollte und nach Entgeltgruppen sozial gestaffelt war.
Entgeltgruppen | Sonderzahlung |
---|---|
E 1 bis E 8 | 600 € |
E 9a bis E12 | 400 € |
E 13 bis E 15 | 300 € |
Azubis/Praktikanten Kommunen: | 225 € |
Azubis/Praktikanten Bund: | 200 € |
In der TR 2023 wurde das einkommensteuerfreie „Inflationsausgleichsgeld“ gezahlt. Im Juni 2023 gab es 1.240 €. Von Juli 2023 bis einschließlich Februar 2024 wurden monatlich 220 € gezahlt.
Beide Zahlungen gingen nicht in Monatstabellen ein. Gezahlt wurden keine Sozialbeiträge.
Im TVÖD – Gemeinden 2023 wurden ab dem 01.03.2024 die Entgelte um 200 €, anschließend 5,5 %, mindestens insgesamt jedoch 340 € erhöht. In der folgenden Tabelle werden die Auswirkungen dieser Erhöhung prozentual für die verschiedenen Entgeltgruppen und Stufen dargestellt.
Tabelle 1 // ergibt die prozentuale Erhöhung der monatlichen Entgelte | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Entgeltgruppe | Stufe 1 | Stufe 2 | Stufe 3 | Stufe 4 | Stufe 5 | Stufe 6 |
E 15Ü | 8,90% | 8,57% | 8,31% | 8,16% | 8,13% | |
E 15 | 9,71% | 9,44% | 9,18% | 8,87% | 8,61% | 8,45% |
E 14 | 10,14% | 9,85% | 9,51% | 9,20% | 8,90% | 8,72% |
E 13 | 10,54% | 10,16% | 9,80% | 9,46% | 9,12% | 8,96% |
E 12 | 11,12% | 10,59% | 10,09% | 9,63% | 9,20% | 9,03% |
E 11 | 11,33% | 10,80% | 10,39% | 10,01% | 9,57% | 9,36% |
E 10 | 11,54% | 11,09% | 10,66% | 10,25% | 9,87% | 9,76% |
E 9c | 11,72% | 11,30% | 10,89% | 10,52% | 10,17% | 9,94% |
E 9b | 12,13% | 11,68% | 11,42% | 10,78% | 10,46% | 10,13% |
E 9a | 12,37% | 11,95% | 11,58% | 10,90% | 10,77% | 10,46% |
E 8 | 12,75% | 12,30% | 12,01% | 11,75% | 11,50% | 11,38% |
E 7 | 13,22% | 12,63% | 12,33% | 12,04% | 11,79% | 11,67% |
E 6 | 13,36% | 12,86% | 12,54% | 12,25% | 11,99% | 11,87% |
E 5 | 13,69% | 13,16% | 12,84% | 12,52% | 12,26% | 12,13% |
E 4 | 14,09% | 13,50% | 13,06% | 12,82% | 12,58% | 12,46% |
E 3 | 14,22% | 13,57% | 13,43% | 13,12% | 12,90% | 12,71% |
E 2Ü | 15,03% | 13,98% | 13,71% | 13,38% | 13,17% | 12,87% |
E 2 | 15,16% | 14,15% | 13,98% | 13,76% | 13,30% | 12,87% |
E 1 | 16,87% | 16,59% | 16,26% | 15,97% | 15,25% |
Die Entgelte wurden mindestens um 8,13 % in der EG 15 Ü Stufe 6 und höchstens um 16,87 % in der EG 1 Stufe 2 erhöht. Der Mittelwert nach Excel ergibt 11,57 % für alle Entgelte. Die Erhöhung gilt erst ab dem 01.03.2024. Sie gilt in 2024 für 10 Monate. Das sind aufs Jahr umgerechnet: (10*11,57)/12= 9,64 %.
Die tabellenwirksamen Tariferhöhungen seit 2020, die Inflation und ihre Auswirkung auf die Reallohnentwicklung
Aus der Tarifrunde 2018[25] verblieb in 2020 noch die Erhöhung vom 01.03.2020 von mindestens 0,96 % (22,78 €), durchschnittlich 1,06 %, höchstens 1,81 %. Diese Erhöhung galt dann bis 31.03.2021. Die Erhöhung galt für 10 Monate – vom 01.03.2020 bis 31.12.2020. Alle Lohngruppen sind rechnerisch pro Monat im Durchschnitt um 1,16 % erhöht worden.
Aufs Jahr 2020 bezogen ergibt dies eine monatliche Erhöhung von (10 * 1,16 %) / 12 = 0,97 %.
In der Tarifrunde 2020 war eine Nullrunde vom 01.09.2020 bis zum 31.03.2021 vereinbart. Ab dem 01.04.2021 wurden die Entgelte um 1,4 %, mindestens aber 50 €, erhöht. Alle Lohngruppen sind durchschnittlich monatlich um 1,64 % erhöht worden. Die Erhöhung galt in 2021 für 9 Monate.
Aufs Jahr 2021 bezogen ergibt diese eine monatliche Erhöhung von (9 * 1,64 %) /12 = 1,23 %.
Sicherlich sind bei dieser Erhöhung die unteren Einkommen prozentual höher angehoben worden. Dafür verdienen die Bezieher der EG 1 bis EG 7/8 auch weniger als die der darüber liegenden EG.
Ab 01.04.2022 wurden die Entgelte um 1,8 % erhöht. Dies ergab für alle Lohngruppen eine durchschnittliche Erhöhung von 1,8 %. Die Erhöhung galt in 2021 für 9 Monate.
Aufs Jahr 2022 bezogen ergibt diese eine monatliche Erhöhung von (9 * 1,8 %) /12 = 1,35 %.
In der Tarifrunde 2023 war eine Nullrunde von 14 Monaten vom 01.01.2023 bis zum 28.02.2024 vereinbart. Ab 01.03.2024 wurden die Entgelte um 200 €, anschließend 5,5 %, mindestens insgesamt jedoch 340 € erhöht. Dies ergab für alle Lohngruppen eine durchschnittliche Erhöhung von 11,57 %. Die Erhöhung galt in 2024 für 10 Monate.
Aufs Jahr 2024 bezogen ergibt diese eine monatliche Erhöhung von (10 * 11,57 %) /12 = 9,64 %.
Dieser Teilabschluss führte zu deutlichen Erhöhungen in allen EG. Allerdings wurden damit nicht die Reallohnverluste der letzten Jahre aufgefangen.
In der Tarifrunde 2025 wurde für 01.01.2025 bis 31.03.2025 eine Nullrunde vereinbart. Ab 01.04.2025 werden die Entgelte 3,0 %, mindestens um 110 € erhöht. Das ergibt eine durchschnittliche Erhöhung der Entgelte von monatlich 3,26 %. Die Erhöhung gilt im laufenden Jahr für 9 Monate.
Aufs Jahr 2025 bezogen ergibt dies eine mtl. Erhöhung von (9 * 3,26 %)/12=2,45 %
Ab 01.05.2026 erfolgt eine Erhöhung um 2,8 %. Das ergibt eine durchschnittliche Erhöhung der Entgelte von monatlich 2,8 %. Die Erhöhung gilt im laufenden Jahr für 8 Monate.
Aufs Jahr bezogen 2026 ergibt dies eine mtl. Erhöhung von (8 * 2,8 %)/12= 1,87 %
Die inflationäre Entwicklung…
„Das Statistische Bundesamt berechnet neben dem nationalen Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) auch einen Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für Deutschland. Der HVPI wurde in der Europäischen Union (EU) entwickelt, um Preisänderungen international vergleichen und zu einer Gesamtinflationsrate für Europa und der europäischen Währungsunion zusammenfassen zu können. Nationale harmonisierte Verbraucherpreisindizes werden für alle Mitgliedstaaten der EU sowie für einige weitere Staaten berechnet. … Im HVPI wird das vom Eigentümer selbst genutzte Wohneigentum bisher nicht berücksichtigt. Im VPI werden die Ausgaben der privaten Haushalte für selbstgenutztes Wohneigentum unter Verwendung der Entwicklung des Preisindex für Nettokaltmiete geschätzt (Mietäquivalenzansatz). Im deutschen HVPI werden im Gegensatz zum VPI die Konsumausgaben der privaten Haushalte für Glücksspiel und seit 2020 der Rundfunkbeitrag nicht berücksichtigt. Bei der Berechnung des HVPI steht die Aktualität der Gewichte im Vordergrund. Seit Januar 2012 werden die Grobgewichte des HVPI unter Verwendung von vorläufigen Ergebnissen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) vom Vorvorjahr (t-2) jährlich aktualisiert. Eine Korrektur von Vergangenheitswerten wird in der Regel nicht vorgenommen.“[26]
Die Entwicklung von Inflation und Reallohn, VPI | |||||
---|---|---|---|---|---|
Lohnerhöhung Veränderung zum Vorjahr. | Lohnerhöhung | Inflation Veränderung zum Vorjahr. | Inflation | Reallohn | |
2019 | 100 | 100 | 100 | ||
2020 | +0,97 | 101,0 | + 0,53 | 100,5 | 100,4 |
2021 | +1,23 | 102,2 | + 3,07 | 103,6 | 98,6 |
2022 | +1,35 | 103,6 | + 6,87 | 110,7 | 93,2 |
2023 | +0,0 | 0 | +6,00 | 117,4 | 87,6 |
2024 | +9,64 | 113,6 | + 2,25 | 120,0 | 94,0 |
Quelle: Statistisches Bundesamt unter VPI (Verbraucherpreisindex: Deutschland, Monate, Code: 61111-0002) und eigene Berechnungen. |
Von 2019 bis 2024 stiegen die Löhne auf 113,6 %. Der VPI stieg im gleichen Zeitraum auf 120,0 %. Der Reallohn sank im gleichen Zeitraum trotz der ordentlichen Erhöhung in 2024 in Folge der spürbar deutlichen Inflation in 2022 und 2023 auf 94,0 %.
Die Entwicklung von Inflation und Reallohn, HVPI | |||||
---|---|---|---|---|---|
Lohnerhöhung Veränderung zum VJ. | Lohner-höhung | Inflation Veränderung zum VJ. | Inflation | Reallohn | |
2019 | 100 | 100 | 100 | ||
2020 | 0,97 | 101,0 | 0,36 | 100,4 | 100,6 |
2021 | 1,23 | 102,6 | 3,23 | 103,6 | 98,6 |
2022 | 1,35 | 103,6 | 8,63 | 112,5 | 91,4 |
2023 | 0,00 | 0 | 6,11 | 119,4 | 85,8 |
2024 | 9,64 | 113,6 | 2,48 | 122,4 | 92,0 |
Quelle: Statistisches Bundesamt unter HVPI (Harmonisierter Verbraucherpreisindex: Deutschland, Monate 61121-0002) und eigene Berechnungen. |
Von 2019 bis 2024 stiegen die Löhne auf 113,6 %. Der HVPI stieg im gleichen Zeitraum auf 122,4 %. Der Reallohn sank im gleichen Zeitraum trotz der ordentlichen Erhöhung in 2024 in Folge der spürbar deutlichen Inflation in 2022 und 2023 – auf 92,0 %.
Wir können ohne zu übertreiben sagen, dass die Reallöhne in 2024 gegenüber 2019 um 6 bis 8 % gefallen sind. Auch das aktuelle Tarifergebnis kann die Verluste der Vorjahre nicht ausgleichen. Es bleibt daher ein deutlicher Reallohnverlust.
20.05.2025
[1] vgl. Pressemappe Tarifrunde Bund/VKA 2025, ver.di, Berlin 18.11.2024
[2] Statistisches Bundesamt, Öffentliches Finanzierungsdefizit im Jahr 2024 bei 104,4 Milliarden Euro, PM Nr. 131 vom 04.04.2025
[3] Tarifrunde Öffentlicher Dienst 2025 Fakten, Hintergründe, Einordnungen, VKA, Berlin, Februar 2025
[4] Jahrespressegespräch: ver.di fordert für Beschäftigte bessere Arbeitszeit, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Geld und mehr Personal, ver.di – pm 11.01.2024
[5] TR Öffentlicher Dienst – Forderungsdiskussion startet, ver.di, Berlin 12.06.2024
[6] vgl. Zeit für Mehr! Mehr Geld, Mehr Zeit meine Wahl im TVÖD, ver.di 18.10.2024
[7] vgl. Zeit für Mehr! Mehr Geld, Mehr Zeit meine Wahl im TVÖD, ver.di 18.10.2024
[8] vgl. Zeit für Mehr! Mehr Geld, Mehr Zeit meine Wahl im TVÖD, ver.di 18.10.2024
[9] Gewerkschaften fordern acht Prozent mehr Geld, Tagesschau 09.10.2024
[10] vgl. VKA, VKA: „Gewerkschaften gefährden mit ihren überzogenen Forderungen die Handlungsfähigkeit der Kommunen“, Presseinformation vom 09.10.2024
[11] w.v.
[12] VKA: „Gewerkschaften gefährden mit ihren überzogenen Forderungen die Handlungsfähigkeit der Kommunen“, Presseinformation vom 09.10.2024
[13] Agenda 2030 – Neuer Wohlstand für Deutschland, Beschluss des Bundesvorstandes der CDU Deutschlands am 10./11.Januar 2025, S. 7ff
[14] Gewerkschaften fordern acht Prozent mehr Geld, Tagesschau 09.10.2024
[15] w.v.
[16] vgl. Verhandlungen gescheitert – Arbeitgeber rufen Schlichtung an, ver.di, Berlin 17.03.2025
[17] Einigung in der Tarifverhandlung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen, Potsdam, 06.04.2025
[18] Einigung in der Tarifverhandlung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen, Potsdam, 06.04.2025
[19] Verhandlungen gescheitert – Arbeitgeber rufen Schlichtung an, ver.di, Berlin 17,03.2025
[20] Wir haben eine Einigung! Vierte Verhandlungsrunde mit Bund und VKA in Potsdam – Mehrheit der BTK ö.D. empfiehlt Annahme, Ver.di 06.04.2025
[21] vgl. Wir haben eine Einigung! Vierte Verhandlungsrunde mit Bund und VKA in Potsdam – Mehrheit der BTK ö.D. empfiehlt Annahme, Ver.di 06.04.2025
[22] I Ver.di-Bundestarifkommission Ö.D. stimmt Tarifergebnis zu, ver.di, Berlin 12..05.2025
[23] vgl. hierzu eine Liste bei wikipedia.org unter Zivilklausel
[24] Inflationsrisiken – Der Preis ist nicht mehr heiß, ver.di, Berlin 20.04.2025
[25] Der TV hatte eine Laufzeit von 30 Monaten und lief vom 01.03.2018 bis zum 31.08.2020
[26] destasis Verbraucherpreisindex, abgerufen am 10.05.2025
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