
Zur Verleihung des Rosa-Luxemburg-Preises an Rolf Becker am 12. April waren auch sechs GenossInnen aus Athen kommen, die Rolf von seinen Besuchen mit der Solidaritäts-Reisegruppe „Gegen Spardiktate und Nationalismus!“ kennen. Zwei von ihnen gehören zur Anti-Nato-Gruppe, die sich 2022 nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gegründet hatte. Ihnen war von Anfang wichtig, dass die NATO und nicht Russland als Hauptgegner und Kriegstreiber gesehen wird. Die Veranstaltung fand in der Maigalerie der Jungen Welt statt; es waren etwa 25 Leute gekommen.
Wir geben zunächst die Begrüßung und das anschließende Referat wieder:
Im Sinne Rolfs ist der palästinensische Kampf das zentrale politische Thema weltweit. Der Genocid an diesem Volk hat jegliches Narrativ der westlichen Demokratie entlarvt. Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit sind ausgehöhlte Begriffe und klingen angesichts der zehntausenden Toten, den verbrannten und schwer verletzten Kindern, einem zutiefst traumatisierten Volk wie Hohn. Es herrscht der absolute Zynismus, Gaza ist ein unendlicher Friedhof auf dem eine blutige, gewinnbringende Zukunft von und für die kriminelle Trump-Bande geplant wird. An der Haltung zu diesem historischen Massaker wird jede und jeder einzeln aber auch als Teil einer Gemeinschaft, einer politischen Struktur gemessen und beurteilt. Der Sieg des Palästinensischen Bevölkerung wird ein Sieg der gesamten Menschheit sein, die Niederlage des Palästinenser wird zur Niederlage aller.
Die griechische Regierung ist eine der unterwürfigsten gegenüber der NATO, den USA, der EU und Israel
Griechenland ist übersät mit NATO-Stützpunkten im Dienst des Imperialismus. Diese werden, obwohl kaum Daten an die Öffentlichkeit gelangen, mit großer Sicherheit im Krieg gegen Russland und zur Unterstützung des Genozids durch Israel eingesetzt. Beispielsweise:
- Alexandroupoli, dessen Hafen wird genutzt zum Transport von Kriegsmaterial
- Larisa: Stationierung amerikanischer Drohnen
- Volos – Stefanovikeio: Stationierung von Hubschraubern
- Aktion: NATO-AWACS-Radarsysteme operieren regelmäßig von dort
- Andravida: Nutzung des Militärflughafens durch amerikanische Kampfjets
- Ziros – Kreta: Radarsysteme Israels
- Souda: Offizieller US-Stützpunkt zur Versorgung von Operationen im Nahen Osten
Die militärische Ausrüstung und viele Manöver Griechenlands sind eng mit dem israelischen Militär verflochten, das die Verteidigunginfrastruktur des Landes praktisch kontrolliert. Beispiele:
- Vereinbarung mit Israel zur Errichtung eines ähnlichen Verteidigungssystems in der Ägäis wie z.B. das Iron-Dome (Wert: 2 Mrd. €)
- Griechenland ist eines von nur drei Ländern mit einem „Status of Forces Agreement“ (SOFA) mit Israel, das israelischen Truppen Stationierung in Griechenland erlaubt (seit 2014)
- Bau eines hochentwickelten israelischen OTH-Überwachung-Radars auf Kreta mit einer Reichweite von 600 km in Kombination mit Drohnen (2019)
- Vereinbarungen mit Elbit Systems, Hauptlieferant der israelischen Besatzungsarmee zur Modernisierung griechischer Luftwaffenhelikopter (mehrere Dutzend Mio. €)
- Überlassung des Militärflughafens Kalamata an Elbit für 22 Jahre zur internationalen Pilotenausbildung (Wert: 1,8 Mrd. €, 2020)
- Jährliche Militärübung „INIOCHOS“ auf der Basis Andravida mit Luftangriffs- und Bombardierungsübungen
- Überlassung des griechischen Luftraums an Israel zur Simulation eines Angriffs auf den Iran – gefährlich im Falle einer tatsächlichen israelischen Attacke (2023)
Das Spähprogramm PREDATOR, mit dem Mitsotakis das politische System überwachte – ein großer Skandal, der vertuscht wurde – stammt ebenfalls aus Israel. Israel kontrolliert damit faktisch das politische Geschehen in Griechenland. Dies steht in direktem Widerspruch zur traditionell freundlichen Haltung der griechischen Bevölkerung gegenüber Palästina.
Die griechischen Militärausgaben sind seit 2014 um 80,9 % gestiegen.
Im Jahr 2024 beliefen sie sich auf 3,08 % des BIP (Platz 5 nach Polen, Estland, USA, Litauen), während der Bildungsetat lediglich 2,66 % beträgt.
Premierminister Mitsotakis kündigte im Parlament ein 25-Milliarden-Euro-Programm im Rahmen von „Rearm Europe“ für die nächsten 12 Jahre an und betonte, dass davon nicht abgewichen werde – auch nicht für soziale Forderungen. Das PASOK stimmte zu, KKE, SYRIZA und SYRIZA-nahe Parteien lehnten ab.
Es bestehen Vermutungen, dass der verheerende Zugunfall von Tempi möglicherweise einen Zusammenhang mit einem geheimen Transport von Treibstoff für US-Drohnen in Larisa hatte. Diese Behauptung wurde von der Kommunistischen Partei im Parlament vorgebracht.
Griechische Regierungsvertreter sprechen offen davon, „im Krieg mit Russland“ zu sein.
Im März 2024 wurde ein Memorandum mit dem US-Verteidigungsministerium ratifiziert, das es den USA erlaubt, griechische Truppen ohne Rücksprache überall einzusetzen – z. B. in der Ukraine.
Dies steht der öffentlichen Meinung entgegen: 54 % der Griechen sind gegen eine Intensivierung der EU-Unterstützung für die Ukraine – Die Zahl liegt unterhalb unter des europäischen Durchschnitts.
Unabhängig von der Meinung, die man zu Putin und dem russischen Regime hat, ist es unserer Meinung nach die Nato gewesen, die diesen Krieg provoziert hat. Interessant ist hierbei der Beitrag des Professors Jeffrey Sachs im Februar 2025 vor dem europäischen Parlament bei einer Veranstaltung mit dem Titel „the Geopolitics of Peace“. Wären die Vereinbarungen von Minsk 2014-2015 eingehalten, der Putsch von Maidan nicht initiiert worden und hätte der Brite Boris Johnson die Übereinkunft in Istanbul im April 2022 nicht gesprengt, könnte der Tod von fast einer Million Menschen verhindert werden.
Speziell für die griechische Öffentlichkeit ist von Bedeutung:
Die griechische Minderheit im Donbass ist Ziel von Angriffen Kiews. Die Regierung unternahm nichts zu deren Schutz, im Gegenteil: Ex-Bildungsminister Syrigos forderte, griechische Truppen zur „Schutzmission“ in die Ukraine zu schicken.
Waffen aus der Ägäis wurden in die Ukraine geliefert, was Griechenlands Verteidigungsfähigkeit gegenüber der Türkei schwächt. Zudem blieb Griechenland stumm zur neuen EU-Türkei-Verteidigungsvereinbarung, die faktisch eine strategische Aufwertung für Ankara sein wird.
In diesem Umfeld, in dem der westliche US-EU-Imperialismus seine Aggression steigert, glauben wir nicht, dass es einen anderen Weg für unser Land gibt Frieden, Freiheit und Völkersolidarität zu erreichen, als die Nato und die EU zu verlassen.
Angesichts der zunehmenden Aggressionen des westlichen Imperialismus ist es wichtig, neue globale Ordnungskonzepte zu beachten. Die Perspektive einer multipolaren Weltordnung und die Stärkung der BRICS+ könnten ein günstiges Umfeld für friedliche, gleichberechtigte Zusammenarbeit bieten – ohne die Bedrohung durch Interventionen oder Sanktionen, wie sie von den USA und der EU ausgehen.

Griechenland gehört schon seit 1952 zur NATO, es wurde damals zusammen mit der Türkei aufgenommen, um die südöstliche Flanke des US-geführten Militärbündnisses gegen die Sowjetunion abzusichern. Die herrschende Klasse Griechenlands war immer auf eine auswärtige Macht angewiesen, um ihre Macht zu sichern. Bis zum zweiten Weltkrieg war das Großbritannien, das in den 50er Jahren von den USA als Vormacht abgelöst wurde. Diese Verbindung der herrschenden Klasse mit den USA wurde besonders deutlich mit dem Militärputsch 1967, der mehr oder weniger von der US-Botschaft gesteuert wurde.
Insofern nahm die griechische Bevölkerung die USA bzw. die NATO anders wahr als in Deutschland, wo sie von vielen als Garant des Wohlstands und der Freiheit gesehen werden. Wie die beiden ReferentInnen ausführten, hat sich dieses Anti-Nato-Bewusstsein in den letzten Jahren zwar abgeschwächt. Trotzdem begehen jedes Jahr Tausende den Jahrestag des Aufstands der StudentInnen des Polytechnikums gegen die Junta am 14. November 1973.
Der Anti-Nato-Gruppe geht es besonders darum, die Vorgeschichte des Krieges in der Ukraine aufzuzeigen, d.h. die Expansion des NATO-Militärbündnisses immer weiter nach Osten an die Grenze Russlands. Sie sehen den russischen Angriff als Reaktion auf diese Ausdehnung und als einen notwendigen Versuch diese zu stoppen.
Aktuell sehen sie den Gaza-Krieg als politisch zentralen Konflikt, an dem sich die Linke zu orientieren hat und in dem sie eindeutig Stellung beziehen muss. Hinter den Angriffen Israels stehen die USA, Deutschland, die NATO insgesamt. Deshalb liegt hier der Hauptwiderspruch. Griechenland ist eng mit Israel verbündet, Nachschub geht über griechische Häfen. Auf der Peleponnes darf die israelische Luftwaffe Angriffe auf den Iran trainieren, weil das bergige Gelände dem Iran ähnelt.
In der Diskussion kamen Fragen auf, als der Iran erwähnt wurde. Wie die Anti-Nato-Gruppe einen von den USA gedeckten Angriff Israels auf Iran sehen würde. Das Mullah-Regime sei ja nun menschen- und besonders frauenfeindlich. Sei es da nicht zu begrüßen, wenn es beseitigt würde? Ihre Antwort war klar: Sie unterstützten zwar einerseits alle Bemühungen im Iran das Mullah-Regime aus progressiver Sicht zu bekämpfen und zu stürzen. Das sei die Aufgabe des iranischen Widerstands. Aber eine Bombardierung Irans durch Israel habe nicht das Ziel der Befreiung der Frauen, sondern nur einen Widersacher Israels und der USA in der Region zu beseitigen. Beide Punkte müsse man klar auseinander halten.
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