Streiflichter zu den Kommunalwahlen am 14.09.2025 in NRW

Quelle: Wikipedia

Die Wahlbeteiligung lag bei 56,8 %, somit um 4,9 % höher als bei der letzten K-Wahl 2020. Dies mag einem größeren Interesse an der aktuell aufgeladenen politischen Großwetterlage (Kriegs-Propaganda, kriselnde Wirtschaft, Sozialängste) geschuldet sein. Der Kommunalwahlkampf hat sich aber doch mehrheitlich auf spezifisch kommunale Themen bezogen, selbst wenn führende Funktionäre als Mobilisierer vor Ort aufgetreten sind.

Das Wahlergebnis hat sich letztlich nicht sonderlich unterschieden von den Umfragen, die in NRW bezogen auf die Bundesebene gemacht worden sind. Dies hat allenthalben bei CDU und SPD zu Aufatmen geführt – trotzdem ja Stimmenverluste eingefahren worden sind (CDU -1,0, SPD -2,2) hin zu historischen Tiefständen.

Die FDP setzt ihren Abwärtstrend fort, mit 3,7 (-1,9). Auch bei den Grünen hält sich das Lamentieren in Grenzen; denn Umfragen haben im Vorfeld klargemacht, dass das hohe Ergebnis von 2020 (20,0) nicht zu halten sein würde. Die eingefahrenen 13,5 % haben natürlich zur Folge, dass lange Gesichter vor Ort zu sehen waren bei denen, die ihres Ratspöstchens verlustig gegangen sind. Die Linke hat sich zwar mehr erhofft als die 5,6 % (+1,8) landesweit. Aber wenn man bedenkt, dass sie bisher bei Landtagswahlen deutlich unter 5 % geblieben war, dann kann Die Linke das Ergebnis durchaus positiv werten, zumal sie ja nicht in allen Kommunen KandidatInnen aufstellen konnte. Skaliert man das Ergebnis hoch, dann läge die Linke in NRW bei einer Bundestagswahl über 6 %. Selbst das BSW zieht bei 1,1 % mit ca. 40 Kommunal-Pöstchen in die regionalen Vertretungen ein.

Der eigentliche Wahlgewinner ist jedoch klar die AfD (14,5 % im Vergleich zu 2020 9,4 %). Und auch hier muss hinzugefügt werden, dass die AfD nicht überall KandidatInnen aufstellen konnte, sodass sie hochskaliert auf mehr Stimmenanteile gekommen wäre. Bei den selbstzufriedenen Kommentaren von SPD, Grünen und CDU, dass es keinen AfD-Bürgermeister gibt, wird unter den Tisch gekehrt, dass eine deutlich gewachsene Anzahl von Rechtsradikalen bis hin zu dezidierten Nazis (in der Stadt Hilchenbach sitzt ein III-Weg-Mitglied im Rat) in den lokalen Parlamenten ihre Basis erweitert hat. Zwar hat sich die AfD mehr erhofft, aber sie wird vor Ort mit ihren stark gewachsenen Mandatsträgern viel mehr Aufreger produzieren können als in der Vergangenheit.

Wie bereits erwähnt, hat der Bundestrend auf die Kommunen durchgeschlagen. Für uns ist wichtig festzuhalten, dass einerseits nicht wie befürchtet, es noch größeres Umschwenken in Zentren der gewerblichen Arbeit hin zur AfD gegeben hat. Andererseits haben dann doch in Wohngebieten mit merklich abgehängten Teilen der Arbeiterklasse noch mehr WählerInnen ihr Kreuz bei der AfD gemacht. Dies nur mit einer Protesthaltung zu erklären, greift zu kurz. In diesen Vierteln ist Hoffnungslosigkeit verbreitet. Keine linke Organisation ist gegenwärtig in der Lage, vor Ort präsent zu sein und da glaubhafte Orientierungsprojekte zu bieten.

Die viel beschworene Brandmauer scheint nicht nur im Osten Geschichte zu sein. Zunächst auf lokaler Ebene wird es vermehrt auch in NRW Zusammenarbeit und Zugeständnisse geben. Dabei muss man sich nicht an Spekulationen beteiligen wie in Siegen, dass dort der bisherige CDU-Bürgermeister, ein dezidierter AfD-Gegner, von einem jungen SPD-Nobody mit 7 Stimmen Unterschied abgelöst worden ist, weil die AfD mehr oder weniger offen zur Wahl des SPD-Kandidaten aufgerufen hat. Denn in vielen Räten wird debattiert, ob nicht aufgrund der deutlichen AfD-Stimmenzuwächse auch eine „kommunale Mitwirkung“ angebracht wäre.

Wie die bürgerlichen Parteien die Brandmauer selbst schleifen, soll folgendes Beispiel illustrieren. So hat der Rat der Stadt Bad Berleburg mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen einstimmig die AfD-Kandidaten zum Vorsitzenden und einen zum Stellvertreter des Wahlprüfungsausschusses gewählt. Der Hinweis, dass laut Kommunalgesetz NRW die Wahl zwingend gewesen wäre, wird selbst nach Ansicht der konservativen Siegener Zeitung als vorgeschoben interpretiert. Es ist zwar richtig, dass der AfD aufgrund ihrer Stimmenanteile laut NRW-Kommunalgesetz ein Ausschuss-Vorsitz zugestanden hätte, aber im Stadtparlament für die AfD zu stimmen, anstatt dagegen zu votieren und die Besetzung der Verwaltung zu überlassen, wird allenthalben als Mauerspechterei verstanden. Die AfD hat sich auf jeden Fall publikumswirksam sehr gefreut.

Bei der SPD hat sich der Abwärtstrend fortgesetzt. Sie hangelt sich von einem historischen Tiefstand zum nächsten. Die Funktionäre machen sich zwar selbst froh durch die wenigen neu gewonnenen Bürgermeister-Posten. Aber die SPD musste doch mehr an die CDU abgeben. Insbesondere erodiert das ehemalige Herz der SPD – das Ruhrgebiet – rasant mit Stimmenzugewinnen von CDU, AfD und Linke. In den immer mehr schwindenden SPD-Ortsvereinen des Ruhrgebiets herrscht Tristesse vor ob der Verluste und der Sozial- und Rüstungspolitik der eigenen Partei.

Mittlerweile hat Die Linke ihre Mitgliederzahl bundesweit in kurzer Zeit auf ca. 120000 verdoppelt. Sie hat viel Kraft in die lokalen Wahlaktivitäten investiert. Gerade die neu gewonnen jungen Parteimitglieder haben sich da engagiert. Ob allerdings Die Linke in der Lage sein wird, diese motivierten Neulinge bei der Stange zu halten und ihnen Aktionsraum bei kommunalen Auseinandersetzungen (Soziales, Wohnungsprobleme, Betriebsgruppen, Antikriegs- und Antifa-Aktionen) zu bieten, würde schon mehr erfordern als das bisherige „konstruktive Mitdiskutieren“.

G 07.11.2025


 

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