Folgendes Flugblatt verteilte die Griechenland-Solireisegruppe „Gegen Spardiktate und Natinalismus!“ am 3. Oktober 2025 in Athen auf einer Diskussionsveranstaltung zur Situation in Deutschland. Ergänzt wurde es durch mündliche Vorträge. Khalid berichtete über die staatliche Repression gegenüber dem palästinensischen Widerstand in Berlin-Neukölln; Finia und Lucas erläuterten die Aktionen von „Rheinmetall entwaffnen“ und Ingrid und Andi sprachen über den antimilitaristischen Widerstand am Beispiel der Konferenzen des gewerkschaftlichen Friedensratschlags in Hanau, Stuttgart und Salzgitter.
Deutschland will militärische Führungsmacht in Europa werden – der Widerstand dagegen wird verfolgt
An mindestens zwei aktuellen Kriegen ist die BRD beteiligt.
Erstens: Am Krieg, den die Ukraine im Auftrag der „westlichen Wertegemeinschaft“ und der NATO gegen Russland führt. Die Regierung in Moskau sah sich zum militärischen Eingreifen gezwungen, nachdem es gelungen war in Kiew eine nationalistische, prowestliche Regierung zu installieren. Die Bundesregierung widersetzt sich allen Vermittlungsbemühungen der Trump-Regierung und verschärft ihre antirussische Propaganda. Die USA brauchen ihre finanziellen und militärischen Ressourcen zur Eindämmung Chinas und wollen die Hauptlast der Auseinandersetzung mit Russland ihren europäischen Verbündeten aufbürden. Die Bundesregierung ist bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Dazu dient das gewaltige Aufrüstungsprogramm, mit dem Deutschland zur militärischen Führungsmacht in Europa gemacht werden soll. Um diesen Anspruch zu unterstreichen, wurde die Panzerbrigade 45 der Bundeswehr dauerhaft nach Litauen verlegt. Die Bundeswehr soll die Blockade der Landverbindung zwischen Belarus und der Enklave Kaliningrad, einem wichtigen russischen Militärstützpunkt, notfalls militärisch absichern.
Nicht allein dadurch beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland am Krieg der Ukraine gegen Russland. Neben dem enormen finanziellen Beitrag gehört dazu die Lieferung von modernen Waffensystemen. Die beinhaltet u.a. die Ausbildung ukrainischer Soldaten durch die Bundeswehr sowie eine enge Zusammenarbeit in der Rüstungsproduktion zwischen Deutschland und der Ukraine.
Zweitens: Am Krieg Israels zur imperialen und kolonialen Neuordnung in Nahost. Dabei begeht die israelische Armee im Gazastreifen einen Genozid. Die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung soll nach Ankündigungen von Regierungsvertretern auch auf das Westjordanland ausgedehnt werden. Zionistische Siedler, angestachelt von rechtsextremistischen Kabinettsmitgliedern, haben dort schon mit Morden, Zerstörungen und Vertreibungen begonnen unter dem Schutz und der Mithilfe der israelischen Streitkräfte.
Nach den USA ist Deutschland der zweitgrößte Waffenlieferant des Apartheid-Regimes. Ohne Unterstützung der USA und der BRD durch ihre Waffenlieferungen könnte die Atommacht Israel seine umfangreichen Kriege in der Region nicht führen. Die vorsichtige und verbale Kritik an der israelischen Regierung dient der Beruhigung der Weltöffentlichkeit und der zunehmenden Kritik innerhalb der deutschen Bevölkerung, von der über 60 Prozent Israels Kriegsführung ablehnen. Eine Abkehr von der Kumpanei mit den zionistischen Kriegsverbrechern bedeutet dies nicht, denn Sanktionen oder ein tatsächlicher Stopp der Waffenlieferungen blieb bisher aus. Aufsehen erregt die Aussage von Bundeskanzler Merz zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Israel auf den Iran. „Das ist die Drecksarbeit, die Israel für uns alle macht.“
Kriegspropaganda zur Diffamierung der Friedensbewegung
Mit Beginn des Krieges zwischen der Ukraine und Russland begann die Kampagne gegen alle Kräfte, die sich für eine Verhandlungslösung mit Russland einsetzten. Sie wurden als „Putin-Versteher“ diffamiert, wobei Putin als neuer Hitler charakterisiert wurde. Nach dem gleichen Strickmuster wurde gegenüber den Kriegen Israels verfahren. Wer sich mit dem Kampf der palästinensischen Bevölkerung solidarisierte, wurde als Antisemit beschimpft und kriminalisiert. Damit wurden Antimilitaristen, Friedensbewegte und Pazifisten politisch in die Nähe des deutschen Faschismus gerückt nach dem Motto: rechts gleich links. Diese Methode zeigte Wirkung bis in Kreise der Linkspartei, in der etliche Parteivertreter den Kurs der Bundesregierung gegenüber der Ukraine und Israel unterstützten. Sie geraten angesichts des anhaltenden israelischen Völkermords zunehmend in die Defensive. Inzwischen rufen sie angesichts der breiten Ablehnung zu Protesten und Demos auf. Die Existenzberechtigung des Staates Israel, die deutsche Staatsräson stellen sie allerdings nicht infrage. Die Parteien der demokratischen Mitte (CDU/CSU, aber vor allem die sozialdemokratische und grüne Partei) würden mit ihnen keinerlei Koalitionen eingehen. Eine zukünftige Regierungsbeteiligung wäre unmöglich oder bestehende Koalitionen gefährdet, wie die in Bremen zwischen SPD, Grüne und Linkspartei oder die Regierungskoalition in Mecklenburg-Vorpommern aus SPD und Linkspartei.
Gesellschaftlicher Umbau
Zur Kriegsführung wird ein gesellschaftlicher Umbau bereits heute geplant sowie werden die entsprechenden Gesetze und Verordnungen erlassen. Denn Deutschland wird im Falle eines Krieges zur Drehscheibe, zum Aufmarschgebiet der NATO gegen Russland. Die Vorbereitungen für den „Krisen- und Katastrophenfall“, wie es verharmlosend genannt wird, betreffen alle Bereiche der öffentlichen Infrastruktur und der privaten Industrie. Die Verwaltung der Häfen, der Bahn, der Straßen und Autobahnen, aber auch der Krankenhäuser soll sich im Ernstfall der Logik der Kriegsführung unterordnen. Die beinhaltet die Dienstverpflichtung des entsprechenden Personals. Die Rechte der Beschäftigten über Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen werden ausgesetzt und abgeschafft. An ihre Stelle tritt die Einordnung unter militärische Notwendigkeiten.
Der Berliner Senat hat einen Rahmenplan für den Krisen- und Kriegsfall erarbeitet und den Leitungen von zwölf Berliner Kliniken Anfang September 2025 vorgestellt. Nach seinen Planungen sollen die Krankenhäuser im Kriegsfall täglich 100 verwundete Soldaten zusätzlich aufnehmen können. Der komplette Plan bleibt aus Sicherheitsgründen geheim. Auf alle Fälle wurden die Klinikbeschäftigen wie auch die Berliner Bevölkerung durch die ausführliche Berichterstattung in den lokalen Medien auf den Kriegs- und Krisenfall eingestimmt.
Wie für die Krankenhäuser existieren solche Pläne für alle Bereiche der öffentlichen Infrastruktur. Auch in den privaten Industriekonzernen sollen Notfallpläne unter Einbeziehung der Bundeswehr und der örtlichen Verwaltungen erstellt werden. Bereits heute sind zahlreiche Waffenhersteller in den vor Schließung und Stellenabbau bedrohten Betrieben eingestiegen, vornehmlich in der Auto- und Zulieferindustrie.
Nicht zuletzt hat die Bundesregierung sich die Möglichkeit offen gehalten, die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder einzuführen, sollten die Anreize nicht ausreichen, um genügend Soldaten (vorgesehen sind weitere 40.000) für die Bundeswehr anzuwerben.
Sozialer Kahlschlag
Die riesigen finanziellen Mittel, die für das gigantische Aufrüstungsprogramm benötigt werden, sollen von den arbeitenden und erwerbslosen Menschen aufgebracht werden. Bundeskanzler Merz hat dies entsprechend angekündigt: „Wir können uns den Sozialstaat nicht mehr leisten.“ Sein Regierungspartner, die SPD, ist bereit diesen Weg mit zugehen. Dabei besteht die Aufgabe der Sozialdemokratie darin, die Gewerkschaften einzubinden, um einen möglichen Widerstand möglichst klein zu halten. Bisher ist ihnen dies auch gelungen. Die Beteiligung an entsprechenden Aktionen, z.B. Demonstrationen gegen den Genozid in Palästina, blieben im Vergleich zu anderen EU-Staaten bei uns eher gering. Dies könnte sich allerdings ändern, wenn die geplanten Einsparungen für die Lohnabhängigen spürbar werden und die Bereitschaft zur Gegenwehr wächst.
Der Widerstand soll verboten und zerschlagen werden
Die Bundesregierung tut alles, um den Widerstand gegen ihren Kriegskurs zu kriminalisieren und zu zerschlagen. Insbesondere die Palästina-Solidarität steht im Zentrum der staatlichen Repression und polizeilicher Angriffe. Es wurde eine lange Liste verbotener Parolen, Symbole und Organisationen erstellt. So sind beispielsweise unter anderem die Hamas, die PFPL, die Hisbollah und deren angebliche Vorfeldorganisationen als terroristisch verboten. Auch bei der Einbürgerung wird von den zukünftigen deutschen Staatsbürgern das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels verlangt.
Neben den Verboten und der Repression gegenüber der Palästina-Solidarität stehen die friedenspolitischen und antimilitaristischen Initiativen im Zentrum staatlicher Angriffe. Jüngstes Beispiel ist die Initiative „Rheinmetall entwaffnen“. Ihr Camp in Köln wurde zunächst von den Polizeibehörden untersagt. Nach Klagen vor den zuständigen Gerichten wurde das polizeiliche Verbot als unzulässig zurückgewiesen. Die Reaktion der staatlichen Schlägertrupps folgte unverzüglich. Die Polizei attackierte die Demonstration des Camps von „Rheinmetall entwaffnen“ und hielt Hunderte von Demonstrant:Innen in einem Polizeikessel stundenlang fest. Die Botschaft: Gesetze und Gerichtsurteile werden nur respektiert, wenn sie den staatlichen Interessen entsprechen. Ist dies nicht der Fall, setzen sich Regierungen und Verwaltungen mithilfe des staatlichen Gewaltmonopols darüber hinweg.
Die Kriminalisierung und Verfolgung außerparlamentarischer Organisationen und Gruppierungen verfolgt ein Ziel: Sie sollen nicht zum Sammelpunkt werden, falls die Kriegs- und Sparmaßnahmen zu Unmut und Gegenwehr unter breiteren Teilen der arbeitenden Bevölkerung führen.
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