»Jagdszenen aus Hamburg« –
der G20-Gipfel und die Folgen

Vorstand sperrt Veranstaltungsräume im IGM-Haus in Berlin

Unter diesem Titel sollte im Gewerkschaftshaus in Berlin am 23. März 2018 eine Veranstaltung stattfinden, initiiert vom Arbeitskreis Internationalismus in der IG Metall Berlin (AKI). Mitglieder des Arbeitskreises hatten selbst im Juli 2017 am Gegengipfel als auch an Demonstrationen in Hamburg teilgenommen. Sie wurden so zu Augenzeugen und zu Betroffenen der Polizeiübergriffe. Eingeladen hatten neben dem AKI auch die Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. und der Arbeitskreis kritischer Jurist*innen an der HU Berlin. Als Referentin geladen war die Hamburger Rechtsanwältin Gabriele Heinecke, Mitglied im Republikanischen Anwätinnen- und Anwälteverein.

Zwei Tage vorher meldete sich der erste Bevollmächtigter der IGM Berlin, Klaus Abel, beim AKI mit der Aufforderung, die Veranstaltung abzusagen. Die Räume im IG Metall Haus stünden nicht zur Verfügung. Die Veranstaltung ziele auf eine einseitige Verurteilung der Polizei, außerdem sei kein/e Vertreter/in der Polizeigewerkschaft (GdP) eingeladen. Die Absage kam offensichtlich von ganz oben, aus der DGB-Führung. Die Polizeigewerkschaft hatte interveniert. Die kritische Aufarbeitung von staatlicher Repression und Verfolgung soll unterbleiben, damit die GdP nicht verärgert und die »Einheit« im DGB bewahrt wird. Das erinnert an einen ähnlich gelagerten Fall vom November 2017 in München. Ein geplanter Antifa-Kongess sollte im DGB-Haus stattfinden. Nach der Intervention durch die Polizeigewerkschaften zog die DGB-Führung ihre Raumzusage zurück. Der innergewerkschaftliche Protest war jedoch so stark, dass der Antifa-Kongress dennoch in den Räumen des Gewerkschaftsbundes stattfinden konnte.

In Berlin reichte die Zeit nicht, um in den zwei Tagen bis zur geplanten Veranstaltung für den nötigen innergewerkschaftlichen Druck zu sorgen. Der AKI wollte aber nicht absagen und verlegte das Treffen kurzfristig in die MedienGalerie, eine Einrichtung von ver.di Berlin. 80 Besucher*innen waren gekommen. Natürlich stand, neben dem Referat von Gabriele Heinecke, das Veranstaltungsverbot im IGM-Haus im Mittelpunkt der Diskussion. Alle empfanden es als empörend, dass die Polizeigewerkschaft (GdP) über die Intervention im DGB Einfluss darauf nehmen könne, was und wie in den Einzelgewerkschaften diskutiert werden darf. Dies wäre ein weiterer Schritt zur Entpolitisierung der Gewerkschaften, deren Vorstände der sozialdemokratischen Linie pro GroKo folgen und kontroverse Debatten in den eigenen Reihen möglichst umgehen wollen. Einig waren sich die Teilnehmer*innen deshalb, es nicht bei der Verlegung und verbalen Protetsten zu belassen. Die Versammlung beschloss, eine erneute Veranstaltung zu diesem Thema im IG Metall Haus einzufordern.

Der Vorschlag, um der Verwaltungsstelle keinen weiteren Vorwand zu liefern, könne sie ja auch einen Vertreter der GdP einladen, fand zwar eine Mehrheit; er stiess aber bei einigen auf vehemente Ablehnung. Sie wollen sich aus prinzipiellen Gründen nicht mit Vertreter*innen der GdP an einen Tisch setzen. Mal abgesehen davon, dass die GdP wahrscheinlich kneifen oder in der Diskussion den Kürzeren ziehen würde, bleibt solche moralische Herangehensweise letztendlich unpolitisch. Sie verkennt, dass wohl auch eine Mehrheit unter den Gewerkschaftsmitgliedern den Darstellungen der Polizei und der bürgerlichen Medien über den G20-Gipfel glaubt. Wir müssen uns also mit diesen Ansichten und notfalls auch deren Repräsentanten auseinandersetzen, wollen wir nicht das Feld dem Gegenseite überlassen.

Wir dokumentieren im folgenden das Referat von Gabriele Heinicke. Neben einer Schilderung des Ablaufs enthält es eine zutreffende politische und juristische Bewertung der Ereignisse um den G20-Gipfel.


aus Arbeiterpolitik Nr. 2/3 2018

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