Anlässlich des diesjährigen Antikriegstags gab es in Hamburg zahlreiche Aktivitäten.
Den Anfang machte eine Kranzniederlegung am Mahnmal für die Opfer von Krieg und Faschismus auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Eine Kundgebung und das Hissen der Friedensfahne vor dem Gewerkschaftshaus folgte am frühen Nachmittag. Hier sprachen die Hamburger DGB-Vorsitzende sowie Vertreter*innen der VVN, des Auschwitz-Komitees und des AK ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten.
Das Hamburger Forum und ver.di hatten zur Kundgebung auf dem Gänsemarkt eingeladen und zur Demonstration zum Fischmarkt, wo die Abschlusskundgebung stattfand.
Auf der Abschlusskundgebung sprachen Hafenarbeiter aus Hamburg und Italien, sowie eine Vertreterin der Volksinitiative Ziviler Hafen.
Die Diskussionsrunde wurde mit nachstehendem Redebeitrag eingeleitet:
„Heute vor 82 Jahren begann mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen der 2. Weltkrieg. Unvorstellbares Leid hat er bis zur Befreiung hervorgebracht. Ca. 60 bis 70 Mio. Menschen wurden getötet. Dazu kommen alle, die verwundet und verstümmelt, all die, die durch das Erlebte traumatisiert wurden. Ein unendliches Leid, das sich nie wiederholen darf!
Den Antikriegstag begehen wir seit 1957. Er soll an die Schrecken der Weltkriege, an Gewalt und Faschismus erinnern. Nie wieder Krieg! Doch die Mahnung hat nicht lange vorgehalten, bereits am 12.11.1955, also gerade mal knapp 10 Jahre nach Kriegsende wurde in der BRD die Bundeswehr gegründet.
Seither erleben wir Jahr für Jahr, dass sich Kapital und etablierte Parteien nicht scheuen Rüstungsgüter zu produzieren, zu exportieren und Kapital daraus zu schlagen. Rüstungsexporte in einer Größenordnung von 6,226 Mrd. Euro wurden im letzten Jahr in Deutschland getätigt. In den Jahren 2015 bis 2019 hat Deutschland den 4. Platz am weltweiten Export von Großwaffen eingenommen (5,8 %). Und auch die Militärausgaben in Deutschland lassen sich sehen: 52,8 Mrd. US$ wurden dafür 2020 aufgebracht. Geld, mit dem man so viele friedliche Projekte unterstützen könnte.
Viele der Rüstungsexporte werden über unseren Hafen umgeschlagen. Aber nicht nur über den Hamburger Hafen. Durch eingegangene Beteiligungen an anderen europäischen Häfen, wird es ungleich einfacher, Rüstungsgüter gewinnbringend in Krisenländer zu exportieren. So hält die HHLA mit 50,01 % die Mehrheitsanteile am Multifunktionsterminal „PLT“ in Triest. Wir werden dazu gleich noch einen ausführlichen Bericht hören.
In der Hauptversammlung der HHLA am 10.06.2021 musste sich die Vorstandsvorsitzende kritischen Fragen stellen. Beantwortet wurden diese größtenteils nicht. Aber auch die wenigen Antworten, die es gab, sprechen eine deutliche Sprache. So antwortet die Vorstandsvorsitzende auf die Frage, ob die HHLA in Triest dem deutschen oder italienischen Recht bei Im- und Export von Kriegsgeräten unterläge, dass die HHLA ein Umschlagsunternehmen sei und die Kunden entscheiden würden, was umgeschlagen werde.
Auf Fragen, wie nach Militärtransporten ab Triest zur US Base in Aviano bzw. ob Waffen über Triest nach Israel geliefert oder ob Kriegsgerät für andere Mittelmeeranrainer in Triest umgeschlagen würden gibt es keine Antwort. Keine Antwort – spricht für sich. Wir beachten dabei, dass die Stadt zu einem nicht unerheblichen Anteil an der HHLA beteiligt ist.“
Monika Koops, Mitglied des ver.di AK Frieden und der Volksinitiative Ziviler Hafen begann ihren Beitrag zuerst mit einem Blick auf die Hamburger Verfassung:
„Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, Präambel:
»Die Freie und Hansestadt Hamburg hat als Welthafenstadt eine ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene, besondere Aufgabe gegenüber dem deutschen Volke zu erfüllen. Sie will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein. Durch Förderung und Lenkung befähigt sie ihre Wirtschaft zur Erfüllung dieser Aufgaben und zur Deckung des wirtschaftlichen Bedarfs aller… In diesem Geiste gibt sich die Freie und Hansestadt Hamburg durch ihre Bürgerschaft diese Verfassung.«
Der Text der Präambel selbst ist Teil der Verfassung und als schlichte Einführung zu den Artikeln unterbewertet. Ihren Sinn und ihre weitreichende Bedeutung erschließt sich denjenigen, die sich mit der Präambel gründlich auseinandersetzen.
1952 wurde die Verfassung nach mehrjähriger Entwicklung in der Bürgerschaft verabschiedet. Man stand auch in HH noch unter dem starken Eindruck von Krieg und Faschismus. Keine Familie ohne Opfer, ohne Täter. Diese Zeit sollte nicht vergessen, ihre Lehren daraus gezogen werden. Unsere Präambel soll uns mahnen und erinnern und fordert uns auf, dafür etwas zu tun. Wir, die Volksinitiative, auch ver.di, das Hamburger Forum, der DGB und unsere vielen anderen Unterstützer:innen nehmen sie ernst – diese unsere Präambel – doch allein die Tat fehlt. Da ist eine Rechnung offen seit fast 70 Jahren. Es wird Zeit dies zu ändern, das wollen wir mit dieser Volksinitiative, gemeinsam mit Euch, erreichen. Über unseren Hafen sollen keine Waffen mehr in die Welt gehen – dazu eine Regelung zu treffen, fordern wir den Senat auf. Und das WIR sind heute schon mehr als 10.000 Hamburgerinnen. Der Hafen gehört uns allen, er soll dem Gemeinwohl dienen und nicht Tod und Elend in die Welt bringen.
Ich freue mich so sehr darüber, hier und heute mit Hafenkolleg:innen auf dem Podium zu sitzen und darüber, dass heute Allessandro bei uns ist. Er und seine Mitstreiter:innen bei Weapon Watch setzen sich u.a. in Triest für einen zivilen Hafen ein. Das gemeinsame solidarische Handeln vor der Tür und über Grenzen hinaus, für eine Welt ohne Waffen ist genau die richtige Antwort – denn die Rüstungsindustrie agiert schon lange so. Wir haben da was aufzuholen. Ein Anfang ist gemacht. Mit Triest verbinden uns der Hafen und auch die HHLA, die in Triest an einem Terminal beteiligt ist.
Nun zum Konkreten, zunächst zu den Rüstungsexporten und dann zu dem was über unseren Hafen in die Welt geht. Es ist fast schon egal, wo wir hinblicken auf den Erdball, Kriege vielerorts, destabilisierte Staaten, durch Einmischung westlicher Staaten befeuert, statt befriedet – Afghanistan zeigt uns auf grausame Weise, wohin es führt. Die weltweite Entwicklung im Hinblick auf das überdurchschnittliche Anwachsen der Militärausgaben, der unseligen Rolle Deutschlands in diesem perfiden Spiel ist uns täglich Ansporn.
Die Hälfte, der in 2020 genehmigten Rüstungsexporte ist an sogenannte Drittländer wie Ägypten gegangen, also an Staaten, die weder EU- noch Nato- Mitglied oder diesen gleichgestellt sind. Ägypten war 2020 Hauptempfängerland, ist zudem offiziell Teil der von Saudi-Arabien geführten Koalition gegen die Huthi-Rebellen im Jemen. Deutschland ist 4.größter Waffenexporteur.
Und Hamburg ist als größter Seehafen Deutschlands (Platz 3 in Europa) dann zwangsweise Drehscheibe für das Geschäft mit dem Tod. Die Rüstungsexportzahlen für Hamburg sind nur schwer komplett und umfänglich zu ermitteln, zumindest in allgemeinverständlichen und vergleichbaren Größenordnungen wie z.B. TEU (Standardcontainermaß) Der militärisch-industrielle Komplex versteht es zu verhindern, das wahre Transparenz hergestellt wird.
Was wir wissen: Für das letzte Jahr, 2020, liegen nun alle Antworten auf Anfragen der Partei die Linke zu Rüstungsexporten über den Hamburger Hafen vor. Danach gingen Rüstungsgüter im Wert von über 1 Mrd. € über die Elbe in die Welt. Den Antworten der Bundesregierung ist nicht zu entnehmen, wohin die Rüstungsgüter geliefert werden. Dies fällt unter den Datenschutz. Wir wissen hier auch nicht, um wie viele Container es geht. Auch der Export von Kleinwaffen, der Massenvernichtungswaffe des 21. Jahrhunderts, ist in den letzten Jahren massiv gestiegen.
Wurden 2017 aus Hamburg noch Pistolen und Sturmgewehre im Wert von 500.000 Euro verschifft – so waren es 2018 schon 5 Mio Euro und 2019 dann mehr als 13 Mio Euro! 2020 dann knapp 35 Mio € das ist mehr als doppelt so viel. Panzer, Gewehre, Pistolen und Revolver benötigen natürlich auch Munition. Auch die passiert den Hamburger Hafen. Wir haben vor kurzem eine Veranstaltung zu Kolumbien gemacht – in Kolumbien führt die Regierung seit Jahren einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Dort und in Mexiko tauchten SigSauer Waffen in den Händen von Polizisten und Militär auf. Aus dem SigSauer Verfahren wissen wir, dass über den SigSauer-Standort in den USA Kleinwaffen nach Kolumbien geliefert wurden. Dafür wurde SigSauer vor kurzem verurteilt.
Aus diesem Anlass hatte ich mir im Hamburger Transparenzportal die umgeschlagenen Waffen- und Munitionstransporte, die unter gefahrgutrechtliche Vorschriften fallen, angesehen, und zwar Jahresweise.
Was ein Gefahrgut ist, regelt das Gefahrstoffrecht, in Verbindung mit Sicherheitserwägungen bei Transporten. Ein Gefahrgut ist vereinfacht dargestellt, etwas von dem aus sich heraus Gefahr droht.
Eine Waffe ohne Munition, also der Panzer, das Gewehr oder die Pistole oder das Kriegsschiff ist tatsächlich kein Gefahrgut, denn nach dem Gefahrgutrecht wird ihr ureigener Zweck, das Töten von Menschen, nicht betrachtet! Ein Gefahrgut ist ein Gefahrgut, weil es explodieren oder brennen kann, radioaktiv oder giftig ist, Wasser, Luft oder Boden kontaminieren, also der Umwelt (dazu gehört auch der Mensch) Schaden zufügen kann. Unter diese Gefahrgutrechtlichen Transporte über den Hamburger Hafen fallen z.B. Patronen, Geschosse mit Sprengladung, Torpedos, Gefechtsköpfe, Raketen.
Ich habe diese Listen jetzt einmal nach den aus Hamburg angefahrenen Löschhäfen ausgewertet und insbesondere nach Kolumbien geblickt. Dazu muss gesagt werden, die Listen weisen erst seit dem 3. Quartal 2018 Lösch- und Ladehafen aus. Da gibt es genau einen kolumbianischen Hafen, der aus Hamburg angefahren wird, das ist Cartagena. Über den Hamburger Hafen gingen dorthin folgende Anzahl an Containern, gefüllt mit Patronen – entweder für Handfeuerwaffen oder für Waffen mit inertem Geschoss: 2. Halbjahr 2018: 15, 2019: 24, 2020: 26, 1. Halbjahr 2021: 23
Damit wurden im 1. Halbjahr 2021 annähernd so viele Container mit Patronen nach Kolumbien verschifft, wie im Jahr 2019 insgesamt. Kleinwaffen dürfen seit 2019 nicht mehr an Drittländer exportiert werden. Das was die Waffe zur Waffe macht, das Geschoss, bleibt unbehelligt von der Deutschen Ausfuhrkontrolle und das was tötet, darf offensichtlich munter weiter exportiert werden – mit steigender Tendenz.
Wir wollen einen zivilen Hafen, es muss ein Ende haben mit den Waffenexporten weltweit!“ (es gilt das gesprochene Wort)“
Ihr folgte die Rede von Alessandro Capuzzo, Friedensaktivist aus Triest, Italien und Mitglied bei „Weapon Watch“.
Weapon Watch ist ein Forschungszentrum in Genua. Ein Zentrum, welches registriert und auswertet, wie viele und welche Waffen über europäische Mittelmeerhäfen aus Anrainerstaaten transportiert werden.
Die abgedruckte Rede ist eine Übersetzung aus dem italienischen, die von Rolf Becker vorgetragen wurde.
„An die Kollegen von Ver.di und an die Aktivisten für einen zivilen Hafen Hamburg
Hallo zusammen, ich freue mich, zum 1. September zu einem Referendum beizutragen, das Hamburg zum Friedenshafen erklärt. Auch wir versuchen Ähnliches in Triest, Koper-Capodistria und anderen Mittelmeerhäfen zu erreichen. Dieser Beitrag schließt sich dem Boykott saudischer Waffenschiffe an. Der begann in Genua dank der Vereinigung The Weapon Watch – ich gehöre ihr an, wie auch der Hafenarbeitergewerkschaft Calp. Kurz: Triest hat mit Hamburg Manches gemeinsam:
- Häfen, in denen die HHLA, die Hamburger Hafen und Logistik Aktiengesellschaft, zivile und militärische Waren für den Transport lagert und Schiffe be- und entlädt.
- Italien und Deutschland haben beide US-Fliegerhorste, in denen nukleare Sprengköpfe lagern.
Und zwei Gemeinsamkeiten haben wir, auf der wir unser Engagement für den Frieden rechtlich gründen können:
- Hamburg hat in der Präambel zu seiner Verfassung festgeschrieben, die Stadt will: „im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein.“ Die Region Triest ist im Friedensvertrag von 1947 zur neutralen Zone erklärt worden.
- Zudem gibt es in Italien ein Gesetz, das den Export von Waffen in kriegführende Staaten verbietet. Auch in Deutschland gibt es ein solches Waffenexportverbot.
Der Hafen von Triest wurde 1944 von britischem und US-amerikanischem Militär verteidigt und damit vor der Zerstörung durch Nazi-Faschisten bewahrt. Heute ist er ein Transithafen für Todesinstrumente. Die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit, die Waffengegner der internationalen Organisation „Disarmisti Esigenti“ und der ehemalige Bürgermeister von Koper-Capodistria, unser Partner in Slowenien, haben den Vereinten Nationen am 20 Juni 2017 eine Eingabe eingereicht: Sie schlagen darin auf der Grundlage des Vertrages zum Atomwaffenverbot eine Fallstudie zur Denuklearisierung unserer Häfen vor.
Das Dokument übergaben sie der Präsidentin der UN-Konferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag, Elayne Gomez aus Costa Rica. Costa Rica ist das einzige Land ohne Militär. In dem Schreiben beziehen sich die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner auf den Friedensvertrag von 1947 zwischen Italien und den Siegermächten. Er wurde vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit der Resolution 16 umgesetzt und vom italienischen Parlament ratifiziert. Darin werden die Gebiete Triest und Koper-Capodistria als „entmilitarisiert und neutral“ definiert.
Gegenwärtig teilen sich Italien und Slowenien den Golf von Triest mit Kroatien; die drei Staaten sind Teil des NATO-Bündnisses (Italien seit 1952, Slowenien seit 2004 und Kroatien seit 2009). Sie haben sich gegen den neuen UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen ausgesprochen. Dank der ICAN-Koalition zur Abschaffung von Atomwaffen wurde der Vertrag jedoch genehmigt, und ICAN wurde 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Mit der 50. Ratifizierung trat der Atomwaffenverbotsvertrag am 22 Januar 2021 endlich in Kraft.
Trotz des Friedensvertrags von 1947, trotz des Verbots von Atomwaffen und trotz der Erklärung von Barcelona, die 1995 ein atomwaffenfreies Mittelmeer forderte, beherbergt der Golf von Triest zwei Orte, die Transithäfen für Atomwaffen sind: Triest und Koper-Capodistria.
Diese beiden urbanen Zentren können weder mögliche Unfälle noch die Lagerung oder den Transport konventioneller oder atomarer Vernichtungswaffen ernsthaft verhindern. Und: Sie könnten selbst zum Ziel von militärischen und sogar nuklearen Angriffen werden.
1972 wurde das Industriegebiet von Triest zum Schauplatz eines erschreckenden Angriffs auf die TAL-Tanks der Dolina-Ölpipeline. Die Pipeline verläuft quer durch die Alpen. Sie ist die größte im Mittelmeerraum, und versorgt Österreich, Tschechien und Deutschland. Die Risikobewertung für diese Anlage unterliegt dem Militärgeheimnis. Das zwingt die Behörden, wichtige Informationen über mögliche Gefahren zurückzuhalten. Im Falle eines nuklearen oder anderen Unfalls könnten Notfallpläne also gar nicht so umgesetzt werden, wie das Gesetz und die europäischen Richtlinien es vorschreiben.
Eine Fallstudie zur Denuklearisierung des Golfes von Triest, wie sie den Vereinten Nationen schon vorliegt, wäre auch für andere Orte wie die US-Militärbasis Aviano nützlich. Dort ist das Vorhandensein von Atomwaffen nie offiziell bestätigt worden und die Bürger sind über die äußerst schwerwiegenden Gefahren nicht aufgeklärt. Auch jetzt nicht, da die bevorstehende Aufrüstung bestehender Kernsprengköpfe auf die präzisionsgelenkte Type „B.61-12“ das Risiko für die Bevölkerung im gesamten Alpen-Adria-Raum und darüber hinaus exponentiell erhöht. Auch Krško in Slowenien könnte betroffen sein. In direkter Nachbarschaft des Kernkraftwerks dort soll ein weiteres AKW entstehen. Miteigentümer ist Kroatien. Das Atomkraftwerk ist erdbeben- und unfallgefährdet.
Triest ist zum einen eine entmilitarisierte, neutrale Zone und zum anderen ein von der Nato geschütztes Gebiet. Dieser Widerspruch muss dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Sicherheitsrat vorgelegt und geklärt werden.
Aus Triest sind Militärschiffe ausgelaufen zu Kriegshandlungen, die nach den UN-Statuten völkerrechtswidrig waren, wie zum Beispiel die Raketenangriffe auf Syrien. Auch wurden militärische Güter von Triest nach Saudi-Arabien verschifft, zur Unterstützung der saudischen Invasion im Jemen.
In einem Bericht an den Sicherheitsrat wird der Einsatz von in Italien hergestellten Bomben von RWM Rheinmetall auf zivile Gebiete im Jemen nachgewiesen. Der Bericht zeigt auf, dass es sich dabei um Kriegsverbrechen handeln könnte. Im Jahr 2016 reichte eine Gruppe von Bürgern bei der Staatsanwaltschaft in Triest eine Beschwerde ein, in der sie auf die sensiblen Exporte in die Vereinigten Arabischen Emirate hinwies. Diese verstoßen gegen die italienische Verfassung und das Gesetz 185/90, das die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Länder verbietet, die sich im Krieg befinden. Die Beschwerde führte als erstes zu einer neuen Hafenverordnung, die den Umgang mit Sprengstoffen stark einschränkt.
Im Jahre 2018, 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in Europa haben Menschen und Vereine aus den umkämpften und einander feindlichen Nachbarregionen in Klagenfurt das Manifest für eine Alpen-Adria-Region des Friedens ins Leben gerufen. Sie haben uns eingeladen, als Bürgerinnen und Bürger gleichberechtigt an einer Zukunft mitzuarbeiten, in der wir regional und global agieren.
Um die Jahrhundertwende ließ uns die allmähliche Konsolidierung der Europäischen Union an eine Beilegung ethnisch-nationalistischer und kriegerischer Spannungen denken, Doch die Globalisierung scheint diese Vorstellung zu zerstören. Der weltweite Marsch für Frieden und Gewaltlosigkeit will nun in lokalen und internationale Kampagnen Menschen miteinander verbinden, um Vertrauen und Freundschaft wieder aufzubauen.
Im Februar 2020 wurde im Zuge des weltweiten Marsches für den Frieden in Spanien ein Projekt geboren mit dem Titel: Mediterraneo Mar de Paz. Es fand Anhänger auch in der Alpen-Adria-Region (Kärnten, Slowenien und Westkroatien, Friaul-Julisch Venetien). So konnte trotz des ersten Covid-Lockdowns der Friedensmarsch in Pirano an der Südküste Sloweniens Station machen.
Im Golf von Trieste wollen wir nun eine Botschaft des Friedens aufbauen und dazu die Resolution 16 des Sicherheitsrats anwenden. Wir möchten damit die internationale Initiative für eine nuklearfreie Zone im Mittelmeerraum und im Nahen Osten wiederbeleben und an jene atomwaffenfreien Zonen anschließen die in Südamerika, im Südpazifik, in Südostasien, in Afrika, in der Antarktis, im Weltraum und auf dem Meeresboden bereits existieren.
Wir möchten also die Barcelona-Erklärung für ein Mittelmeer des Friedens umsetzen, dem Weg folgend, der 1945 begann. Das Kriegsleid hatte eine neutrale „Linie“, einen Eisernen Vorhang, gezogen, der von Finnland bis nach Jugoslawien reichte. Drei Zentren waren kennzeichnend: Berlin, Wien und Triest mit ihren Neutralitätsstatuten. Mit unseren Aktivitäten möchten wir im Mittelmeerraum auf das Neutralitätsgebot der Nachkriegszeit zurückkommen und es im heutigen Europa umsetzen. – Könnte Hamburg 2024/2025 eine Station auf dem dritten weltweiten Marsch für Frieden und Gewaltlosigkeit werden?“ (es gilt das gesprochene Wort)
Rolf Becker fand nach dem Vortrag der Rede von Alessandro eindringliche Worte an die Gewerkschaften.
Er sprach von den großen Aufgaben, die vor den Gewerkschaften und ihren Mitgliedern lägen. Die Skepsis der Gewerkschaftsbasis an allen Gewerkschaftsführungen nehme zu. Daher sei es erforderlich, dafür zu sorgen, dass sich die Gewerkschaftsführungen ausschließlich an ihren Mitgliedern orientierten und nicht an den Interessen einer Partei, namentlich der SPD. Die Interessen der Kolleg*innen seien zum Teil in ungeheurem Maße verletzt worden – durch die Agenda 2010, durch die Einführung von Hartz IV. Deshalb seien die Kolleg*innen heute zurückhaltend. Die Gewerkschaftsführungen müssten umkehren, hin zu einer konsequenten Unterstützung derer, die sich einsetzen, engagieren. Dabei gehe es nicht nur um moralische Unterstützungen, um Solidaritätsbotschaften, sondern um konsequente Mobilisierung zum Widerstand.
In den Medien werde regelmäßig über einen drohenden Krieg gegen Russland und die Frage der deutschen Beteiligung berichtet. Auch über einen möglichen Krieg gegen China. Wenn aber weiter gegen Russland mobilisiert und gerüstet werde, dann könne der Kriegsschauplatz nur Europa sein. Es gehe um die ökonomische Vorherrschaft auf der Erde, eine Vorherrschaft, die den USA zu entgleiten drohe.
Interesse der USA sei, einen der beiden großen Konkurrenten – China und oder die EU – auszuschalten. Würde Europa zum Kriegsschauplatz und zerstört werden, hätten die USA mindestens 75 Jahre ihre Vorherrschaft abgesichert. Daher sei es von großer Wichtigkeit, die Botschaften des Antikriegstages, insbesondere der Rolle des Hamburger Hafens weiterzutragen. Der Hamburger Hafen liegt mitten im Stadtgebiet. Sollte es jemals zu einem schweren Unfall mit Rüstungsmaterial, Waffen etc. kommen, wären nicht nur Teile des Hafens, sondern auch anliegende Stadtteile von Zerstörung betroffen und zahlreiche Menschen dadurch ihr Leben verlieren.
Im Anschluss an die Reden gab es einige Fragen, die von den beiden anwesenden Kollegen aus dem Hafen beantwortet wurden. Sowohl Frank Bomball, als Malte Klingforth sind Mitglieder im ver.di Arbeitskreis Häfen.
Fragen:
- Wie steht es um die Solidarität der Arbeiter*innen im Hamburger Hafen?
- Wärest Du/Ihr heute hier, wenn es die Volksinitiative nicht geben würde?
- Ist Euch bekannt, was für Ladung sich in den Containern befindet, die in Hamburg verladen werden?
- Könntet Ihr Euch vorstellen, mit Kolleg*innen Ladung anzuhalten, wenn bekannt wäre, dass sich Rüstungsgüter in den Containern befänden?
- Wie geht es weiter? Wie werden Kolleg*innen informiert und wie wird das Problembewusstsein der Arbeiter*innen entwickelt, gefördert?
- Gibt es eine Vernetzung mit den Kolleg*innen in den deutschen Häfen?
- Wie stellt Ihr Euch eine gute und erfolgreiche Vernetzung der Arbeiterschaft europaweit vor? Wo existiert sie bereits?
- Welche Rolle spielen ITF und ETF in der Vernetzungsfrage? Kontakte der Kolleg*innen untereinander, Kontakte der Funktionär*innen?
Frank geht auf die Fragestellungen ein und erläutert, dass die Hafenarbeiter*innen global in der ITF und ETF organisiert sind, denen insgesamt 726 Gewerkschaften angehören. Mit Sorge werde registriert, dass Rüstungsgüter, Munition und Waffen über den Hamburger Hafen verladen werden, aber für die im Hafen arbeitenden Kolleg*innen sei nicht erkennbar, was sich in den Containern an Bord oder im Verladebereich befindet. Sie seien auf den Terminals nur für die Verladung und die Sicherheit dieser verantwortlich. Aber sie engagieren sich, für gute Arbeitsbedingungen, für Tarifverträge und ein solidarisches Miteinander.
Nicht erst in Genua, sondern schon früher, in Barcelona wurden Rüstungsexporte von den Hafenarbeitern bestreikt. Vor einigen Jahren wurden in England Waffenexporte boykottiert. In Genua war klar erkennbar, dass Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien exportiert werden sollten. Die Hafenarbeiter haben den Export zunächst erfolgreich boykottiert.
Er merkt an, dass es nicht so einfach sei, ein Schiff zu boykottieren, rechtlich sei das nicht genau gesichert. Dafür sei ein starkes Netzwerk erforderlich, über welches die Hafenarbeiter verfügen.
Am Beispiel von Guatemala führt er auf, wie sich die internationalen Gewerkschaften für den Schutz von Hafenarbeitern einsetzen, nachdem dort Hafenarbeiter getötet wurden.
Malte ergänzt, dass das Problem im Hamburger Hafen tatsächlich sei, dass keinem Schiff angesehen werden könne, welche Ladung es trägt bzw. empfangen soll. Die Ladung befindet sich in verschlossenen Metallboxen und niemand, der mit der Verladung beschäftigt ist, sieht was sich darin befindet. Es gibt keinen Einblick in die Verladelisten. Die Ladungen sind unsichtbar. Das ist der große Unterschied zu den Häfen, über die große Rüstungstransporte laufen.
Über den Hamburger Hafen werden jährlich ca. 1.000 Container mit Munition umgeschlagen, das sind ca. 3 Stück pro Tag. Welche es sind, lässt sich aufgrund fehlender Kennzeichnungen nicht feststellen.
Der Arbeitskreis Frieden hat den Arbeitskreis Häfen eingeladen, gemeinsam zu arbeiten, gemeinsame Veranstaltungen zu organisieren. Die Kundgebung am Antikriegstag ist der Auftakt für eine engere Zusammenarbeit.
Malte berichtet, dass er beim Abschluss seines Arbeitsvertrags noch eine Einverständniserklärung unterschreiben musste, die ihn dazu verpflichtet, auch Rüstungsgüter, Waffen und Munition mit umzuschlagen. Die Tatsache, dass solch eine Erklärung von den Arbeitnehmenden gefordert wird, zeigt, dass sich die Umschlagsbetriebe sehr wohl der Brisanz bewusst sind. Es geht hier um ein moralisches Problem, sonst wären derartige Erklärungen überflüssig.
Er bezieht sich auf die Aussagen von Rolf, dass die Gewerkschaften viel stärker in die inhaltliche Auseinandersetzung einsteigen müssen. Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welche Vorteile Umschlagsfirmen und Rüstungsindustrie für sich verbuchen, wenn sie es immer wieder schaffen, Sondergenehmigungen zu bekommen und damit Exportverbote unterlaufen können. –
R.B. 17.09.2021
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