1. Mai in Hanau – natürlich nazifrei

Korrespondenz

Die Tradition des 1. Mai hatten die Nazis 1933 für ihre Zwecke der Vernichtung der Arbeiterbewegung und des Angriffs auf die Sowjetunion entfremdet und den Anlass in „Tag der Arbeit“ umgefälscht. Noch heute wissen die Nazis, wie wichtig es für sie ist, sich an diesem Tag in Szene zu setzen. Die NPD hatte deshalb Anfang Oktober 2018 bekanntgegeben, zum 1. Mai 2019 einen bundesweiten rechten Aufmarsch im Rhein-Main-Gebiet zu organisieren. Vormittags wollten sie durch Hanau, nachmittags durch Frankfurt ziehen. Doch daraus wurde nichts. In Hanau bildete sich ein breites Bündnis von DGB und Einzelgewerkschaften über SPD, Die Linke, DKP und Grüne bis zu linken Initiativen und Vereinen, das Abwehrmaßnahmen diskutierte und beschloss. Auch in Frankfurt formierte sich ähnliches. Schon im März kam die Absage der NPD: Sie wolle nicht ins Rhein-Main-Gebiet, sondern nach Dresden mobilisieren. Inwiefern die Bündnisabsprachen in Hanau und Frankfurt dazu beigetragen hatten, lässt sich natürlich nicht sagen. Das Rhein-Main-Gebiet ist erfahrungsgemäß ein schwieriges Pflaster für die Nazis und wird es bleiben.

In Hanau gibt es eine lange Vorgeschichte der Abwehr von Rechtsextremen durch Antifaschisten, wie in anderen Regionen auch. In vergangenen Jahrzehnten ging es etwa um die NPD, dann die „Republikaner“, in den letzten Jahren erneut um die NPD und nun die AfD. So wurden zeitweilig Bündnisse gegen Rechts gegründet und gibt es sie teilweise immer noch. Die Aktiven kommen aus verschiedenen Zusammenhängen: Gewerkschaften, linke Parteien, sozialpolitische Initiativen, autonome Antifa, bürgerliche Vereine, kirchliche Gruppen etc. Eine Zeitlang wurde der Ostermarsch in Bruchköbel von Nazis zu unterwandern versucht; dies wurde durch ein aktives Bündnis abgewehrt. Bei den Aufmärschen der NPD zum 1. Mai 2013 und zum Bundestagswahlkampf des gleichen Jahres fühlte sich sogar die politische Führung der Stadt (SPD, Grüne u. a.) zur Gründung eines „Runden Tisches“ veranlasst, der freilich im Sande verlief. Die letzte Steigerung dieser Entwicklung bildeten im Jahre 2018 die Auseinandersetzungen mit der örtlichen AfD, die zunächst versuchte, eine antifaschistische Veranstaltung der VVN im Gewerkschaftshaus zu unterlaufen und die örtlichen Gewerkschaftsführungen zu verunsichern. Das reichte bis hin zu einer „Mahnwache“ der AfD vor dem DGB-Gebäude und zu öffentlichen verbalen und körperlichen Angriffen gegen FunktionärInnen und AktivistInnen. Diese Vorgänge beschrieben wir in Arbeiterpolitik 4/2018.

Um der NPD den Aufmarsch in die Hanauer Innenstadt zu verwehren, beschlossen der DGB und das Bündnis, die Kundgebung und das anschließende Fest in diesem Jahr nicht an den traditionellen Örtlichkeiten zu organisieren, von denen die erste in der Innenstadt, die abschließende aber etwas außerhalb liegt. Für diesmal sollte zunächst der Hanauer Hauptbahnhof der Ausgangspunkt sein. Die Demonstration sollte an der Fabrik von Goodyear Dunlop vorbeiführen, um die KollegInnen dort in ihrem Abwehrkampf gegen die Unternehmensleitung zu bestärken. Good-year plant dort den Abbau von 610 Arbeitsplätzen. Der Endpunkt mit der eigentlichen Maikundgebung sollte der Marktplatz sein, den die NPD für sich angemeldet hatte. Das Konzept wurde einstimmig beschlossen. Nach der Absage der NPD bzgl. des Aufmarschs im Rhein-Main-Gebiet war die Aufregung dann rasch vorüber.

DGB und Bündnis hielten dennoch an dem beschlossenen Ablauf und den neuen Örtlichkeiten fest. Dies traf zwar hier und da auf Skepsis, weil hier eine lokale Tradition gebrochen werde, aber nicht auf grundsätzlichen Widerspruch. Am Tag des 1. Mai ist alles wie geplant verlaufen, die Beteiligung schien sogar größer zu sein als in den letzten Jahren. Ganz genau wird man es wissen, wenn die Auswertung in einer Besprechung gegen Ende des Monats Mai vorliegt. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass das neue, in der Abwehr des NPD-Aufmarschs entwickelte Konzept für die nächsten Jahre beibehalten wird. Für die Gewerkschaften in Hanau ergibt sich daraus die Chance, am 1. Mai nicht wie bisher auf einer Wiese in einem Stadtteil zu feiern, sondern selbstbewusst in der Innenstadt Präsenz zu zeigen.

F-HU. 3.5.2019


aus: Arbeiterpolitik Nr. 2 / 2019

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