Gewerkschaftliche Friedenskonferenz in Hanau

​Gegen Militarisierung, Sozialabbau und Burgfriedenspolitik der Gewerkschaften​

Die Hanauer Konferenz „Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg“ vom 23./24. Juni 2023 hat ein größeres Echo gefunden, als von den Organisatoren, der IG Metall Hanau/Fulda und der Rosa-Luxemburg-Stiftung, erwartet worden war. Als Zahl der Teilnehmenden wurden ca. 250 physisch Anwesende und über 200 Personen, die sich über Livestream zuschalteten, angegeben. Da es im Hanauer Gewerkschaftshaus keinen Raum gibt, der eine solche Personenzahl fassen kann, die Konferenz aber unbedingt dort stattfinden sollte, hatte die IG Metall Hanau/Fulda ein großes Zelt im Hof aufgestellt. Die Teilnehmenden kamen aus vielen Regionen Deutschlands, aus dem Rhein-Main-Gebiet ebenso wie aus Köln, Düsseldorf, Hamburg, Berlin usw.

Zur Vorgeschichte der Konferenz

Dieses bundesweite Interesse war für eine Veranstaltung in einer mit ca. 100000 Einwohner eher kleinen Stadt nicht eben selbstverständlich. Aber die Konferenz hatte ihre Vorgeschichte. Sie war keine „von oben“ aufgesetzte Veranstaltung, die die Mitglieder auf den Kurs ihrer Führung einschwören sollte. Zunächst wurde vielmehr ein Zusammengehen mit der örtlichen Friedensbewegung vereinbart und auf dieser Grundlage die gewerkschaftliche Basis mobilisiert. Wir haben in der Arbeiterpolitik in den Ausgaben 1/2023 und 2/2023 über die Warnstreiks von IG Metall Hanau/Fulda vom 17. November 2022 und ver.di Main-Kinzig/Osthessen vom 23. März 2023 zusammen mit weiteren Aktionen dieser Zeit berichtet. Sie waren Teil der jeweiligen Tarifrunden und wurden genutzt, um tarifliche, frie­dens- und sozialpolitische Forderungen zu verbin­den, d. h. die Warnstreiks ein Stück weit mit einem politischen Mandat zu versehen. Das Konzept wurde, wie berichtet, von den Kolleg:innen gut angenommen: Zur IG Metall-Aktion am 17. November 22 kamen ca. 1000, zur ver.di-Aktion am 23. März 23 etwa 2000 Streiken­de zu den Kundgebungen – für eine Stadt dieser Größenordnung wirklich gut.

Die nächsten Stufen waren die im Jahresablauf üblichen Termine: Die Auseinandersetzung um den Ostermarsch in Bruchköbel führte seitens einer höheren Ebene der Gewerkschaftshierarchie, des DGB-Bezirks Hessen-Thürin­gen, zu einem Teilnahmeverbot, weil die örtlichen Gliederungen von DGB, IG Metall und ver.di im Main-Kinzig-Kreis dem Kurs der Ampelkoalition in Berlin, im Rahmen der NATO einseitig das Selenski-Regime im Ukraine­krieg zu unterstützen, nicht folgen wollten. Aber der DGB-Kreis Main-Kinzig, nachdrücklich unterstützt von der Delegiertenversammlung der IG Metall Hanau/Fulda, setzte sich mit der Forderung durch, solche Entscheidungen vor Ort selbst zu treffen. Der Erste Mai verlief dann im üblichen Rahmen, unter anderem mit frie­denspo­litischen Reden.

Für den kommenden Gewerkschaftstag der IG Metall im Oktober wurde in Hanau/Fulda ein Antrag vorgelegt, der die Überschrift trägt: „Friedens-, Verteilungs- und Außenpolitik gemeinsam denken“ (auch aus anderen Regio­nen gibt es Anträge in dieser Richtung, die einen friedenspolitischen Ansatz auf die gewerkschaftliche Tagesord­nung setzen wollen). Die Delegiertenversammlung nahm diesen Antrag an. Hierbei muss man bedenken, was wir schon in Arbeiterpolitik 1/2023 über die Problematik der Vermittelbarkeit solcher Ansätze unter politisch unter­schiedlich denkenden Kolleg:innen schrieben: „Schwierigkeiten hatten dagegen offenbar viele Kolleg:innen mit der Forderungen nach diplomatischer Beendigung des Krieges; hier schlug erkennbar die mediale Berichterstat­tung und Kommentierung durch, die im Einvernehmen mit Bundesregierung und Unionsparteien die Verantwor­tung einseitig bei Russland sieht. Das zog jedoch auch bei diesen Kolleg:innen keine ausdrückliche Distanzierung von der sozialpolitischen Ausrichtung der Aktion (des Warnstreiks vom 17.11., d. Red.) nach sich.“ Hier zeigt sich, was Gewerkschaften etwa von Parteien unterscheidet: Letztere sind „weltanschaulich“ ausgerichtet, Gewerk­schaften dagegen organisieren Mitglieder auf Basis ihrer sozialen Interessen als Lohnabhängige. Zu deren wichtig­sten Bedürfnissen gehören aber Frieden und die Aufwendung von Ressourcen für Lebensmittel, Wohnungen, Bil­dung, Gesundheit usw. anstatt in militärische Rüstung. Hieran ist unbedingt anzuknüp­fen. In der Gewerkschafts­arbeit kommt es in solch einer Situation darauf an, politisch Trennendes zurückzustellen, um die Gemeinsamkeit der sozialen Interessen umzusetzen.

Bis dahin war das schon ein bemerkenswertes Engagement der örtlichen Gliederungen von DGB, IG Metall und ver.di in Hanau und Umgebung. Die nächste Stufe der Erweiterung dieses Prozesses war nun die Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung für die Ausrichtung einer bundesweiten, gewerkschaftlich (mit-)bestimmten Friedenskonferenz in Hanau. Der Kontakt wurde offensichtlich erleichtert durch die Person von Ulrike Eifler, die in der Partei Die Linke eine der Sprecher:innen der AG Betrieb & Gewerkschaft ist und Hanau gut kennt aus ihrer Zeit von 2014 bis 2019 als Geschäftsführerin der DGB-Region Südosthessen, deren Zentrum Hanau ist. Sie und der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Hanau/Fulda, Robert Weißenbrunner, führten später durch das Programm der Konferenz.

Bevor wir dazu kommen, wollen wir noch die nächste geplante Stufe der Erweiterung angeben: Robert Weißen­brunner sprach in seinem Schlusswort von einem „überregionalen und einzelgewerkschaftsübergreifenden DGB-Friedensratschlag„, den man jetzt in weiterer Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung anstreben wolle. Man darf gespannt sein, was daraus wird. Wir erinnern hier an unsere Schlussfolgerung in Arbeiterpolitik 1/2023: „Zunächst einmal ist Hanau mit rund hunderttausend Einwohner:innen eine eher kleine Stadt, die bundes­weit kein besonderes Gewicht in die Waagschale bringen kann. Da hilft auch nicht der Status einer relativ starken Industria­lisierung oder die Position am Rande des wirtschaftsstarken Rhein-Main-Gebietes. Der Versuch der Politisierung der gewerkschaftlichen Tarifarbeit, der in Hanau gemacht wurde, hat insofern die Bedeutung, dass jemand den Anfang machen muss. Wie das weiterwirkt, ob das aufgegriffen wird, kann nur die Zukunft ergeben.

Die Konferenz

Die Konferenz wies natürlich eine Zusammensetzung auf, die sich stark von solcher der öffentlichen Kundgebun­gen unterschied. So weit in der Diskussion erkennbar, handelte es sich bei den Teilnehmenden weitgehend, vor allem bei denjenigen, die von außerhalb kamen, um Funktionär:innen, erfahrene Aktive, politikwissenschaftlich Gebildete, in linken Publikationen Tätige usw., die Mehrzahl im Rentenalter. Kolleg:innen von der „Basis“ ohne solche Voraussetzungen gab es erfahrungsgemäß wenige. Jüngere Personen mögen einen Anteil von 20, 30 Pro­zent ausgemacht haben.

Dies wurde auch im Nachgang, im individuellen Gespräch von einigen Teilnehmenden kritisiert. Man sollte sich natürlich keine Illusionen machen: Solche Konferenzen, als intellektuelle Aufarbeitung einer gesellschaftspoliti­schen Lage, zur Strategiebildung darin oder Nachbereitung von Aktionen, sind eben für solche Aktiven ein Anzie­hungspunkt, die ein Interesse und die Möglichkeiten haben, sich in dieser Weise damit zu beschäftigen und sich einzubringen. Das gilt entsprechend auch für das Programm und den Ablauf der Konferenz: Kritisiert wurde, sicher auch zu Recht, dass viele lange Vorträge (von prominenten Referent:innen) geplant waren, aber sehr wenig Zeit für Diskussion vorgesehen war. In der späteren Umsetzung war das Verhältnis noch einmal verschlechtert, weil etliche Referent:innen ihre Redezeit „überzogen“. Was hier zur Geltung kam, war offensichtlich das intellektuelle und wissenschaftliche Potenzial einer Institution wie der Rosa-Luxemburg-Stiftung gegenüber den in dieser Hin­sicht bescheideneren Ressourcen einer „kleinen“ IG Metall-Verwaltungsstelle in einer Stadt wie Hanau. Die Stif­tung hatte in dieser Weise im Programm offenbar die Regie übernommen und die Gewerkschaft aus eigenem Interesse das zugelassen.

Es wurde aber auch mehrmals daran erinnert, wo das eigentliche Verdienst an der Ausrichtung einer solchen gewerkschaftlich bestimmten Konferenz in Hanau lag: an der Mobilisierung der streikwilligen, kämpferischen Gewerkschaftsbasis, wie oben beschrieben. Man kann das als Beispiel nehmen für das dialektische Verhältnis von Praxis und Theorie.

Robert Weißenbrunner berief sich in seiner Eröffnungsrede auf Gewerkschaftsbeschlüsse, aus denen Konsequen­zen wie die Ablehnung von Waffenlieferungen ableitbar seien. Andreas Zumach hielt ein langes Referat zur geopo­litischen Lage, in der er im Stellvertreterkrieg des „Westens“ gegen die Russische Föderation die Legitimations­mythen beider Seiten (etwa: die „Verteidigung westlicher Freiheit“ vs. die russische Aktion zur „Entnazifizierung“ der Ukraine) entlarvte. Ingar Solty bezog sich auf einen weiteren Rahmen der „multiplen Krise“, also etwa auch Klimakrise, Finanzkrise, Pandemie, Hegemoniekrise der USA mit ein, die den gegenwärtigen Kapitalismus grundsätzlich transformiere. Özlem Demirel legte ihren Schwerpunkt auf die klassenpolitische Analyse: Es seien in allen direkt und indirekt betroffenen Ländern und Regionen die Lohnabhängigen und verarmten Menschen, die den Preis bezahlen müssten. Die internationalen Gäste – Jeremy Corbyn von der Labour-Linken in Großbritannien und Valentina Orazzini, FIOM/CGIL-Gewerkschafterin aus Italien – konzentrierten ihre Beiträge auf die Situation in ihren Heimatländern mit Bezügen auch auf europaweite Politik. In den wenigen offenen Diskussionsrunden wurde deutlich, wie schwer es werden wird, die Gewerkschaften als Ganze zu einer antikapitalistischen Friedens­politik zu bringen. Die Videodokumentation (zumindest Auszüge) findet sich auf der Internetseite der IG Metall Hanau/Fulda.

Inhaltlich gab es keine Überraschungen, relevante Widersprüche zwischen den Referaten und den Diskussions­beiträgen waren nicht zu registrieren. Die Konferenz bot auch, wie üblich, Gelegenheit zum informellen Aus­tausch. Wir wollen es dabei bewenden lassen und im übrigen auf unsere eigenen Artikel zur Einschätzung der geopolitischen, der klassenmäßigen und der historischen Aspekte des Ukrainekrieges in der „Arbeiterpolitik“ verweisen.

Zum Strategiepapier der Steuerungsgruppe

Kritik zog auch ein Schluss- und Ausblickpapier von der friedenspolitischen Gewerkschaftskonferenz in Hanau auf sich. Der Zweck ist laut Textvorgabe „Analyse und Arbeitsgrundlage der Steuerungsgruppe“. Es ist keine förmliche Abschlusserklärung, weil es nicht von der Konferenz verabschiedet, sondern allein von der Steuerungs­gruppe verfasst wurde (der – so kann man vermuten – zumindest Robert Weißenbrunner, Ulrike Eifler und Heinz Bierbaum, der Leiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung, angehören dürften). Es ist offensichtlich, dass die­ses Papier bereits vor dem Beginn der Konferenz verfasst worden sein musste, denn es lag am Ende des zweiten Tages bereits fertig ausgedruckt vor und wurde verteilt.

Man mag darin einen undemokratischen Vorgang sehen, die Konferenz zu überfahren. Dem steht jedoch gegen­über, dass in dem Papier nicht behauptet wird, so etwas wie eine Abschlusserklärung zu sein. Das wiederum mindert seinen politischen Wert ein wenig, zumal der Begriff „Steuerungsgruppe“ nicht entschlüsselt wird. Es zeigt aber sehr wohl die inhaltliche Grundausrichtung der Konferenz (die ja – wie oben erwähnt – sich in grundlegenden Auf­fassungen einig war) und damit auch, wohin die Reise in etwa gehen soll.

Grob eingeordnet, teilt sich das Papier in zwei Teile, jeweils die erste und die zweite Seite. Auf der ersten wird „(i)n einer sicher sehr verkürzten Analyse„, wie die Autoren selbst schreiben, der Ukrainekrieg mit seiner Vorgeschichte, seinem Ablauf und seinem aktuellen Stand dargestellt. Unter anderem werden benannt: der „russi­sche Angriffskrieg„, „eine verfehlte Politik der NATO-Osterweiterung und eine bedrängende EU-Nachbarschafts­politik„, „die inneren Widersprüche des russischen Staates … und die Ablenkung von den inneren Widersprüchen durch eine nationalistische Außenpolitik„, die „Beschleunigung einer seit Anfang der 2010er Jahre laufenden Aufrüstungsspirale (gemeint: bei uns im Westen)„, „geopolitische Verschiebungen„. Soweit die Zuweisungen an beide Seiten. Aber nahezu alle Kritiker:innen, die mit mir sprachen, sehen insgesamt in der quantitativen Vertei­lung und der jeweiligen Ausdrucksweise mehr oder weniger eine einseitige „Schuldzuweisung“ an Moskau. Als Verfasser dieses Konferenzberichtes nehmen ich das durchaus zur Kenntnis, teile diese Auffassung aber nicht.

Man kann geopolitische und klassenpolitische Fragen im Ukrainekrieg nicht wirklich voneinander trennen. Aber man kann die Schwerpunktsetzung entscheiden. Die Konzeptionslosigkeit von weiten Teilen der Linken (seien sie nun Putin- oder NATO-„Freunde“) liegt darin, wie weit sie ausschließlich den geopolitischen Aspekt thematisie­ren; wie wollen sie sich dann dem Drang entziehen, sich für einen der beiden „Imperialismen“ (den schwächeren? den weniger „absolut Bösen“?) zu entscheiden?

Man wird m. E. in der Analyse weiter kommen, wenn man nicht in einer einfachen Dichotomie (= Zweiteilung, etwa in Gut und Böse, Schwarz und Weiß) verharrt, sondern von konkreten Interessen ausgeht. Die haben selbst­verständlich beide Seiten. Es gehört zu den beständigen Aufgaben, zu klären, ob die Interessen einer der beiden Seiten so gelagert sind, dass sie mit den Klasseninteressen von Lohnabhängigen in den kriegführenden Staaten und sonst wo auf der Welt in Einklang zu bringen sind (vgl. hierzu Arbeiterpolitik 1/23, Aktionstag gegen den Krieg in Hanau, Redebeitrag zum 1. Oktober). Diese Frage hier zu stellen, heißt sie zu verneinen. Die Vorgeschichte des Krieges mit der Ausweitungs- und Bedrängungspolitik der NATO, auf die die russische Politik am Ende nicht anders zu antworten weiß als mit einer Aggression gegen die ukrainische Bevölkerung, die diese dann wiederum noch stärker mit dem „Westen“ zusammenschweißt, zeigt ein Zwangsverhältnis, für das der Begriff „imperialisti­sche Dialektik“ erwägenswert wäre. Auch das ist hier, im Rahmen dieses Kommentars zur Kritik an dem Papier der „Steuerungsgruppe“, freilich eine „verkürzte Analyse„.

Der politisch wertvolle, vorwärtsweisende Teil des Papiers findet sich in Aussagen zur Rolle der Gewerkschaf­ten, die teilweise schon auf der ersten Seite beginnen. Das fängt an bei Feststellungen, dass Krieg, Inflation, Ener­giekrise die Lohnabhängigen am stärksten belasten, sei es in der Tarifpolitik, sei es in den Ausgaben für „Soziales, Bildung und öffentliche Infrastruktur„. Daraus folgt der Anspruch, dass es „breitere Diskussionen in den Gewerk­schaften“ geben muss. Daran reiht sich auf der zweiten Seite ein Katalog von Absichtserklärungen, Einfluss zu nehmen darauf, „dass die Gewerkschaften deutlicher als bisher friedenspolitische Forderungen stellen„. Im folgenden werden benannt: „öffentlich Stellung beziehen gegen die Propagierung des Krieges als Mittel der Politik„, „gegen jegliche Erhöhung der Rüstungsausgaben„, „die Frage der Friedens- und Außenpolitik enger mit der Frage der Verteilungs-, Sozial- und Tarifpolitik zu denken“ (wie in den Warnstreiks vom 17.11.22 und 23.3.23 in Hanau), Ablehnung der konzertierten Aktion ebenso wie von „Tarifabschlüssen zu Lasten der Sozialversiche­rungsträger„, „für einen handlungsfähigen Sozialstaat und eine Steigerung der Reallöhne„, „die Bündnisarbeit mit der Friedens-, sozialer und ökologischer Bewegung auf allen Ebenen zu intensivieren„.

Das mag den Liebhaber:innen klarer (= radikaler?) Worte nicht genügen. Wie oben schon angesprochen, sind Gewerkschaften keine Parteien bzw. politische („weltanschauliche“) Verbände, sondern Interessenverbände von Mitgliedern, deren gemeinsames Kennzeichen die Lohnabhängigkeit ist. Ihre administrativen Strukturen, ihre im­mer noch nicht zuletzt im Antikommunismus der Nachkriegsgeschichte wurzelnden Traditionen mögen uns hin­derlich erscheinen. Dennoch müssen wir mit ihnen als Realität umgehen. Wichtig ist dabei, von unten her zu denken. Ob und wie wir dieses Konzept annehmen, weiterentwickeln und vor allem verbessern und in den Ge­werkschaften legitimieren und verbreitern können, wird die nächsten Aufgaben bestimmen, und es sind selbstver­ständlich keine einfachen Perspektiven.

Die Hanauer Konferenz ist in diesem Sinne durchaus ermutigend gewesen. Hier wird klar Position bezogen gegen die Militarisierung der Gesellschaft, gegen das 2%-Ziel der Rüstungspolitik, gegen Waffenlieferungen. Auch wer­den die Auswirkungen der NATO-Politik auf die Arbeiterklasse beschrieben. Damit wird die Burgfrie­denspolitik der Gewerkschaften in Frage gestellt, und darauf kommt es heute doch in erster Linie an.

F/HU, 30. Juni 2023


 

Aus der Eröffnungsrede des 1. Bevollmächtigten der IG-Metall Hanau/Fulda, Robert Weißenbrunner:

Dazu braucht es, neben den bereits vorhandenen wichtigen gewerkschaftlichen Friedensinitiativen breitere Dis­kussionen in den Gewerkschaften, die wir mit unserer Konferenz gemeinsam einfordern und vorantreiben wollen. Und wir brauchen diese Diskussionen und Positionierungen auch in unseren Betrieben. Und wir brauchen es auch deshalb, um die Beschäftigten wieder stärker politisch aus gewerkschaftlicher Sicht zu orientieren. Wir tun das viel zu wenig, und wir sehen vielfach zu, wie es andere tun, und die Stimmenzuwächse der AfD gerade im Bereich der abhängig Beschäftigten müssen uns Warnung genug sein. Um den rechten Rattenfängern das Wasser abzugraben, müssen wir Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter

  • die Verbindung zwischen Krieg und Krisen aufzeigen
  • und dabei die Frage der Friedens- und Außenpolitik enger mit der Frage der Verteilungs-, der Sozial- und der Tarifpolitik denken und benennen
  • und konsequenter als bisher die Interessen und Ängste der Beschäftigten in den Fokus stellen, sonst tun es andere.

Eines müssen wir doch klar sehen: Mit einem neuen globalen Rüstungswettlauf kann der Frieden im 21. Jahrhun­dert weder in der Ukraine noch anderswo nicht gesichert werden.


 

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*