Am 18. September 2025 trat die Delegiertenversammlung der IG Metall Hanau/Fulda zusammen, um über eine zentrale Frage in unserer Zeit zu beraten: Wie halten wir es als Gewerkschaften mit der Friedensbewegung? Können und dürfen wir sie im Interesse unserer Mitglieder und der Lohnabhängigen insgesamt unterstützen in den Aktionen, die sie unternimmt, und den Positionen, die vertreten werden? Oder ist eine Zusammenarbeit mit der Friedensbewegung abzulehnen, weil sie bzw. einige Strömungen darin in den globalen Konflikten wie Ukraine- und Gaza-Krieg falsche Positionen beziehe?
Zur vorhergegangenen Delegiertenversammlung im März hatte ein Antrag vorgelegen, mit dem die Einstellung der Unterstützung für Aktionen der Friedensbewegung („des Berliner Appells und aller dazugehörigen Veranstaltungen“) gefordert wurde, begründet mit Hinweis auf angebliche Verbindungen zur sogenannten Querdenken-Szene und zu Verschwörungstheorien. Dies konnte man so verstehen, dass der Friedensbewegung insgesamt vorgeworfen wurde, „rechtsoffen“ zu sein. Für die Hanauer Friedensplattform stand mit diesem Antrag auch die Befürchtung einer Aufkündigung der bisher in Hanau praktizierten Zusammenarbeit (s. u. Zur Vorgeschichte) im Raum. Der Antrag wurde aber nach intensiver Diskussion zurückgezogen.
So wurde noch in der März-Versammlung beschlossen, im September eine weitere Delegiertenversammlung abzuhalten und erneut das Thema Gewerkschaften und Friedensbewegung auf die Tagesordnung zu setzen. Frieden ist das Grundbedürfnis der lohnabhängig arbeitenden Menschen. Es steht im Gegensatz zu den Interessen des Kapitals, dem es egal ist, was es produziert, sofern es eben Profit bringt. Und es steht im Gegensatz zu den Interessen der Mächtigen, die ihre Ziele notfalls mit Waffengewalt durchsetzen wollen. Aber die im Raum stehenden Fragen sind eben auch diejenigen, wo man die eigenen Interessen am besten aufgehoben wähnt: im Zusammenschluss mit den Mächtigen, im Glauben an die vermeintlichen Ideale des „demokratischen Westens“, in der Hoffnung auf die Verteidigung des Arbeitsplatzes und sonstiger Rechte, wenn man sich nur an den Parolen der bürgerlichen Presse orientiert. Oder eben darin, den Krieg zu vermeiden, die Gesellschaft friedensfähig zu machen und für diese Ziele das Bündnis der Gewerkschaften mit der Friedensbewegung anzustreben
Für diesen Teil der Tagesordnung wurde ein spezieller Verlauf festgelegt. Zwei Referent:innen sollten zunächst jeweils einen Standpunkt darlegen. Als eine davon wurde Ulrike Eifler vorgeschlagen, als Regionsgeschäftsführerin des DGB Südosthessen mit Sitz in Hanau von 2009 bis 2019 noch in guter Erinnerung, inzwischen Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Würzburg auch nicht allzu weit entfernt. Auf die Vorträge sollte eine Diskussion folgen, die mit einem Beschluss beendet werden sollte. Der im März zunächst zurückgezogene Antrag wurde in umformulierter Version neu eingebracht.
Am Ende einer „lebhaften Debatte mit vielen sehr guten, aber auch fürchterlichen Redebeiträgen“ (so ein Delegierter) wurde dieser Antrag, der die weitere Unterstützung der Friedensbewegung durch die IG Metall Hanau/Fulda beenden sollte, mit klarer Mehrheit abgelehnt. Dies war nach Meinung etlicher Delegierten nicht von vornherein abzusehen, sondern wurde – mit Recht – am Ende als Erfolg bewertet. Das Ergebnis besagt damit wohl, dass für eine weitere Unterstützung der Friedensbewegung durch die IG Metall Hanau/Fulda der Weg frei ist. Die erste konkrete Maßnahme, die daraus folgte, war bereits die Finanzierung eines Busses für Teilnehmer:innen an der bundesweiten Friedensdemonstration am 3. Oktober, in diesem Fall nach Stuttgart, durch die IG Metall Hanau/Fulda.
Zur Vorgeschichte:
Vor drei Jahren hatte die Kundgebung zum damaligen Warnstreik der IG Metall in Hanau am 17. November 2022 bundesweites Aufsehen erregt. Das Besondere war die Verbindung von tarifpolitischen mit sozial- und friedenspolitischen Forderungen in dieser Aktion. Das führte zu empörten Diskussionen, ob solche politische „Überfrachtung“ nach den restriktiven Bestimmungen des deutschen Tarifrechts (wenn man es etwa mit französischen Verhältnissen vergleicht) erlaubt sein kann. Dieses Vorgehen war die Konsequenz eines Bündnisses „Frieden und soziale Gerechtigkeit“ zwischen Hanauer lokalen Organisationen von IG Metall, ver.di und DGB und den örtlichen Friedensinitiativen. Es führte im weiteren Prozess zu der ebenso mit friedenspolitischen Forderungen verknüpften Warnstreikkundgebung von ver.di Main-Kinzig/Osthessen am 23. März 2023 sowie dann zur Gewerkschaftlichen Friedenskonferenz der IG Metall Hanau/Fulda zusammen mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Juni 2023. Eine Nachfolgekonferenz fand dann im Juni 2024 in Stuttgart statt, von gewerkschaftlicher Seite diesmal von dem örtlichen ver.di-Bezirk organisiert, und im Juli 2025 die dritte in Salzgitter mit der dortigen IG Metall[1].
Angesichts der Haltung der Gewerkschaftsvorstände, die die Politik der Bundesregierung zur bedingungslosen Unterstützung der Ukraine und des Kurses von USA und NATO übernahmen, war die Organisierung einer Konferenz von unten, in einer mittelgroßen Stadt mit sehr begrenzter bundespolitischen Bedeutung eine der wenigen Gelegenheiten, friedenspolitische Debatten in den Gewerkschaften anzufangen und zu führen. Solidaritätsadressen zu diesem „Hanauer Weg“ gab es daher aus dem ganzen Bundesgebiet. Aber man muss auch sagen: leider nur sehr wenige. Und die mittleren und oberen Gewerkschaftsebenen reagierten teils gar nicht, teils – vor allem in den für Hessen regional zuständigen Vorständen – mit Repression, mindestens mit Rügen für die Hanauer Funktionär:innen, Aktivist:innen und Gremien. Zum Teil gingen Hauptamtliche, die führende Rollen gespielt hatten, auch von sich aus weg, um ihre Karriere auf der mittleren Ebene fortzusetzen.
Festzustellen war auch ein wesentlicher Mangel darin, dass die friedenspolitischen Aktivitäten in den großen Metallbetrieben in Hanau zwar durchaus auf freundliches Interesse stießen, aber eher als von offizieller Seite gegebene Marschrichtung empfunden wurden denn als ein aus den Bedürfnissen der Kolleg:innen spontan entwickeltes Vorgehen. Zwar gab es Beschlüsse der Delegiertenversammlung der IG Metall Hanau/Fulda, die mit deutlichen Zwei-Drittel-Mehrheiten diesen Kurs unterstützten, etwa noch im März 2024 gegen die Ausrichtung Deutschlands auf „Kriegstüchtigkeit“[2]. Doch der weitere Verlauf nach dem Ausscheiden des damaligen Ersten Bevollmächtigen Robert Weißenbrunner kam aus diesen Gründen an seine Grenzen und sein vorläufiges Ende, wie der Warnstreik vom 11. November 2024 in Hanau zeigte, der ohne friedenspolitische Aussage (wie noch im November 2022 und im März 2023) blieb.
Ein Offener Brief der Hanauer Friedensplattform
Die Hanauer Friedensplattform hatte einen Offenen Brief formuliert. Darin wurde auf den „Hanauer Weg“, d. h. auf das zeitweilig bestehende, inzwischen jedoch seitens der Hanauer Gewerkschaften aufgegebene „Bündnis Frieden und soziale Gerechtigkeit“ Bezug genommen. Weiter hieß es u. a.:
„Gewerkschaftsbewegung und Friedensbewegung gehören zusammen. … Unsere Arbeit wendet sich gegen alle derzeit in der Welt geführten Kriege. Denn sie sind immer nur der Ausdruck internationaler Kämpfe um Rohstoffe, Energiequellen, Kriegsgewinne und geostrategische Vorteile der mächtigsten Militär- und Wirtschaftsblöcke. … Für diese Interessen werden Menschen auf den Schlachtfeldern der Welt millionenfach geopfert, Kriege werden herbeigelogen und in aller Öffentlichkeit vorbereitet. Auch in Deutschland: Im Kriegsfall werden auch wir zur Zielscheibe und zum Schlachtfeld. … Die Verarmung der arbeitenden Bevölkerung durch Lohnabbau, Rentenkürzungen, Verfall der Schulen, Krankenhäuser und der Infrastruktur ist der Preis für den Aufbau einer Kriegswirtschaft, von der ausschließlich Milliardäre und Finanzkonzerne wie BlackRock profitieren. Die enge Verflechtung der Politik mit den Interessen dieser kleinen, aber mächtigen Minderheit wird besonders in der Person Friedrich Merz allzu deutlich.
Laut Haushaltsplan seiner Regierung soll künftig rund ein Drittel aller Bundeseinnahmen in Ausgaben für das Militär fließen, allein der Kernhaushalt für die Bundeswehr soll bis 2029 auf ca.153 Milliarden Euro erhöht werden (2024 waren es noch 52 Milliarden). Hinzu kommen milliardenschwere Militärausgaben, die unter anderen Haushaltstiteln versteckt werden (wie Infrastruktur, Ukraine-Hilfen, Nachrichtendienste, Zivilschutz etc.). Ein Drittel ist dabei noch vorsichtig gerechnet, denn wenn das Aufrüstungsziel von 5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) umgesetzt würde, ergibt sich, gerechnet auf der Basis des BIP von 2024, die gigantische Summe von 215,5 Milliarden Euro. Diese Summe entspricht etwa 45 % des Bundeshaushalts von 2024, fast die Hälfte des Haushalts also für Militärausgaben. Dazu kommen als ‚Sondervermögen‘ getarnte Schulden, die jährlich mit ca. 33 Milliarden Euro ‚bedient‘ werden sollen – das sind 10,2 Prozent des Bundeshaushaltes allein für die Abzahlung der Schulden – Tendenz steigend!
All diese Milliarden könnten auch sinnvoll eingesetzt werden. Doch durch Aufrüstung und Militarisierung landen sie direkt in den Taschen der Rüstungskonzerne, der Banken und der Finanzwirtschaft statt in Schulen, Krankenhäusern oder sonstiger Infrastruktur.“
Der Offene Brief wurde im Vorraum des Versammlungssaals ausgelegt, dort auch abgenommen und gelesen, spielte aber in der Diskussion offenbar keine Rolle in dem Sinne, dass darauf ausdrücklich Bezug genommen worden wäre.
Zum Unterschied Gewerkschaften – Partei – soziale Bewegung
Die folgenden Überlegungen bringen wir, weil sie in der Diskussion der Hanauer Friedensplattform eine Rolle gespielt haben:
Mit der Entwicklung der Produktivkräfte und der Durchsetzung des Kapitals als gesellschaftlich bestimmender Produktionsform strebt das Kapital danach, die vielen voneinander isolierten Arbeitsvorgänge einer Gesellschaft in einen kombinierten gesellschaftlichen Arbeitsprozess zu verwandeln. Gleichzeitig ist aufgrund dieser Entwicklung der Scheidungsprozess der unmittelbaren Produzenten von (ihren) Produktionsmitteln so weit fortgeschritten, dass sich hauptsächlich bloße Besitzer von Arbeitskraft und Besitzer geronnener Arbeit (Kapital) gegenüberstehen mit dem Interesse, möglichst günstig diese Ware Arbeitskraft zu kaufen bzw. zu verkaufen. Motor der Entwicklung ist die Konkurrenz unter den Produktionsmittelbesitzern, die Waren so wohlfeil als möglich zu produzieren trachten. Auch die Besitzer von bloßer Arbeitskraft stehen zueinander beim Verkauf ihrer besonderen Ware in Konkurrenz. Gewerkschaften einerseits auf der ökonomischen, Arbeiterparteien andererseits auf der politischen Ebene sind die Instrumente, die Konkurrenz unter Lohnabhängigen aufzuheben, mindestens einzuhegen, um den Klassenkampf mit dem Kapital kollektiv aufzunehmen.
So richtig es ist, dass gewerkschaftlicher Kampf sich auf den Schutz der Arbeitskraft bezieht und immer ökonomischer Kampf sein muss, genauso richtig ist es, dass gewerkschaftlicher Kampf stets politischer Kampf ist, da er sich objektiv gegen das Lohnarbeitssystem richtet – ob dies nun den einzelnen Mitgliedern oder Funktionären bewusst ist oder nicht. Je stärker die politischen Momente des gewerkschaftlichen Kampfs erfahren werden, je bewusster der politische Charakter des gewerkschaftlichen Kampfes wahrgenommen und eingesetzt wird, umso stärker wird eine Gewerkschaft als gesellschaftliche Kraft auf allgemeinpolitischer Ebene agieren können.
So richtig es ist, dass die Gewerkschaft auch politischen Charakter hat, so falsch ist es, Gewerkschaft und politische Partei in eins zu setzen. Um den bestmöglichen Schutz der Arbeitskraft zu gewährleisten, muss die Einheitlichkeit auch bei politisch unterschiedlichen Standpunkten gewahrt werden. Unter Bedingungen der wirtschaftlichen Prosperität, die Zugeständnisse des Kapitals und der Dienstherren eher ermöglicht, ist diese relative Einheitlichkeit problemloser zu wahren, als unter Bedingungen stockender Kapitalakkumulation, so dass gerade in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation oder Krise, die die Angriffe auf die Lohnabhängigen eher ermöglicht, alle Kraft auf die Einheitlichkeit und den Zusammenhalt der Gewerkschaft verwandt werden muss.
Demgegenüber stellt eine Partei (kommunistisch oder sozialdemokratisch) eine Gemeinschaft von „weltanschaulich“ Gleichgesinnten dar, die durchaus Minderheit des Proletariats sein kann und – zumal, wenn sie eine kommunistische ist – eine klare Analyse der bürgerlichen Gesellschaft und ihres Klassencharakters haben und am Ziel der sozialistischen Gesellschaft festhalten kann. Auf dieser Basis formuliert und beschließt sie ein Programm, das sie mehr oder weniger stringent umsetzt, je nachdem, wie die Machtverhältnisse sind und zu welchen Konzessionen an Koalitionspartner sie bereit ist.
Umgekehrt gilt: Ist der Reformismus, der bei stetig steigender Akkumulationstätigkeit des Kapitals materielle Zugeständnisse an jedes Gesellschaftsindividuum und kollektive Errungenschaften des Sozialstaates möglich machte, am Ende, so muss festgehalten werden, dass gegenwärtig an seine Stelle keine für die arbeitenden Klassen glaubhafte Alternative getreten ist, sodass innerhalb der Gewerkschaft weiterhin an der bürgerlichen Ordnung festgehalten wird und verzweifelt nach Auswegen innerhalb des Systems gesucht wird.
Eine politische Bewegung, die etwa aus einer oder mehreren Initiativen besteht, grenzt sich demgegenüber von Parteien in der Weise ab, dass sie sich nicht an deren umfassenden Programm und mehr oder weniger nicht an deren Vorstellung gesellschaftlicher Ordnung binden will, sondern in einem oder wenigen Bereichen ein oder mehrere Ziele verfolgt, die ihr zentral wichtig sind. Die „weltanschaulichen“ Vorstellungen, die Methoden und die Bündnispartner können sehr unterschiedlich sein. In diesem Fall geht es eben um Frieden, für den in Hanau derzeit vor allem die Hanauer Friedensplattform als in der Öffentlichkeit aktivste Kraft eintritt.
Gewerkschaften als Klassenorganisationen
Gewerkschaften, die ihren Job machen, sind Klassenorganisationen, die sich in Alltagskämpfen für ein gutes Leben der Lohnabhängigen bewähren müssen. Aber wenn sie ihn dauerhaft erfolgreich machen wollen, müssen sie sich dessen bewusst sein und sich eine Klassenpolitik erarbeiten, die sich auf der Höhe des Gegenwartskapitalismus befindet. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die sich im Konkreten mit der Transformation der kapitalistischen Produktionsweise immer wieder verändert.
Das Bemühen darum, die friedenspolitische Diskussion in die Gewerkschaften hineinzutragen und dort zu führen, hat gerade hier in Hanau zu dem besonderen Ereignis einer gewerkschaftlichen Friedenskonferenz geführt, deren Folgewirkung (von den Konferenzen in Stuttgart und Salzgitter abgesehen) leider bisher überschaubar blieb. Dennoch kann es für die Gewerkschaften und die Friedensbewegung keine Alternative zu dem Kurs auf bündnismäßige Zusammenarbeit der Friedensbewegung mit den Gewerkschaften geben, der 2022 beispielhaft in Hanau eingeschlagen wurde. Es bedeutet eben, dass man die Auseinandersetzung weiter suchen und führen muss, wie es die gegebenen Umstände erfordern.
Hanauer Tradition
Speziell die Tradition des „roten Hanau“, an der hier in der Region festgehalten werden muss, beschrieben wir in Arbeiterpolitik 1/2023 mit Worten, die hier immer noch passen:
„Zunächst einmal ist Hanau mit rund hunderttausend Einwohner:innen eine eher kleine Stadt, die bundesweit kein besonderes Gewicht in die Waagschale bringen kann. Da hilft auch nicht der Status einer relativ starken Industrialisierung oder die Position am Rande des wirtschaftsstarken Rhein-Main-Gebietes. Der Versuch der Politisierung der gewerkschaftlichen Tarifarbeit, der in Hanau gemacht wurde, hat insofern die Bedeutung, dass jemand den Anfang machen muss. Wie das weiterwirkt, ob das aufgegriffen wird, kann nur die Zukunft ergeben.
Hanau mag insofern aus dem Einheitsbrei der Tarifrunde (von 2022, Anm. Red.) herausstechen. Aber es ist ein Sonderfall. Der örtliche Hintergrund ist zu sehen in einer langen Tradition, deren Grundlegung historisch in einer frühen Industrialisierung (um 1600) zu sehen ist und sich umsetzte in den Revolutionen von 1848 und 1918. Diese Historie lässt sich zusammenfassen in dem Stichwort ‚Das rote Hanau‘ (so der Titel eines Dokumentarbandes, bearbeitet von Judith Pákh und herausgegeben von der IG Metall Hanau/Fulda, Hanau 2007). Für Details dazu ist hier kein Platz, und man darf die Fortwirkung unter den Verhältnissen, die wir in Deutschland seit der Zerschlagung der alten Arbeiterbewegung und der Befreiung vom Faschismus von außen haben, nicht überschätzen. Diese historischen Einschnitte führten in der vorherrschenden sozialpartnerschaftlichen Strömung der Gewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg zu dem Schluss, dass niemals mehr klassenkämpferische Politik gegen die Interessen des Kapitals, schon gar nicht bis zum Sturz der Kapitals Herrschaft gemacht werden dürfe. Aber hier und da vor Ort gilt eben auch: ‚Etwas hat überlebt!‚ Und daran gilt es anzuknüpfen mit den Inhalten und Methoden, die unter gegebenen Verhältnissen und in den Vorstellungen der Kolleg:innen möglich und vermittelbar sind.“
So ist am Ende dieses Berichts noch einmal festzustellen, dass der Ausgang der Delegiertenversammlung vom 18. September bzgl. des Beschlusses zur Frage des Bündnisses von Gewerkschaften und Friedensbewegung einen Erfolg darstellt, der in einer „lebhaften Debatte“ erreicht worden ist. Es geht um die Frage, die auch schon früher, etwa in dem bereits erwähnten Beschluss vom 21. März 2024 zu Diskussionen geführt hat: „Kriegsertüchtigung“ oder Friedensfähigkeit. Der aktuelle Beschluss ist wichtig, aber bildet wohl nur eine Etappe. Gewerkschaften und Friedensbewegung müssen für weitere Auseinandersetzung bereit sein.
F/HU, 20.9.2025
Weitere aktuelle Beispiele:
Resolution der bundesweiten Betriebsräteversammlung von H&M am 26.6.2025 – siehe den gesamten Text
„Die aktuellen Entwicklungen sind beunruhigend. Die Automobilindustrie steckt bekanntlich in einer tiefen Krise. Ob bei ZF, Mahle, Bosch, Continental, Daimler Truck und VW Osnabrück wird als Lösung zum Erhalt von Arbeitsplätzen folgendes diskutiert: 1. Rüstungsproduktion, 2. Rüstungsproduktion und 3. Rüstungsproduktion. Vor dem Hintergrund der Volkswagengeschichte, welche eine Blutspur von Zwangsarbeit und Kriegsproduktion hinter sich herzieht, hat der Konzernbetriebsrat erklärt, dass Rüstungsproduktion keine Option ist. Das ist gut. Was das allerdings bedeutet, wenn VW Osnabrück verkauft wird, bleibt offen. VW und Rheinmetall arbeiten bereits in einem Joint Venture „Rheinmetall Military Vehicle“ zusammen. Auch das darf nicht unerwähnt bleiben. Für diese ganze Aufrüstung sollen wir bezahlen.
Jeder Euro, der in die Aufrüstung gesteckt wird, fehlt letztendlich bei der Rente, im Gesundheitssystem, in der Bildung und für Öffentliche Verkehrsmittel. Der Frontalangriff auf die sozialen Sicherungssysteme – wie die Erhöhung des Renteneintrittsalter und die Verelendung breiter Bevölkerungsschichten – muss im direkten Zusammenhang mit Aufrüstung gesehen werden.“
[1] vgl. hierzu unsere Berichterstattung in den Ausgaben der Arbeiterpolitik: zu Hanau1/2023, 2/2023, 3/2023, zu Stuttgart 4/2024, zu Salzgitter 3/2025, bzw. https://arbeiterpolitik.de/2025/08/dritte-gewerkschaftskonferenz-in-salzgitter-den-frieden-gewinnen-nicht-den-krieg/ mit den Hinweisen zu weiteren Links.
[2] vgl. hierzu Arbeiterpolitik 2/3 2024 ab S. 25, Wortlaut des Beschlusses auf S. 28, bzw. https://arbeiterpolitik.de/2024/04/gewerkschaften-gegen-aufruestung-und-krieg-friedensfaehigkeit-statt-kriegstuechtigkeit/
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